Vegetarischer Tag in Kantinen erntet Protest

„Wir wollen selbst entscheiden, was wir essen“

Etwa 60 Kilo Fleisch isst ein Deutscher im Schnitt pro Jahr – das entspricht in etwa einem Zehntel eines Rinds.
Etwa 60 Kilo Fleisch isst ein Deutscher im Schnitt pro Jahr – das entspricht in etwa einem Zehntel eines Rinds.2013/08/68827_veggiedayjaninatipplsalatessenfreigestellt_New_1377687964.jpg

LAUF — Schluss mit Schnitzel, Schweinebraten und Schäufela! An einem Tag in der Woche soll Fleisch aus deutschen Kantinen verbannt werden. Das jedenfalls wünschen sich die Grünen und schlugen aus diesem Grund kürzlich die Einführung eines sogenannten Veggie-Days vor. Eine Idee, die die Meinungen in der Bevölkerung spaltete. Auch die der Laufer.

Seit zwölfeinhalb Jahren steht Brigitte Bauer nun schon in der Küche im Landrats-
amt in Lauf und schnippelt und kocht für Mitarbeiter und andere Besucher der kleinen Kantine im Erdgeschoss. Zwischen 50 und 100 warme Gerichte, deren Zutaten allesamt von der Metzgerei Pristownik, die die Kantine betreibt, angeliefert werden, schiebt sie täglich über den Tresen. Heiß geliebt und seit Jahren der Renner: die Currywurst.

„Einen rein vegetarischen Tag könnte man hier nicht machen“, sagt Brigitte Bauer. Sie spricht aus Erfahrung, wie sie selbst sagt, denn schließlich bekomme sie als Köchin und Thekenkraft am besten mit, was die Kundschaft seit zig Jahren bevorzuge. „Es würde Proteste geben, die Leute wollen ihre Wurst und ihr Fleisch.“ In der Vergangenheit wurde schon einmal der Versuch unternommen, nur zwei Tage pro Woche, statt täglich, Currywurst aus der heißen Theke anzubieten. Doch das endete im Protest. „Manche wollen jeden Tag ihre Wurst. Wenn es die nicht gibt, essen sie lieber gar nichts.“
In der Kantine werden allerdings längst neben den täglichen Fleisch-Angeboten wie Wiener, Schnitzel, Bratwurst und Co., auch immer zwei variierende Mittags-Gerichte angeboten – eines davon stets ohne Fleisch. Und auch das werde gerne gegessen.

Die Verpflegung der Mitarbeiter der Laufer Firma Emuge läuft seit vielen Jahren nach dem gleichen Schema ab: Jeden Morgen werden etwa 250 Frühstücks-Päckchen, gefüllt mit Brötchen und Marmelade, Brezeln und Weißwürsten oder anderen Leckereien, von der Metzgerei Weber aus Lauf geliefert. Um die Mittagsverpflegung der Arbeiter kümmert sich die Metzgerei ebenfalls. Etwa 80 bis 100 Leute nehmen das Angebot in Anspruch und lassen sich mit fleischhaltigen, aber auch vegetarischen Gerichten versorgen: Von Haxen und Leberkäse über Schweinebraten bis hin zu Nudelauflauf, Gemüselasagne, Fischfilet und Salat ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Einen vorgeschriebenen Veggie-Day einzuführen hält Metzgermeister Weber für „Schwachsinn“. Denn „jeder sollte selbst entscheiden, wann er Fleisch essen will“, sagt Weber, der auf seiner Homepage mit dem Spruch „vegetarisch geht auch“ wirbt. Fleischlose Produkte aus seiner Metzgerei, die auch einen Party-Service betreibt, zu genießen, so sagt er, sei bei ihm dennoch freilich überhaupt kein Thema.

Wie sieht es in der Laufer Krankenhausküche aus, wo schon, sozusagen aus Berufsgründen, auf „gesunde“ Ernährung geachtet wird? Was das Patientenessen in den Kliniken in Lauf, Hersbruck und Altdorf angeht, hat Christa Hiller das Zepter in der Hand. Sie ist Diätassistentin und außerdem die zentrale Küchenleiterin. Sie schreibt die Speisepläne immer für sechs Wochen, und für alle drei Kliniken identisch, im Voraus. Zwischen drei warmen Mittagsgerichten können die Patienten wählen. Dabei ist ein Auswahlessen stets rein vegetarisch, eines leichte Vollkost. Speisen, die schlecht vertragen werden oder blähen, wie Kraut oder Hülsenfrüchte, werden vermieden. Das dritte ist immer ein Vollkost-Gericht ohne jegliche Einschränkungen. Unter den beiden Vollkostgerichten ist immer eines mit Fleisch.

Die Qual der Wahl zwischen drei Gerichten hat im Krankenhaus dennoch nicht jeder, erklärt Hiller: „Wer strenge Diät halten muss, darf sich sein Essen nicht aussuchen. Jemand, der wegen eines Beinbruchs bei uns ist, natürlich schon.“

Ist es denn vorstellbar, einen Veggie-Day im Krankenhaus einzuführen? Hiller findet die Idee sehr gut. Jedoch gelte es zu unterscheiden, wie sie sagt: „Für Patienten ist das kein Problem, denn die sind oft nur ein paar Tage hier.“ Schwierigkeiten sieht die Diätassistentin beim Personal, das häufig auch von der Krankenhausküche mit verpflegt wird: „Der Hausmeister zum Beispiel sagt, dass er sein Fleisch braucht, sonst könne er nicht arbeiten.“

Dabei hat die Diätassistentin gute Gründe, um vom täglichen Fleischverzehr abzuraten. Sie empfiehlt eine gesunde und ausgewogene Ernährung mit zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse pro Tag, vielen Vollkornprodukten, da diese eine Menge Ballaststoffe enthalten und gut für den Darm und die Sättigung sind und den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen lassen. Beim Fleisch hält sie zwei bis drei Portionen pro Woche – à 150 und nicht 300 Gramm, für ausreichend.

Die Sorte sei dabei nicht so entscheidend. Wichtiger stattdessen: ein niedriger Fettgehalt, wie in Hühnchen, Pute oder Rind. Von Ente und Gans rät Hiller ab. „Wenn ich nicht jeden Tag Fleisch esse, kann ich mir außerdem auch eher qualitativ gutes Fleisch leisten und muss nicht auf billige Produkte aus der Massentierhaltung zurückgreifen“, meint Hiller.

Was passiert, wenn man zu viel und zu fettes Fleisch isst, darüber weiß die Diätassistentin bestens Bescheid. „Das zieht einen regelrechten Rattenschwanz von Problemen nach sich.“ Denn zu viel von zu fettem Fleisch liefere zu viel Energie, was wiederum zu Übergewicht führen könne. Die Konsequenzen sind unter Umständen gravierend: zu hohe Cholesterinwerte, Typ II Diabetes oder Gicht.

Freiwillig fleischlos

Dass ein freiwilliger Veggie-Day in der Woche aber wohl für die wenigsten ein Problem wäre, macht einen kleine Umfrage in der Landrats­amtkantine deutlich. Franz Fanderl, der in der Hauptverwaltung am Landrats­amt arbeitet und regelmäßig in der Kantine zu Mittag isst, könnte persönlich gut einmal pro Woche auf Fleisch verzichten. Wann, das möchte er allerdings selbst entscheiden. Diese Meinung teilt auch Kurt Nennstiel, der es als Kind in einer katholischen Familie gewohnt war, freitags immer Fisch statt Fleisch zu essen. Auf seinen Sonntagsbraten allerdings möchte er nicht verzichten.

„Wir essen trotzdem zu viel Fleisch. Man hat immer die idyllische Vorstellung von den Tieren im Grünen, doch die Menschen sollten mal in die großen Betriebe mit der Massentierhaltung schauen. Vielleicht gehen sie dann bewusster damit um“, fügt Fanderl hinzu.

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