ARBEITSWELT An der Schnittstelle zwischen Ausbildung und Schule: Die Berufsorientierung an der Geschwister-Scholl-Mittelschule Röthenbach stellt sich vor. Lehrerin Cornelia Kutik gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Angebote für Schülerinnen und Schüler.
INTERVIEW VON ANNE STEGMEIER
Cornelia Kutik unterrichtet seit 20 Jahren an der Geschwister-Scholl-Mittelschule (GSMS) Röthenbach. Sie ist momentan Klassenlehrerin der 7m und außerdem zuständig für die Organisation der Berufsorientierung. Dazu gehört zum Beispiel, dass sie ihren Kolleginnen und Kollegen diesbezüglich mit Rat und Tat zur Seite steht. Voraussetzung ist außerdem ein guter Kontakt zu ausbildenden Betrieben im Nürnberger Land. Im Interview spricht sie darüber, welche Angebote es für Schüler zur Berufsorientierung gibt, und über das besondere „4+1“-Projekt.
Seit wann sind Sie für die Berufsorientierung an der GSMS zuständig?
Die Aufgabe habe ich wohl von unserem letzten Konrektor vor fast zehn Jahren „geerbt“ und gemeinsam mit meiner Kollegin Frau Andrea Zaus immer weiter ausgebaut. Seit zwei Jahren haben wir ein kleines BOTeam, das sich regelmäßig zusammensetzt und abspricht.
Welche Jahrgangsstufen betreuen Sie?
In der Berufsorientierung bemühen wir uns ab der 7. Jahrgangsstufe darum, den Schülern und Schülerinnen Einblicke ins Berufsleben zu geben. Wir bieten ihnen dank der Kooperation mit der Berufsschule ‚Schnupperkurse‘ vor Ort zu einem Berufsfeld an, laden ehemalige Schüler und Externe für Vorträge ein, informieren über verschiedene Berufsmessen wie die aktuelle in Lauf und stellen Termine, Angebote und Ausbildungsplätze über unsere digitale Plattform allen Schülern und Lehrern zur Verfügung. Mit der großartigen Unterstützung von etlichen Firmen aus dem Nürnberger Land konnten wir in den letzten zwei Jahren neben Vorträgen auch spannende Betriebserkundungen und Workshops zum Mitmachen anbieten.
Wie sieht so ein Workshop aus?
Im Gegensatz zu den Vorträgen sind die Schüler dabei nicht passiv, sondern legen ‚mit Hand an‘. So hatten wir in einem Klassenzimmer Friseure, die mit den Jugendlichen Frisuren zauberten, einen Apotheker, der mit einer Kleingruppe die Medikamentensortierung übte, oder auch eine Anlagenfirma, die mit ihnen Rohre verschraubte.
Wie ist die Resonanz bei den Jugendlichen?
Die Resonanz bei den Jugendlichen ist durchweg positiv, da sie aktiv sein dürfen. Viele sind erstaunt über den Einblick in einen Beruf, den sie vorher nicht gekannt hatten und von sich aus niemals für ein Betriebspraktikum gewählt hätten.
Welchen Stellenwert haben Ausbildungsplatz- und Berufsbörsen? Gehen Lehrer mit ihren Schülern dorthin, wird ein Besuch vorbereitet, oder ist das den Schülerinnen und Schülern überlassen? Was tun Sie, damit das Ganze nicht nur in einer Jagd auf Bonbons hinausläuft?
Selbstverständlich besuchen unsere Lehrkräfte mit ihren Klassen die Röthenbacher Ausbildungsmesse, die direkt vor unserer Haustüre stattfindet. Damit die Kinder und Jugendlichen nicht nur mit Süßigkeiten, Geodreiecken und sonstigen nützlichen Dingen zurückkehren, erhalten sie Arbeitsaufträge zur Erforschung verschiedener Berufsbilder, zu Erkundigungen über einen Betrieb oder sogar zur Beschaffung eines Praktikumsplatzes.
Welche Art von Projekten führen Sie durch?
Projekte sind fest im Lehrplan der Mittelschule verankert und eine Prüfungsform im Quali und in der Mittleren Reife. Sie bereiten die Schüler in vielfältiger Form auf ein Berufsleben vor, aber vor allem erfüllen sie die Kinder und Jugendlichen mit Stolz. Alle Lehrkräfte beteiligen sich immer wieder in irgendeiner Form an der Durchführung von Projekten, die passend zu einem Unterrichtsthema oder einem Event, wie z. B. dem Schulfest, vorbereitet werden. Manch ein Projekt entsteht aus aktuellem Anlass wie das Friedensprojekt vor zwei Jahren zu Beginn des Ukrainekrieges oder letztes Jahr das Projekt zur Unterstützung der Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien. Genauso profitieren unsere Schüler und Schülerinnen von den langfristig angelegten Projekten wie der Kooperation der fünften Klasse von Frau Heumann und Frau Weiß mit dem Altersheim in der Nachbarschaft, dem Schulgartenprojekt der sechsten Klasse von Frau Richter und Herrn Lutz, dem Flugsimulatorprojekt mit Herrn Heumann oder den Kooperationsprojekten der Technikgruppe unter der Leitung von Frau Zetz mit großen Firmen wie Tadano Faun.
Sie haben erwähnt, dass in diesem Jahr zum ersten Mal das 4+1-Projekt durchgeführt wird. Was kann ich mir darunter vorstellen?
Die Hälfte unserer Schüler und Schülerinnen der 8. Klassen gehen an vier Tagen der Woche in die Schule und an einem Tag besuchen sie einen Betrieb, um einen Beruf kennenzulernen. Die andere Hälfte besucht in der Schule praktische Workshops wie das Herrichten eines alten Käfermotors. Nach einem Turnus von etwa fünf Wochen wechseln die Schüler, der Beruf und der Betrieb.
Wer hat das Projekt initiiert? Wer begleitet es?
In einem Treffen der Kooperationslehrkräfte für Berufsorientierung im Nürnberger Land ermutigte unser Schulrat, Herr Baldamus, uns dazu, neue Wege zu gehen. Meine Kollegin Frau Zaus und ich waren von der Idee überzeugt, dass Schule, Schüler und Firmen von einer langfristig angelegten Beziehung, wie im 4+1 Betriebspraktikum vorgesehen, profitieren würden. Unser Rektor, Herr Semann, war schnell von dem Vorschlag überzeugt und unterstützte uns tatkräftig mit der Suche nach finanziellen Mitteln. Somit verbrachten meine Kollegin und ich die letzten Schul- und Ferientage mit Telefonieren und Suchen von Kooperationspartnern sowie dem Organisieren von Strukturen. Die Umsetzung in die Tat hatten allerdings die beiden Klassenlehrer, Herr König und Herr Carroll, zu leisten. Nachdem wir schon vier Turnusse durchführen konnten, sind wir besonders froh über die Unterstützung durch Frau Professor Dr. Fromm und Herrn Professor Dr. Verstege von der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg, die unser 4+1-Projekt evaluieren wird.
Was sind die Pläne für die Zukunft?
In näherer Zukunft werden wir uns auf den Ausbau des 4+1 Konzepts und des Netzwerks zwischen Schule und Betrieben konzentrieren. Zudem werden wir am Konzept für die hauseigenen Berufsorientierungstage feilen, um Schülern unserer Schule weiterhin möglichst vielfältige Einblicke in die Berufswelt zu ermöglichen. Eine lohnenswerte Aufgabe des BO-Teams an der GSMS wird es sicher sein, Möglichkeiten zu finden, wie wir die Expertise unserer Eltern wertvoller einbinden können. Schlussendlich werden wir auch Sponsoren und Kooperationspartner suchen müssen, die unsere Ideen und Projekte mittragen und fördern.
Schüler schnupperten in einzelne Berufe
RÖTHENBACH – An der Geschwister-Scholl-Mittelschule fanden Berufetage statt. Einige Schüler berichten, welche Unternehmen und Firmen ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind.
Moritz, 9ma
„Das Krankenhaus Nürnberger Land hat einen Pflegeworkshop gemacht. Dabei wurden die verschiedenen Pflegeberufe erklärt.“
Edanur, Samiya, Sophie, 9ma
„Wir waren bei Emuge in Lauf und da durften wir mit den Azubis gemeinsam etwas bohren. Das hat mir gut gefallen.“
Christoph, 9ma
„Wir waren bei EBM-Papst und haben verschiedene Ausbildungsberufe kennengelernt. Es war sehr interessant. Wir durften sogar ein kleines Werkstück bearbeiten.“
Tiara, Edanur, 9ma
„Wir waren beim Vortrag eines Anwalts und haben erfahren, wie ein Tag in der Kanzlei abläuft. Er war sehr nett und sympathisch und hat alle Fragen gut beantwortet.“