Frostiger Spaziergang rund um den Stausee

Blick über den Happurger Stausee hinüber zur Houbirg
Blick über den Happurger Stausee hinüber zur Houbirg2011/02/14976_New_1298652363.jpg

HAPPURG — Das Wetter ist zwar nicht gerade einladend, aber nach einigen Tagen im Hause fällt mir die Decke auf den Kopf und es zieht mich nach draußen. Frische Luft schnappen, trotz acht Grad minus. Der Winter hält die Landschaft noch fest im Griff und es ist schwierig, eine gehbare Strecke zu finden. Da bietet sich der Rundgang um den Happurger Stausee an.

Beim Restaurant „Seeterrassen“ an der Straße nach Förrenbach findet sich ein kostenloser Parkplatz und es ist auch angenehm, danach hier einzukehren.

Auch heute ist der Weg gut geräumt und wir genießen den Anblick des Sees, der in schönster Winterruhe wie ein Prospekt-Panorama daliegt. Kaum zu glauben, dass es hier bis Anfang der 1950er Jahre nur Felder und Wiesen gab. Erst zwischen 1956 und 1958 wurde der Stausee zusammen mit dem Obersee auf dem Deckersberg vom Großkraftwerk Franken für ein Pumpspeicherwerk zur Deckung des Stromspitzenbedarfs geschaffen.

Er fügt sich jetzt wunderschön in die Landschaft ein, ist aber leider für Badefreunde nicht vorgesehen. Segler, Surfer und Angler jedoch können hier ihrem Hobby frönen. Rund um den See sind Tafeln über die örtliche Geschichte aufgestellt, sodass man ganz nebenbei interessante Informationen erhält. Auch über das tausendjährige Förrenbach, zu dem wir einen Abstecher machen.

Bemerkenswert im Ort ist die evangelische Pfarrkirche St. Johannes, der einzige klassizistische Kirchenbau im Hersbrucker Land mit einheitlich klassizistischer Ausstattung. Dieser Baustil wurde seinerzeit von König Ludwig I. und seinen Hofarchtikten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner sehr gefördert.

Wie überall in dieser Gegend widmete man sich auch in Förrenbach mit viel Erfolg dem Hopfenbau und der Obstkultur, woraus dann die Obstverwertungsgenossenschaft hervorging.

Auf der anderen Seeseite spazieren wir zurück. Von hier aus bietet sich ein schöner Blick zu den „Seeterrassen“ und dem Deckersberg. Hinter uns thront die Houbirg (617 Meter). Sie ist nicht nur ein markantes Bergplateau, sondern auch das bedeutendste Denkmal der Vor- und Frühgeschichte in der Frankenalb. Der Ringwall aus der Keltenzeit, der fast den gesamten Bergrücken umfasst, ist noch deutlich erkennbar. Diese Verteidigungsanlage gab wahrscheinlich dem Berg seinen Namen: An der hohen Bürg – Houbirg. Südlicher Eckpfeiler ist der seit der Steinzeit von Menschen aufgesuchte Hohle Fels, von dem aus man eine prächtige Aussicht hat.

Traurig und nachdenklich stimmt mich die Informationstafel über das sogenannte Doggerwerk: Anfang 1944 befahl man in Berlin, im Bergstock eine bombensichere Fabrik einzurichten. Auf 120 000 Quadratmetern sollten die Bayerischen Motorenwerke Flugzeugmotore produzieren. Damit der Stollenbau vorankam, setzte man Tausende KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter ein. Für sie wurden sowohl in Hersbruck, als auch südöstlich von Happurg gut gesicherte Konzentrationslager errichtet. Die Menschen schufteten in Zwölf-Stunden-Schichten unter unmenschnlichen Bedingungen. Etwa 4000 überlebten die Arbeit im Doggerwerk nicht. Das nahe Krematorium, war ab Januar 1945 Tag und Nacht in Betrieb.

Die acht ausgeführten Stollen erreichten etwa vier Kilometer Gesamtlänge und wurden zu fünf Meter hohen und etwa sieben Meter breiten Fabrikhallen angelegt. Durch das baldige Kriegsende konnte jedoch die Motorenfertigung nicht mehr aufgenommen werden.

Nur etwa 600 Zwangsarbeiter überlebten die furchtbare Zeit und wurden im April 1945 von der US-Army befreit. Einfach unfassbar, dass sich in dieser idyllischen Landschaft so grausame Dinge abgespielt haben.

Wir nähern uns Happurg und dem Ende unseres Rundgangs und ich schüttle die trüben Gedanken wieder von mir ab und freue mich auf einen Einkehrschwung in den „Seeterrassen“.

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