BEHRINGERSDORF — Mit einem Festgottesdienst in der neu renovierten Maria-Magdalena-Kirche in Behringersdorf hat die evangelische Gemeinde ihr 300-jähriges Kirchenjubiläum gefeiert. Ein Projektchor unter der Leitung von Heidi Brettschneider führte mit der eigens für diesen Anlass einstudierten Kantate „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ von Johann Sebastian Bach durch den Gottesdienst. Im Anschluss traf sich die Kirchengemeinde im angrenzenden Tucher-Schlosshof.
Die Maria-Magdalena-Kirche in der Kurve der Kreisstraße zwischen Schwaig und Behringersdorf war schon immer ein Hingucker. Rechtzeitig zum Jubiläum wurde die Sanierung des Bauwerks sowohl außen als auch im Innenbereich vollendet. Sie wird nicht nur von Gemeindemitgliedern als ausgesprochen geglückt gelobt. „Die Gläubigen gehen noch lieber als früher in ihre Kirche, strahlt das Ambiente des Gotteshauses doch fast einen wohnlichen Charakter aus“, so Hausherr Pfarrer Friedrich Baader. Ein wesentlicher Bestandteil des „wohnlichen Charakters“ ist neben der beispielhaften Neugestaltung des Innenraums die neue Bankheizung, die viel effizienter wärmt als das Vorgängermodell.

So war es auch nicht verwunderlich, dass das Gotteshaus aus allen Nähten platzte, als der Festgottesdienst mit dem feierlichen Einzug unter den Orgelklängen von Organist Stefan Pöhler begann. Für den musikalischen Rahmen hatte die evangelische Gemeinde ein dem festlichen Anlass und dem Flair der Kirche gemäßes Kirchenmusikwerk ausgewählt. Überwiegend Akteure aus den eigenen Reihen präsentierten die Bach-Kantate „Was Gott tut, das ist wohlgetan“ mit Soli, Chor und Orchester. Bach ist der maßgebliche Komponist protestantischer Kirchenmusik und seine Werke sind musikalische Vertreter der Reformation. Es lag also nahe, bei dem Kirchenfest mit einem Werk dieses wohl bedeutendsten Komponisten des Barock zu gedenken.
Lebensfreude des Barocks
Unter der Leitung von Heidi Brettschneider gelang es den Solisten Andrea Wurzer (Sopran), Stephan Schlögel (Tenor) und Martin Dechet (Bass), dem Orchester mit Roman Strößner (1. Violine), Renate Handrock (2. Violine), Bernd Simon (Viola), Jörg Fischer (Cello), Christoph Semmlinger (Oboe), Werner Schmidtbauer (Trompete) und Katharina Lorenz (Klavier) sowie dem eigens für das Projekt zusammengestellten Chor, den Menschen in der Kirche die Lebensfreude des Barocks zu vermitteln.
Pfarrer Baader stellte fest, dass es eigentlich an diesem Sonntag noch mehr zu feiern gebe als „nur“ das 300. Kirchenjubiläum. Im Festjahr des 500. Reformationsjubiläums begeht die Kirchengemeinde Behringersdorf gleichzeitig ihr 500-jähriges Bestehen als eigenständige Pfarrei.
Baader begann seine Predigt mit einem kleinen Rückblick auf die damalige Zeit, verwies auf die beim Gottesdienst speziell geregelte Sitz–ordnung von Männern und Frauen, von Verheirateten und Ledigen sowie die strenge gesellschaftliche Rangordnung, die deutlich wurde durch die über der Kanzel thronende Fürstenloge. Baader spann in seiner Festansprache einen weiten Bogen über die Notwendigkeit der Kirchensteuer, mit der viele soziale Einrichtungen wie Diakonie oder Kindergarten nicht möglich seien, bis hin zu der Frage: „Wie kann Gott Krieg, Hass, Zerstörung und blinde Wut zulassen?“
Es war ihm ein Anliegen, dass sich dieses besondere Kirchenfest von einem gewöhnlichen Gemeindefest abhob. Dazu trugen viele Beteiligte bei. Der zum Fest erschienene Kirchenkalender 2018 dokumentiert den vornehmen, eleganten Glanz von Maria Magdalena.
Die Ehrengäste konnten ihre Grußworte online stellen. Damit sollte laut Pfarrer Baader erreicht werden, dass die Feierlichkeiten sich nicht zu lange hinziehen und der Gottesdienst die nötige Bedeutung erhalte. Wegen der zeitlichen Nähe zum Reformationsfest waren keine kirchlichen Funktionsträger auf leitender Ebene anwesend; auch deshalb bot sich dieses Verfahren an.
Die Bewirtung im Festzelt wurde umrahmt vom Posaunenchor Schwaig/Behringersdorf unter der Leitung von Thomas Engelbrecht.
Geschichte der Kirche
Am 16. August 1439 wurde die von Erhard Schürstab dem Älteren erbaute St. Maria-Magdalena-Kapelle eingeweiht. Das Kirchenpatronat erwarb die Patrizierfamilie Tucher im Jahr 1514. Drei Jahre später, im geschichtsträchtigen Jahr 1517, in dem auch die 95 Thesen veröffentlicht wurden, wurde durch die großzügige Pfründestiftung von Kunz Horn Behringersdorf zur eigenständigen – damals natürlich noch katholischen – Pfarrei. Aus dieser Zeit stammen ein Abendmahlskelch und zwei Altarleuchter. Die Reformation selbst erreichte Behringersdorf erst 1525.
Die lateinische Zahl über dem Kirchenportal 1717 bezeichnet die Grundsteinlegung der neu auf den alten Fundamenten erbauten Maria-Magdalena-Kirche, die am 22. Oktober 1719 eingeweiht wurde.
Die letzten Renovierungen wurden 1939 unter Pfarrer Kündinger, 1999 durch Pfarrer Hartmut Brunner und 2016 mit dem 54. Pfarrer seit der Reformation, Friedrich Baader, durchgeführt.
Die Maria-Magdalena-Kirche hat drei Glocken und eine Orgel mit 14 Registern, zwei Manualen und Pedal, die 1969 erbaut wurde.
Als Mutterkirche der evangelischen Thomaskirche in Schwaig und historisch gesehen ebenso als Ursprung der katholischen Pfarrei gilt die Maria-Magdalena-Kirche als Juwel spätbarocker Baukunst.