SCHWAIG — Die zweitbeste Friseurgesellin aus ganz Bayern kommt aus Behringersdorf. Alina Balling (19), die beim Haaratelier Florian Markus in Schwaig arbeitet, hat als Notenbeste Auszubildende der Innung Nürnberg an dem Wettbewerb teilgenommen. Dabei verlief ihre Ausbildung zu Beginn gar nicht nach Plan.
„Wenn du in der Gesellenprüfung eine Eins schaffst, dann spendiere ich dir ein Luxus Scheren-Set“, hatte Friseurmeister Florian Markus seiner Auszubildenden versprochen und es hat geklappt: Alina Balling ist mit einem Notendurchschnitt von 1,3 die Beste im Bereich der Friseur- Innung Nürnberg.
Eine gute Ausbildung ist in jedem Beruf das A und O. Bei Alina Balling sah es bis vor eineinhalb Jahren nicht danach aus, obwohl Friseurin ihr Traumberuf ist. Die damals 17-Jährige musste sogar befürchten, die Zwischenprüfung nicht zu bestehen. Warum? Weil sie faul war, bockig oder begriffsstutzig, weil sie zwei linke Hände hatte? Falsch.
In der Berufsschule in Lauf lief alles wie am Schnürchen. In ihrem Ausbildungsbetrieb in Lauf aber durfte sie immer nur sauber machen, Kunden empfangen, Haare waschen und sonstige Handlangerarbeiten ausführen.
Schneiden, Färben, Föhnen, Locken eindrehen und was Friseure sonst noch beherrschen müssen, üben die Auszubildenden während der Geschäftszeit an Modellen, die in erster Linie der Ausbildungsbetrieb beibringt. Für Balling wurde keine Möglichkeit geschaffen, in dieser Weise praktische Erfahrung zu sammeln und Routine zu bekommen.
Leichtsinniges Versprechen
Das änderte sich schlagartig, als sie zu Florian Markus nach Schwaig wechselte. Er sagt: „Ich selbst habe eine sehr gute Ausbildung genossen. Ich weiß aber, dass Alina kein Einzelfall ist.“ Lehrlinge sollten so viel wie möglich praktisch arbeiten können. „Und das kostet Zeit und die bringt eben nicht jeder Ausbildungsbetrieb auf.“ Balling holte mit Unterstützung ihres neuen Chefs in ihrer beruflichen Entwicklung schnell auf. Markus hatte Balling leichtsinnigerweise ein Luxus-Scheren-Set — Preis pro Schere um die 500 Euro — versprochen, wenn sie ihre Gesellenprüfung mit einer Eins vor dem Komma besteht. Und das hat sie.
„Ganz schön scharf — wie eine Rasierklinge“, sagt die frischgebackene Friseurgesellin mit Blick auf eine der Luxus-Scheren und die Wunde an ihrem Finger und lacht spitzbübisch. „Musste genäht werden.“ Aber jetzt hat sie anderes im Kopf. Am Sonntag fand der „Praktische Leistungswettbewerb im Friseurhandwerk auf Kammer- und Landesebene“ 2015 statt. Gute Vorbereitung war da alles. Montags, wenn der Friseursalon geschlossen hat, und zum Teil nach Feierabend übte Balling. Von der Haarfarbe über den Schnitt bis hin zum Make-up — alles muss passen und typgerecht sein.
Über 20 Stunden Freizeit habe sie bisher investiert, um sich intensiv für den Leistungswettbewerb zu präparieren, rechnet die Junggesellin nach. Und ihr Chef Florian Markus steht voll hinter ihr. „Sie lernt sehr schnell, ist extrem motiviert. Sie hat einfach Bock auf den Job“, sagt Markus. Und er investierte wieder in ihr Talent, indem er die Trainingsköpfe für den Wettbewerb stellte. Gefordert waren mindestens drei, Stückpreis circa 200 Euro. Die Wettbewerbsregeln forderten die Ausführung je eines Damen- und Herrenhaarschnittes entsprechend der beiden Frisurenmoden des aktuellen Wettbewerbsjahres. Abzuschließen war der Trendhaarschnitt mit einem modischen Styling, das eine kreative, fachgerechte Arbeitstechnik erkennen lässt. Außerdem musste eine Hochsteckfrisur mit Haarteil kreiert und das dementsprechende Make-up aufgetragen werden.
Die 21 Besten aus ganz Bayern traten an, Alina holte den zweiten Platz. „Das war eine gigantische Leistung von Alina nach nur drei Wochen Trainingszeit. Ich bin sehr stolz auf sie“, sagte ihr Chef Florian Markus der Pegnitz-Zeitung.
Auszubildende gesucht
Stolz und glücklich ist auch Alina Balling. „Die Mühe hat sich gelohnt. Ich wollte schon immer Friseurin sein, ich kann mir gar nichts anderes vorstellen.“ Für sie ist mit diesem Ergebnis, einer hervorragend bestandenen Prüfung, einem Arbeitsvertrag in der Tasche, einem guten Betriebsklima und vielen Weiterbildungsmöglichkeiten die Welt komplett in Ordnung. Nicht so für ihren Chef.
Markus sucht dringend Auszubildende. „Ich habe meine Ansprüche schon gründlich heruntergeschraubt und alle Register gezogen, um welche zu bekommen“, sagt er. „Ohne Erfolg, bisher ist noch keine einzige Bewerbung gekommen.“
Gerne würde er auch junge Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, ausbilden. „Aber an die ist nicht ranzukommen, die bürokratischen Hürden sind einfach zu hoch.“ Ein Problem, das viele Handwerksbetriebe beklagen. Oft ginge ein halbes Jahr und mehr ins Land, bis eine Ausbildung nach einem enormen Papierkrieg behördlich genehmigt würde. Und auch dann sei nicht Schluss, denn über vielen Junghandwerkern, die nicht aus der EU kommen, hänge das Damoklesschwert der Abschiebung. „Dann hat der Ausbildungsbetrieb jahrelang in die Jugendlichen viel Zeit und Geld gesteckt mit dem Ziel der Übernahme, um danach mit leeren Händen dazustehen“, bringt Markus das Desaster auf den Punkt.
„Über 20 Stunden Freizeit habe sie bisher investiert…“.
Wow, was für eine Zeit. So viele Stunden……