Nürnberger Land – Wie erwartet haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten am gestrigen Dienstag beschlossen, dass der Lockdown über den 10. Januar hinaus verlängert wird. Wirtschaftlich trifft das erneut den Handel empfindlich, da ist sich Daniela Walter vom Herrenausstatter Engelhardt und Walter mit Geschäften in Lauf und Amberg sicher. „Es wird eine Marktbereinigung stattfinden.“
Verantwortlich dafür sind nicht nur die fehlenden Umsätze zum Jahresende, darunter das maue Weihnachtsgeschäft. „Die Branche hat im Dezember nicht mehr als die Hälfte ihres Umsatzes gemacht“, so Walter, die bisherigen Überbrückungshilfen seien „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“.
Im Winter füttere man sich normalerweise den Speck für das Frühjahr an, sagt Walter. Der Knackpunkt für Modegeschäfte könnte deshalb im Februar bis April kommen, denn dann kommt die neue Ware, und die muss bezahlt werden – wenn man es sich noch leisten kann.
Erst die Läden, dann die Lieferanten
Wird weniger bestellt, weil Läden pleite gehen, könnte es auch Lieferanten treffen, glaubt die Prokuristin. Zudem müssten Geschäfte die Darlehen der KfW vom ersten Lockdown im kommenden Sommer zurückzahlen – wenn sie es denn können.
Von der bayerischen Politik ist Walter enttäuscht. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr hieß es noch, man werde nicht erneut zusperren, erinnert sie sich. Im Dezember war das plötzlich wieder vergessen.
„Sie haben versäumt, die Alten zu schützen, und da sind die hohen Fälle“, klagt Walter. „Was hat der Einzelhandel mit den Altenheimen zu tun?“ Gedränge gebe es nicht im Einzelhandel, sondern in den Gängen der Supermärkte, das Ansteckungsrisiko sei dort entsprechend größer.
Landesregierung „lässt Handel im Stich“
„Wir sind maßlos enttäuscht“, sagt Jürgen Oriold, Bezirks- und Kreisvorsitzender des Handelverbands Bayern, stellvertretend für seine Kollegen. „Wir hätten es uns niemals vorstellen können, dass eine bayerische Staatsregierung den Handel dermaßen im Stich lässt.“
Die finanziellen Hilfen seien zu niedrig und kämen zu spät, klagt Oriold. So könne man den Antrag für die sogenannte Überbrückungshilfe III erst Ende Februar stellen, bearbeitet werden sie erst im März. „Wir müssen die nächsten drei Monate vorfinanzieren“, so der Ottensooser, der im Lauf ein Fotogeschäft betreibt.
Er beklagt, dass es bayernweit eine Ungleichbehandlung gibt: So dürften im Nachbarlandkreis Erlangen-Höchstadt Fotografen Passbilder machen, im Nürnberger Land sei das verboten. Auf die Palme bringt ihn auch, dass Drogeriemärkte nach wie vor unter anderem Parfüm und Spielwaren verkaufen können, während andere Geschäfte geschlossen sind.
Der Handelsverband versuche Druck auf das Wirtschafts- und das Gesundheitsministerium auszuüben, um wenigstens „Click and Collect“ zu erlauben, also das Abholen der vorab im Internet (oder per Telefon) bestellten Ware an der Geschäftstüre. In den meisten Bundesländern ist die Praxis erlaubt, in Bayern nicht.
Aiwanger riet zu „Click and Collect“
Kurz vor dem Beginn des zweiten Lockdowns im Dezember war Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger zu Gast in Lauf. Im „Engelhardt und Walter“ riet er damals dazu, auf „Click and Collect“ zu setzen, erinnert sich Daniela Walter – jedoch wurde die Praxis bayernweit untersagt. „Ich habe dafür kein Verständnis, die Leute werden ins Internet getrieben“, klagt Walter. Dass sich gerade vor Geschäften in kleineren Städten wie Lauf lange Schlangen bilden und dadurch Ansteckungsherde entstehen, hält sie für einen „Schmarrn“.
Ihr und ihren Kollegen bleibe nur, sich selbst ins Auto zu setzen und die Ware zu liefern. Viel Umsatz mache man damit nicht, es gehe eher um die Kundenbindung.
Insgesamt erwartet der bayerische Handel Umsatzverluste in Milliardenhöhe, sagt Walter. Das fehlende Geschäft werde man nach dem Lockdown auch nicht nachholen können.
Update: Am Mittwochmittag verkündete Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, dass „Click and Collect“ ab kommendem Montag in Bayern wieder erlaubt sein wird.