Feucht – Die Grundschule Feucht plant eine Draußenschule nach skandinavischem Vorbild. Die erste Hürde auf dem Weg dahin ist schon gemeistert.
Uteskole ist der norwegische Name für ein Konzept, das es in Skandinavien schon seit Anfang der 1990er Jahre gibt. Übersetzt heißt das Draußenschule und bezieht sich auf den Unterricht unter freiem Himmel. Die Grundschule Feucht hat diese Idee aufgenommen und möchte schon im Herbst damit starten. Der erste Antrag wurde vergangene Woche durch den Marktgemeinderat genehmigt. Die Marktgemeinde spielt eine große Rolle, sowohl bei der Finanzierung, zum Beispiel von der Biokomposttoilette, die im Wald installiert wird, als auch bei der allgemeinen Unterstützung. „Das Konzept muss jetzt noch über das Staatliche Schulamt Nürnberger Land an die Regierung von Mittelfranken gesendet und dort genehmigt werden“, erklärt die Schulleiterin Ulrike Hölzel.
Hölzel und die Lehrerin Anna Roth wollen schon seit vergangenem Dezember die Draußenschule ins Leben rufen. Zu diesem Zeitpunkt war die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf den Schulalltag sehr präsent. „Wir wollten mehr Unterricht ermöglichen“, blickt Hölzel zurück. Die Phase des Wechselunterrichts wurde dazu genutzt, um das Konzept auszutesten.
Schulkonzept umgestalten
Die Lehrer und Hölzel stellten sich damals die Frage: „Wie wirkt sich der Unterricht unter freiem Himmel auf die Schüler aus?“ Das Ergebnis war durchweg positiv, erzählt die Schulleiterin glücklich: „Sowohl von den Schülern, deren Eltern, als auch von den Lehrern war die Reaktion darauf gut.“ Mittlerweile überwiegt der Faktor Corona nicht mehr alleine. Denn ihrer Meinung nach sei der Unterricht von 8 Uhr bis 13 Uhr im Klassenzimmer „an der Realität vorbei.“
Aus diesem Grund sei eine Reformation des Schulkonzepts willkommen und auch notwendig. „Es reicht nicht, nur darüber zu reden, was falsch läuft, es muss ein Angebot gewährleistet werden“, führt Hölzel aus. Dieses Angebot beinhaltet einen Standort im Feuchter Forst, in der Nähe des Waldkindergartenplatzes, und einen Erlebnisgarten hinter dem Walpurgisheim. Die Gemeinde pachtet das Grundstück und schließt einen Vertrag zur Verkehrssicherungspflicht ab.
An der Grünen Schule findet Hölzel viele positive Aspekte. Dazu gehören die Umstände, unter denen die Kinder unterrichtet werden. „Natürliche Lichtverhältnisse, viel Sauerstoff und gute Gerüche, das nenne ich eine Lernatmosphäre“, bringt die Schulleiterin an. Unterrichtet werden nämlich alle Fächer, von Mathe über Deutsch, bis hin zum Heimat- und Sachunterricht. „Das Schönste daran ist, dass alle Fächer miteinander verbunden werden können!“ Zum Beispiel das Rechnen mit Zapfen führe praktischerweise zur Auseinandersetzung mit und Bestimmung von Bäumen. „Der Fantasie sind also keine Grenzen gesetzt“, sagt Hölzel begeistert.

Gesundheit und Kompetenzen
So können neben dem Lernstoff weitere Kompetenzen vermittelt werden, und die aktive Ausrichtung des Unterrichts gewährleiste genügend Bewegung für die Schüler. Es habe auch positive Auswirkungen auf das Immunsystem, weil der Unterricht unter freiem Himmel zeitunabhängig stattfinden soll. Nur bei Extremtemperaturen oder Sturmwarnungen werde eine Ausnahme gemacht. „Die Kindheit ist heute nicht mehr so wie früher, und deshalb muss sich die Schule auch verändern.“
Neben Lernmotivation und Bewegung ist für Ulrike Hölzel ein weiterer wichtiger Aspekt, dass die Kinder durch die Draußenschule ihre kulturelle und natürliche Umgebung erkunden können. „Das ermöglicht ihnen eine höhere Wertschätzung der Natur“, erklärt sie. Das wiederum könne zu mehr Achtsamkeit bei Umweltthemen führen. „Vielleicht nehmen die Schüler ihre positiven Erfahrungen an die weiterführenden Schulen mit und geben ihr erlangtes Wissen weiter“, hofft Hölzel. Aus diesem Grund sei auch geplant, die Staatsforsten in den Lehrplan mit einzubeziehen, um den Kindern Vorträge zu den Themen Wald und Natur zu ermöglichen.
„Mathe auf dem Sportplatz“
Lehrerin Anna Roth ist ebenfalls begeistert von dem Konzept Draußenschule. Erstmals habe sie davon in einem Fernsehbeitrag über ein Gymnasium in Heidelberg gehört. „In diesem wurde auch auf die positiven Auswirkungen auf das Lernen und den Stresslevel der Schüler eingegangen“, erzählt sie. Sie freut sich zu sehen, dass derartige Gedanken seit kurzem auch in Bayern langsam Fahrt aufnehmen.
Schon vor dem Erarbeiten des Konzepts veranstaltete sie gerne draußen Projekte und Unterricht. „Wir haben schon Mathe auf dem Sportplatz gemacht, im Eichenhain gelernt und hatten einen Kurs über Brücken im Zeidlerschlossgarten“, erzählt sie. Zuletzt erarbeitete sie ein Säulendiagramm zur Baumverteilung in einem Waldstück. „So verbinden wir Mathe und Heimat- und Sachkunde auf eine Art, wie es die Kinder nicht so schnell vergessen.“ Bei ihren Schülern sei das immer sehr gut angekommen.
Auch steht das Projekt in keinem Gegensatz zur Digitalisierung. Es gehe vielmehr darum, die Medien in den Lernprozess zu integrieren. Man könne Fotos von Bäumen oder Pflanzen machen und diese zur Bestimmung im Internet abgleichen, oder ein Zeitlupenvideo des Flügelschlags eines Schmetterlings analysieren, um mehr Verständnis für die Natur zu erlangen. „Es geht darum, das Digitale gezielt einzusetzen und als Ergänzung herzunehmen“, erklärt Roth.
Für die Zukunft wünschen sich sowohl Ulrike Hölzel als auch Anna Roth, dass das Konzept beim Schulamt gut ankommt und sie zum kommenden Schuljahr damit starten können. Sie erhoffen sich, dass die Draußenschule den Schülern „Motivation, Eigenverantwortung und mehr Bewegung in wunderbarer Umgebung ermöglicht.“