FEUCHT – Der Ex-Feuchter Marco Christ war Junioren-Nationalspieler und feierte im Dress des 1. FC Nürnberg einst sein Zweitligadebüt gegen Fürth. Die Saison 2019/2020 könnte jedoch zum Horrorszenario werden. Neben vier Ex-Vereinen droht auch seinem TSV Freystadt der Abstieg.
Marco Christ ist einer aus der großen Generation des 1. SC Feucht. Der heute 39-Jährige feierte 2003 den Aufstieg in die Regionalliga Süd, damals die dritte Liga. Mit dem SC brachte es der gebürtige Nürnberger aber nur auf zehn Einsätze (zwei Tore), denn Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. Christ, der seine Karriere im Sommer 2018 nach seiner Rückkehr nach Feucht in der Landesliga Nordost beendete, hatte zahlreiche Profistationen. Derzeit erlebt der einstige Mittelfeldmotor ein ganz schlimmes Szenario. Denn mit dem Bundesligisten Fortuna Düsseldorf, den beiden Zweitligisten SV Wehen Wiesbaden und Dynamo Dresden sind bereits drei seiner ehemaligen Profi-Vereine abgestiegen. Nun bangt Christ mit dem 1. FC Nürnberg, für den er ebenfalls gespielt hat, um den Klassenerhalt in der 2. Liga. Zu allem Überfluss belegt sein aktueller Verein – Christ trainiert den TSV Freystadt – in der Bezirksliga Süd ebenfalls einen Abstiegsplatz. Es ist also gerade ein Jahr zum Vergessen für Christ.
Doch Marco Christ ist ein positiver Mensch, der mit dem, was er erreicht und erlebt hat, zufrieden ist: „Es hätte einiges besser laufen können, dennoch bin ich zufrieden.” Christ, 1,70 Meter groß und ein echter Zehner, war ein exzellenter Techniker. Leider hatte er in seiner Karriere mit vielen Verletzungen zu kämpfen. Ein Knorpelschaden vierten Grades am Sprunggelenk ist ihm geblieben. „Da reibt fast Knochen auf Knochen. Aber für Spiele in der Traditions-Mannschaft reicht es gerade noch. Danach habe ich dann ein paar Tage Probleme“, sagt er. Seine Karriere begann er beim SV 73 Nürnberg-Süd, wo er elf Jahre im Nachwuchs kickte. Zu Beginn der B-Jugend ging es für den talentierten Spielgestalter für ein halbes Jahr zum FC Bayern München ins Internat. Von dort wechselte der Mittelfeldspieler schließlich zum Club. „Da war ich gerade 16 Jahre alt und Trainer bei den Profis war Felix Magath. Der hat mich dann schon zu den Profis zum Training geholt und er hätte mich auch schon spielen lassen. Aber damals durfte man das als 16-Jähriger noch nicht. Als ich dann das Alter für die Profis hatte, da war Magath leider beim Club schon entlassen”, erinnert sich Christ mit etwas Wehmut an diese Zeit zurück.
Im Nachwuchs war Christ richtig erfolgreich, spielte von der U15 bis zur U21 in allen deutschen Auswahlmannschaften und brachte es dabei auf mehr als 25 Einsätze. Größter Erfolg war die Teilnahme 1997 mit der U16 bei der Europameisterschaft im eigenen Land, die gleichzeitig die WM-Qualifikation bedeutete. Christ stand in allen sechs Spielen auf dem Platz und erzielte ein Tor, am Ende wurde es Platz drei. 1998 fand dann die Weltmeisterschaft in Ägypten statt und Deutschland belegte mit Christ am Ende den undankbaren vierten Platz: „Das war schade, denn es war mehr drin“, sagt er.
Zweitligadebüt gegen Fürth
Sein Zweitligadebüt feierte Christ am 29. November 1999 als 19-Jähriger beim Club ausgerechnet im Derby gegen den Nachbarn aus Fürth (1:1). Beim von Friedel Rausch trainierten 1. FCN spielten damals Größen wie Andreas Köpke im Tor, Marek Nikl, Tomasz Kos, Armin Störzenhofecker, der heutige Fürther Trainer Stefan Leitl, Martin Driller, Marcus Feinbier und Bernd Hobsch. Seinen zweiten Einsatz in Liga zwei absolvierte Christ im Spiel bei Borussia Mönchengladbach, das 0:4 verloren ging.
2001 wechselte der Mittelfranke für ein halbes Jahr zu Jahn Regensburg und kam zu Jahresbeginn 2002 zum SC Feucht in die Bayernliga. „Da begann für mich eine sehr schöne Zeit, die ich nie vergessen werde”, erinnert sich Christ. Im ersten Halbjahr half er, den Klassenerhalt zu sichern und brachte es in 13 Spielen auf beachtliche elf Treffer. Im zweiten Jahr startete Feucht dann durch und holte sich mit 13 Punkten Vorsprung vor dem TSV 1860 München II und einem Torrekord von 107 erzielten Treffern die Meisterschaft. Damit stiegen die Zeidler erstmals in der Vereinsgeschichte in die 3. Liga auf, die damals noch zweigleisig gespielt wurde und Regionalliga Süd hieß. Hier hatte es Christ in 24 Partien auf 14 Tore gebracht.
Ein eingeschworener Haufen
Im ersten Regionalliga-Jahr war Christ oft verletzt, konnte nur zehnmal spielen und schaffte nur sieben Partien über die volle Distanz. Am Ende wurde es dennoch ein hervorragender achter Platz. „Wir hatten eine tolle Zeit, hatten viel Spaß und waren ein richtig eingeschworenes Team. Zu den meisten Spielern von damals habe ich heute noch Kontakt“, bestätigt er. Christ ist derjenige, der zusammen mit Christian Vitzethum die Feuchter Traditions-Mannschaft ins Leben gerufen hat. „Wir haben eine Whatsapp-Gruppe, da sind fast alle von früher dabei, auch Manfred Kreuzer und Dieter Nüssing, die damals auch Großes für den Verein geleistet haben. Wir treffen uns auch mal privat, unternehmen etwas, und sprechen über die alten Zeiten.”
Die dritte Liga in Feucht war nicht nur für Christ etwas ganz Besonderes: „Da kamen ja viele Traditionsvereine und wir haben uns dann gefreut, wenn wir die meistens ohne Punkte nach Hause geschickt haben. Anschließend haben wir das dann auch gebührend gefeiert.” 2004 wechselte Christ aufgrund starker Leistungen als Feuchter Spielmacher zu Dynamo Dresden in die 2. Liga. Am Ende wurden es unter Trainer Christoph Franke 21 Spiele (kein Tor) und Platz acht.
„Das waren zum Teil sehr tolle Heimspiele mit sehr vielen Zuschauern in dem großen Stadion.” Im zweiten Jahr verließ Christ noch im August Dresden, weil ihn Coach Franke nicht mehr einsetzte. Christ wechselte in die Regionalliga Süd zum VfR Aalen, wo er zwei Jahre blieb und es jeweils auf 30 Spiele mit insgesamt 14 Toren brachte. Auch in Aalen stand Christ erneut im Fokus höherklassiger Vereine. 2007 folgte dann der Wechsel zum Traditionsklub Fortuna Düsseldorf, der damals in der dritten Liga (Regionalliga Nord) spielte.
Nachdem 2008 die Qualifikation für die eingleisige, neue 3. Liga geschafft war, ging es ein Jahr später unter Trainer Norbert Meier hinauf in die 2. Liga. Insgesamt absolvierte Christ für die Fortuna 36 Zweitliga-Partien, in denen er zwei Tore erzielte. „Düsseldorf, das war eine ganz tolle Zeit. Beinahe wäre ich dort sogar hängen geblieben“, gesteht der gebürtige Nürnberger. Doch es kam anders. Weil Christ in der Saison 2010/2011 nicht über zwölf Spiele hinauskam, stellte sich der Zehner einer neuen Herausforderung: Dem Drittligisten SV Wehen Wiesbaden. So kamen noch einmal 61 Drittliga-Spiele mit drei Toren dazu.
Im Sommer 2014, im Alter von 33 Jahren, beendete Marco Christ in Wehen Wiesbaden seine Profikarriere und schloss sich in heimatlichen Gefilden dem SV Seligenporten an. Im Kloster blieb Christ drei Jahre, erlebte einen Abstieg aus und einen Aufstieg in die Regionalliga. 2017 kehrte der Wandervogel noch einmal nach Feucht zurück, damals in der Landesliga Nordost beheimatet: „Schade, dass wir da nur Dritter geworden sind. Ich hätte mich gerne mit dem Aufstieg in die Bayernliga verabschiedet.”
Ständiger Kampf mit Verletzungen
Rückblickend auf seine bewegte und erfolgreiche Karriere sagt Marco Christ heute: „Ich habe viel erlebt, möchte nichts missen. Das Positive hat deutlich überwogen, wenngleich es mit den vielen Verletzungen oft nicht leicht war. Vor allem der ständige Kampf, wieder ranzukommen, war teilweise nervenaufreibend.” Traurige Begleiterscheinungen sind der frühe Tod des ehemaligen Feuchter Mitspielers Bernd Brechelmacher, der 2013 im Alter von nur 41 Jahren aus dem Leben gerissen wurde. Auch der damalige Co-Trainer Ludwig Preis verstarb 2017 im Alter von nur 45 Jahren nach langer schwerer Krankheit.
Bereits im letzten Jahr in Seligenporten bereitete Christ seine Trainerlaufbahn vor. Er war damals Assistent von Roger Prinzen. In Feucht unterstützte Christ seinen Cheftrainer Rainer Zietsch als Co-Trainer. Zur Saison 2018/19 wurde er schließlich Chefcoach beim damaligen Bayernligisten ASV Neumarkt. Seit dieser Saison trainiert Christ den TSV Freystadt. Mit Blick auf seine Ex-Vereine sagt er: „Bei Dresden und Wehen Wiesbaden war der Abstieg aus der 2. Liga schon längere Zeit absehbar. Fortuna Düsseldorf hätte den direkten Klassenerhalt längst schaffen können, hat aber nach Vorsprüngen gegen Hertha BSC (3:0) und Köln (2:0) diese verspielt und in der Schlussphase viele Punkte hergeschenkt.”
Somit sind drei seiner Ex-Vereine bereits abgestiegen. Nun bangt Christ noch mit dem 1. FC Nürnberg: „Ich hatte unmittelbar nach dem 1:1 in Kiel befürchtet, dass Trainer Jens Keller entlassen wird. Jetzt drücke ich natürlich Michael Wiesinger und Marek Mintal die Daumen, dass sie den Klassenerhalt schaffen. Wenn der Club absteigt, dann wäre das mein vierter Ex-Verein, der in diesem Jahr absteigen muss”, blickt Christ mit Sorge auf die bevorstehenden Relegationspartien gegen den FC Ingolstadt.
Auch mit seinem Klub TSV 1906 Freystadt muss der 39-Jährige bangen, steht er in der Bezirksliga Süd doch auf Rang 14 und hat einen Zähler Rückstand auf die TSG 08 Roth auf dem Relegationsplatz 13. „Wir werden nach Wiederaufnahme der Saison angreifen und natürlich alles versuchen, damit wir drin bleiben.” Im schlimmsten Fall könnten es für Christ, wenn er auch mit Freystadt runter müsste, fünf Abstiege in einer Saison werden.