Tennistalent zieht es über den großen Teich

Der Freshman aus Altdorf will die USA erobern

Die Tennisplätze in der Altdorfer Weidentalstraße wird Laurenz Grabia vorerst nicht mehr sehen. Ab nächster Woche schlägt er in San Diego auf, wo er in den kommenden vier Jahren ein Studium absolviert und Tennis unter professionellen Rahmenbedingungen spielen wird. | Foto: Daniel Frasch2021/08/Altdorf-Laurenz-Grabia-Tennis-2021-scaled.jpg

ALTDORF/SAN DIEGO – Für Tennisspieler Laurenz Grabia beginnt ein neuer Lebensabschnitt: Dank eines Stipendiums zieht es den 18-Jährigen ans College nach San Diego. 
In den USA will der Altdorfer den nächsten Entwicklungsschritt gehen, International Business studieren und vor allem „die geilste Zeit des Lebens“ haben.

Es ist ein herrlicher Donnerstagvormittag in Altdorf. Der Himmel ist wolkenlos, die Temperaturen liegen bei 22 Grad. Noch ist die Tennisanlage des FC Altdorf menschenleer, die Plätze liegen präpariert und warten darauf, von schnellen Füßen und harten Schlägen malträtiert zu werden. Der erste, der an diesem Vormittag in der Weidentalstraße aufschlägt, ist Laurenz Grabia. Der 18-jährige Altdorfer erscheint zum Interviewtermin gut gelaunt. Warum auch nicht, schließlich hat der Leibniz-Gymnasiast vor wenigen Tagen das Abiturzeugnis erhalten und blickt nun gespannt auf das große Abenteuer, das ihm bevorsteht.

Während sich andere Abiturienten nach dem monatelangen Lernstress erst einmal eine Auszeit nehmen und aufbrechen, um die Welt zu erkunden, steigt Grabia in der kommenden Woche ins Flugzeug, um rund 15 Stunden später in San Diego zu landen. Sightseeing betreiben wird er vorerst jedoch nicht. Im Südwesten Kaliforniens, unweit der mexikanischen Grenze, wird Grabia dank eines Stipendiums ein College besuchen. Nirgendwo sonst auf der Welt lässt sich der Sport und ein Universitätsabschluss so gut vereinbaren wie in den USA. Vorausgesetzt, der Sportler verfügt über das nötige Talent, um fernab der Heimat gefördert zu werden.

Großes Entwicklungspotenzial

Und Grabia besitzt viel Talent: Bis jetzt wurde er dreimal mittelfränkischer Meister, in der deutschen Jugendrangliste liegt er auf Position 61, in der Herrenrangliste ist er zur Zeit an Position 630 in Deutschland gelistet. Mit seiner Mannschaft, dem TSV Altenfurt, spielt er in der Bayernliga, der höchsten bayerischen Spielklasse, und liegt dabei auf Position vier. „Das Schöne bei Laurenz ist“, sagt Trainer Lars Haak, „er war Quereinsteiger und Spätstarter. Darum hat er immer noch viel Entwicklungspotenzial. Während andere Spieler in diesem Alter schon bald an ihr Leistungsmaximum kommen, ist bei ihm noch Luft nach oben.

Sind seit rund acht Jahren ein eingespieltes Team: Laurenz Grabia und Tennistrainer Lars Haak (rechts). Foto: Daniel Frasch2021/08/Altdorf-Laurenz-Grabia-Tennis-mit-Trainer-Lars-Haack-scaled.jpg

Haak muss wissen, wovon er spricht. Immerhin wurde er 2011 zu Deutschlands Trainer des Jahres gekürt, seit 2016 ist er im Hauptamt beim Bayerischen Tennis-Verband tätig. Haak hatte bereits viele erfolgreiche Tennisspieler unter seinen Fittichen, darunter auch Philipp Petzschner, der sowohl Wimbledon als auch die US Open im Doppel gewinnen konnte. Seit rund acht Jahren begleitet Haak nun schon das Altdorfer Tennistalent, die Erfolge des 18-Jährigen sind eng an die Zusammenarbeit mit Haak geknüpft.

Bewerbungsvideo im Winter gedreht

Sein Trainer war es auch, der ihn im Winter in der Tennishalle des TSV Altenfurt aufzeichnete und das Video als Bewerbungsschreiben in die USA schickte. „Vorhand, Rückhand, Volleys: Wir haben verschiedene Spielsituationen aufgezeichnet und den Coaches und der Uni geschickt. So bekommen die Trainer dort einen ersten Eindruck über den Spieler. Die erfahrenen Trainer sehen dadurch viel und wissen vorab, welcher Spielertyp Laurenz ist“, erklärt Haak. Die Trainer des College waren offensichtlich angetan vom jungen Altdorfer und stellten ihm das Stipendium aus.

Nach der Zusage hat sich Grabia umgehend mit seinem neuen Lebensmittelpunkt auseinandergesetzt. „Das Unigebäude und die Unterkunft liegen nicht weit auseinander. Die Tennisplätze sind etwas außerhalb, aber es gibt die Möglichkeit, sich mit dem Shuttleservice hin- und zurückbringen zu lassen“, erklärt Grabia. Täglich warten auf den Rechtshänder nach dem Studium „drei bis vier Stunden Tennistraining“, wichtige Übungseinheiten, um sein bereits hohes spielerisches Level noch einmal zu steigern. „Das Niveau dort ist sehr hoch, es sind ja nur sehr gute Tennisspieler da. Man muss immer Leistung bringen“, weiß er.

Grabia wird als sogenannter Freshman starten, bis zum Ende seines Studiums wird er vom Junior zum Senior aufsteigen. Vorausgesetzt, es läuft alles glatt und das Stipendium wird nicht vorzeitig beendet. „Das kommt aber in der Regel nicht vor, da müsste schon etwas Außergewöhnliches vorfallen“, sagt Grabia. Schwere Verletzungen zählen nicht zu den potenziellen Gründen, das Stipendium zu verlieren.

Professionelle Bedingungen

Doch anstatt sich mit möglichen Worst-Case-Szenarien auseinanderzusetzen, blickt der Blondschopf voller Vorfreude auf seinen neuen Lebensabschnitt. „Es wird eine geile Zeit. Wahrscheinlich wird es die geilste Zeit meines Lebens. Es wird eine ganz neue Erfahrung für mich: Die Sprache, neue Menschen um mich herum, dazu die Möglichkeit, Tennis professionell zu spielen“, sagt er. Die Möglichkeiten, die sich Grabia in den USA bieten werden, sind mit denen hierzulande schlicht nicht zu vergleichen.

Der Sport hat dort einen ganz anderen Stellenwert als bei uns. Die Sportler sind anerkannt, man sieht zu ihnen auf, jeder kennt einen. Zu den Spielen kommen die anderen Studenten und unterstützen die Teams. Das ist schon ein anderes Flair als in Deutschland“, weiß auch Trainer Lars Haak und schiebt nach: „Die Jungs fliegen teilweise zu den Auswärtsspielen, dazu gibt es vor Ort eine eigene medizinische Abteilung, die sich hervorragend um die Spieler kümmert. Es ist alles sehr professionell und ein Traum, den man als junger Tennisspieler dort leben kann. Aber auf der anderen Seite erwarten sie natürlich auch viel von den Jungs.

In den Ferien zurück in die Heimat

Erwartungen, die Grabia bereit ist zu erfüllen. Neben dem Umgang mit dem Tennisschläger zählt ein unbändiger Wille zu den großen Stärken des 18-Jährigen. „Meine Motivation ist durch das Stipendium noch größer geworden. Ich möchte es als Sprungbrett nutzen“, sagt er. Kommenden Dienstag steigt Grabia ins Flugzeug, eine Woche später wird er zum ersten Mal im Hörsaal des College sitzen und seine erste Vorlesung besuchen. Das erste Wiedersehen mit der Familie peilt er im Winter während der Semesterferien an, im Sommer will Grabia für rund drei Monate nach Altdorf zurückkehren. Dass er dann wieder auf der Tennisanlage in Altdorf stehen wird, versteht sich von selbst. Ohne Tennis geht es schließlich nicht.

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