Kreistag

Haushalt für die Sozialhilfe im Nürnberger Land steht

Nach Jahren des dauernden Rückgangs stieg die Zahl der Bedarfsgemeinschaften im ersten Shutdown (grüne Kurve) zwar an – blieb aber noch unter dem Wert von Ende 2018 (lila Kurve). | Foto: LRA2021/01/redwebSeite-10.jpg

NÜRNBERGER LAND – Knapp 20 Millionen Euro muss der Landkreis Nürnberger Land in diesem Jahr für die Sozialhilfeleistungen aufwenden, gut 4,3 Millionen Euro davon als Zuschuss aus eigener Tasche, wie Sachgebietsleiter Wolfgang Röhrl bei den Haushaltsberatungen des Kreistagsausschusses für Gesundheit und Soziales erläuterte. Das ist deutlich weniger als noch vor zwölf Monaten.

Trotz der nach wie vor beeindruckenden Summen – zu denen noch rund 4,65 Millionen für Unterbringung und Verpflegung von Flüchtlingen und Asylsuchenden kommen, die die Regierung von Mittelfranken dem Kreis jedoch zurückerstattet, und knapp 19 Millionen für die Jugendhilfe (eigener Bericht folgt)und trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie sprach Röhrl von „einem ganz normalen Jahr für die Sozialhilfeverwaltung“. Für die Mitarbeiter hätten die Kontaktbeschränkungen sogar eine gewisse Entlastung gebracht, weil vor allem „ungeplante“ Besuche im Amt eher die Seltenheit waren. Gleichwohl seien seine Kollegen – wie auch die im Jobcenter – immer telefonisch erreichbar, und zwar direkt: „Wir haben kein Callcenter dazwischen geschaltet“, sagte er.

„Echte“ Ansprechpartner

Das würdigte Michael Groß, Co-Vorsitzender des Caritasverbandes im Nürnberger Land. Es sei „ein hoher Wert“, dass Sozialamt und Jobcenter als „leibhaftige“ Ansprechpartner fungieren und „sich Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, nicht als Nummer fühlen müssen, sondern merken, dass für sie und ihre Sorgen ein echter Mensch da ist“. Gerade in Krisenzeiten, in denen mehr und mehr Gräben entstehen, sei das sehr bedeutend. Landrat Armin Kroder verwies darauf, dass das Amt zwar „nach Corona an der vorhergehenden Terminvereinbarung“ festhalten, aber auch der persönliche Kontakt wieder eine wichtige Rolle spielen werde.

Allen Unkenrufen zum Trotz schlägt die inzwischen fast ein Jahr währende Corona-Krise (noch) nicht auf den Sozialbereich durch. Die Ausgaben sanken 2020 erneut auf 22,79 Millionen, blieben aber auf hohem Niveau – gut doppelt so hoch wie noch 2010 und 2011. Die Einnahmen (sprich: Überweisungen von Bund und Land) wuchsen in diesem Zeitraum fast um das Fünffache auf aktuell 19,25 Millionen. Für 2021 rechnet Röhrl hier mit Ausgaben von 19,7 Millionen, von denen rund 4,3 Millionen vom Landkreis zu zahlen sind.

Wie gewohnt, entfällt der Löwenanteil (77 Prozent) des Zuschussanteils zum Sozialetat auf den Bereich Hartz IV – 3,33 Millionen Euro (insgesamt: 10,07 Millionen) und damit knapp 700 000 Euro mehr als zuletzt veranschlagt Röhrl hier für das Jahr 2021. Er ist zuversichtlich, auch mit dieser moderaten Erhöhung gut über die Runden zu kommen. Zuversichtlich mache ihn, dass das Jobcenter gute Arbeit leiste und sich das Kurzarbeitergeld als ein sehr gutes Mittel gegen Arbeitslosigkeit bewährt habe (die Quote der Jobsuchenden stieg um „nur“ 0,6 Prozent) – und „wir zum Glück eine breit aufgestellte Wirtschaft im Landkreis haben und zum Beispiel nicht von einem großen Automobilhersteller abhängen“. Dennoch warnte er, dass „wir nicht wissen, wie es weitergeht in Zeiten von Corona“.

Demografie schlägt durch

Ein chronisches Problem bleiben überschuldete Haushalte. Laut aktuellem Schuldneratlas der Unternehmensgruppe Creditreform sind davon zwar „nur“ rund 6,3 Prozent der Landkreisbürger betroffen, also etwa 11 000 Menschen und damit deutlich weniger als im Bundes- oder Landesdurchschnitt (9,8 beziehungsweise 7,1 Prozent). Tendenz leicht rückläufig, und das trotz Corona. Als mögliche Gründe führte Röhrl Jobverlust, gescheiterte Selbstständigkeit, aber auch Unfälle, Krankheiten oder Trennungen an. Weil das praktisch jeden jederzeit treffen kann, betrachten die Kreisräte die 128 000 Euro für die Iska in Nürnberg, die die Pflichtaufgabe Schuldnerberatung seit 1993 für den Kreis erledigt, als ebenso gut investiertes Geld wie die 108 000 Euro vom Freistaat für die 2019 an die Landkreise delegierte Insolvenzberatung.

256 000 Euro stellt Röhrl wieder für die Förderung ambulanter Pflegedienste zur Verfügung – um so der demografischen Entwicklung gerecht zu werden und älteren Landkreisbürgern die Chance zu geben, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Weil die Zahl der hier versorgten Landkreisbürger in diesem Jahrzehnt deutlich zunehmen werde, gelte es für die Träger, die Ausbildung zu forcieren und ihr Personal aufzustocken: „Das wird eine Hauptarbeit in den 20er Jahren“, sagte Röhrl.

Lebenswerter Ruhestand

Auch für die Altenhilfeplanung hat Röhrl eine fünfstellige Summe eingeplant, um sicherzustellen, dass „unsere Senioren ihren Lebensabend bei uns verbringen wollen und das auch gut können“. Schwerpunkte sind hier unter anderem eine Neuauflage des beliebten Seniorenwegweisers und die dritte Pflegekonferenz. 20 000 Euro gehen an das im Hersbrucker Rathaus angesiedelte WinWin-Freiwilligenzentrum, das mit seinen drei Mitarbeitern zu Beginn der Corona–Krise neben den üblichen Aufgaben (Freiwilligendatenbank, Ehrenamtskarte) auch eine Datenbank mit all den Aktionen und Initiativen aufbaute, die während des ersten Shutdowns unkomplizierte und schnelle Hilfe anboten.

Die 2011 eingeführten Bildungs- und Teilhabeleistungen wurden im vergangenen Jahr von 2738 Empfängern abgerufen (plus 216) – auch weil „die gesetzlichen Rahmenbedingungen besser geworden sind“ (Röhrl) und Eltern für die Mittagsbetreuung nicht mehr den früher obligatorischen Eigenanteil von einem Euro bezahlen müssen. Rund 460 000 Euro hat Röhrl hier wieder für Schulausflüge, Schulbedarf oder Nachhilfe eingeplant, obwohl auch hier die Auswirkungen von Corona die große Unbekannte sind. 2020 etwa fielen Klassenfahrten und Mittagessen fast vollständig weg.

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Im Schwanken

Nur minimal „nachgebessert“ hat Röhrl bei der „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“, die seit 2014 zu 100 Prozent der Bund übernimmt – immerhin knapp 3,7 Millionen Euro. Die Zahl der Menschen, die auf diese Unterstützung angewiesen sind, war nach dem Höchststand von 629 im Jahr 2014 auf zwischenzeitlich 548 gesunken, stieg aber zuletzt wieder leicht auf 566 an. Betroffen davon waren sowohl diejenigen, die auf diese Unterstützung angewiesen sind, weil sie etwa wegen einer Schwerbehinderung erwerbsunfähig sind (von 263 auf 272), wie Senioren mit zu schmaler Rente, um den Lebensunterhalt zu finanzieren (Stichwort: Altersarmut), deren Zahl von 285 auf 294 anwuchs.

Zu den Pflichtaufgaben des Landkreises gehören auch die „Hilfen zum Lebensunterhalt“, die Röhrl wegen höherer Regelbedarfstufen und neuen Mietobergrenzen leicht auf 370 000 Euro erhöht hat, auch weil die Zahl der Bezieher erneut auf nun 51 sank. Daneben gewährt der Landkreis Vereinen und Organisationen, die auf dem Gebiet der Sozialhilfe tätig sind (Wohlfahrtsverbände, Tafeln und Hospizvereine), auch in diesem Jahr freiwillige Zuschüsse von 83 700 Euro. Die Hospizinitiativen bekommen 1250 Euro, die Tafeln Nürnberger Land 1340 Euro.

Freistaat zahlt

Für das Impfzentrum in Röthenbach muss der Landkreis keinen Cent berappen. Den Mietvertrag habe das Landratsamt als Behörde des Freistaats abgeschlossen, sagte Rapp, die Kosten für das Personal in Röthenbach sowie die Contact-Tracing-Teams am Gesundheitsamt in Lauf gehen zulasten des Staatshaushaltes.

Noch offen ist eine Entscheidung darüber, ob der Kreis sich am Defizit der Geburtshilfestation des Laufer Krankenhauses beteiligt. 2019 habe das bei 1,4 Millionen Euro gelegen, weil aber die für eine Förderung vom Freistaat nötige Geburtenzahl nicht erreicht wurde, floss kein Geld. Im vergangenen Jahr gab es genügend Neugeborene in der Kreisstadt, allerdings lägen noch keine Zahlen zum (möglichen) Defizit vor. Laut Auskunft der Klinik habe die Gewährung eines Zuschusses vom Kreis keinen Einfluss auf den Fortbestand der Station, so Rapp.

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