SCHWARZENBRUCK – Es war eine außergewöhnliche, festliche Ortsbäuerinnen-Arbeitstagung in Schwar-zenbruck. 200 Plätze waren an langen, herbstlich dekorierten Tafeln eingedeckt worden. Und die reichten am Ende gerade aus, um 60 Jahre Landfrauen im Bayerischen Bauernverband zu feiern. Das Jubiläum wird in diesem Jahr landesweit zu verschiedenen Terminen begangen. Die hiesigen Landfrauen entschieden sich dafür, es mit ihrer Arbeitstagung zu kombinieren. Das erwies sich als kluge Wahl, zumal viele ehemalige Ortsbäuerinnen der Einladung zum Mitfeiern gerne gefolgt und gekommen waren.
„Ich denke, es hat sich wirklich für alle gelohnt, so weit zu fahren“, begrüßte Kreisbäuerin Betty Schmidt die Frauen. Die stimmten ihr zu, dass es sich in der Bürgerhalle Schwarzenbruck gut sitzen und feiern lässt. Über 30 selbst gebackene Torten und Kuchen, wahre Kunstwerke heimischer Konditorinnen, standen zum Verzehr bereit.
So gestärkt, ging es dann an die inhaltlichen Dinge der Tagung. Sie wurde musikalisch vom Landfrauenchor Nürnberger Land unter der Chorleitung von Georg Hirschmann und dem Vorsitz von Renate Hirschmann umrahmt.
In einem kurzen Rückblick aufs vergangene Jahr erinnerte Schmidt an die gelungenen Seniorennachmittage mit Fritz Buchner und so genannte Zirkelveranstaltungen zu den Themen Depression, Kräuter, Impfen, Geld und Armut. Der Landfrauentag mit der Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern zum Thema Globalisierung sei gelungen gewesen. „Und sehr gut kam auch der Motorsägekurs für Frauen an“, so die Kreisbäuerin, die sich am Mikrofon auf der Bühne der Halle erneut vornahm, dem Rat ihres Mannes zu folgen und selber auch einmal an so einem Lehrgang teilzunehmen.
Landrat Armin Kroder war um den Termin bei den Ortsbäuerinnen und
-bäckerinnen schon beneidet worden. Ihm war „der beste Kuchen im gesamten Landkreis“ angekündigt worden, was er nur bestätigen konnte. Er hatte im Vorfeld seiner Ansprache darüber nachgedacht, was er mit dem Bayerischen Bauernverband verbindet. „Dabei denke ich an meine Mutter, die seit über 30 Jahren darin aktiv ist“, so Kroder. Auch gelungene Ausflüge, ein besonderer Zusammenhalt, Loyalität und starke, engagierte, selbstbewusste, bodenständige Frauen waren gedankliche Verbindungen. „Gerade in Zeiten der Finanzkrise ist die Rückbesinnung auf traditionelle Werte sehr wichtig“, so der Landrat. Der seine positive Würdigung mit der Übergabe eine Schecks abrundete.
Geld hatte er nicht mitgebracht, doch Schwarzenbrucks Bürgermeister Bernd Ernstberger punktete als einer der wenigen Männer im Saal damit, dass die Gemeinde die Bürgerhalle kostenfrei für die Veranstaltung zur Verfügung stellte. Er berichtete kurz von der über zweijährigen Bauzeit des 3,2-Millionen-Gebäudes, das 2004 eingeweiht wurde.
Einen witzigen Einstieg hatte Kreisobmann Günther Felßner für sein Grußwort gewählt: Ökofleisch, Internetbranche, New-York-Marathon und Sonnenstudio seien die ersten vier Themenbereiche gewesen, die bei der Eingabe des Wortes „Landfrauen“ in eine Suchmaschine erschienen. Vielfältiger könne man die Aktivitäten der wohl größten Frauenbewegung Deutschlands gar nicht beschreiben, die offensichtlich mit der Zeit gehe.
Felßner unternahm einen kleinen Ausflug in die Geschichte der Landfrauen Bayerns: Die Zeit nach dem Krieg sei für viele die schwerste gewesen. Ohne ihre Männer mussten sie ihren Hof oft allein führen. Die 50er und 60er Jahre seien die der hohen Produktion, ja einer wahren Produktschlacht gewesen. In den 70er und 80er Jahren sei die Erzeugung landwirtschaftlicher Güter mehr reguliert worden, gab es Milchseen, Butterberge – aber auch die Emanzipation der Frauen in der Landwirtschaft. Globalisierung, Preisverfall, harte Konkurrenz durch Billiglöhne waren die Worte, die der Kreisobmann für die Zeit von den 90er Jahren an fand.
Er dankte den „Powerfrauen“ mit Betty Schmidt an der Spitze dafür, dass das Verhältnis der Frauen untereinander und zum Kreis so gut sei. Um die guten Kontakte zu vertiefen, lud er zum „Tanz der Landwirtschaft“ am 8. November in Engelthal ein. Dazu seien dann natürlich auch die Männer der Landfrauen willkommen.
Das Wissen der Landfrauen in Sachen gesunder Zubereitung ist heute gefragter denn je. Der Landkreis könnte mehr Ernährungsfachfrauen brauchen, da es immer wieder Anfragen von Schulen und Kindereinrichtungen gebe, so die Kreisbäuerin. Sie forderte die Frauen auf, sich bei ihr zu melden und bei Interesse zur Ernährungsfachfrau schulen zu lassen. Wie viel Spaß die Arbeit mit den Kindern in den drei dritten Klassen der Grundschule Schwarzenbruck macht, schilderte Gerda Maußner. Neben Ausflügen auf einen Bauernhof begleitete sie die Jungen und Mädchen beim Ablegen eines „Ernährungsführerscheins“. Beim Zubereiten leckerer Brote, Knabbergemüse und Nudelsalat lernten die Kinder fast nebenbei, was gesund ist und wovon sie lieber die Finger lassen sollten. Maußner erklärte, dass sie im kommenden Jahr gern wieder in der Schwarzenbrucker Schule aktiv würde.
Über Veranstaltungen der Landfrauen im Winterprogramm informierte Marianne Schmidmair. Sie kündigte unter anderem einen 15-tägigen Lehrgang an „Alltagsbegleiterinnen für Senioren“, der im Januar beginnt und mit einem Zertifikat abschließt. „Ich werde Bäuerin“ ist Thema eines Infoabends im März.
In ihrer frischen Art stellte Betty Schmidt die neuen Zirkelangebote vor, „die sind ein Selbstläufer, zu denen mehr und mehr junge Frauen kommen“. Und legte allen nahe, doch ja zum Landfrauentag im März zu gehen. Gesundheitsexperte Thomas Eberl kommt „und der lohnt allein des Anschauens wegen“. Mit den Themen Gedächtnistraining, Wald, Landwirtschaft in Afrika, Vermehrung von Blumen und mögliche Vererbbarkeit von Tumoren bietet die berufliche Erwachsenenbildung der Frauengruppe Kreis Nürnberger Land für diesen Winter eine bunte Infomischung. Schmidt regte zudem lockere Stammtischrunden an, bei denen sich die Mitglieder benachbarter Ortsgruppen bei Bedarf treffen könnten.
„Eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht“, hatte Bezirksbäuerin Marlene Mortler ihren Rück- und Ausblick überschrieben.„Mit Stolz können wir sagen, die größte und stärkste Vertretung für Frauen aller Generationen im ländlichen Raum zu sein“, so die Bundestagsabgeordnete.
Allein der Bezirk Mittelfranken zähle heute mehr als 20.000 Landfrauen. Die Gründung einer eigenen Interessenvertretung sei in einer Zeit erfolgt, die Mut, Weitsicht auf Jahrzehnte und den ungebrochenen Willen erfordert habe. 1947 sei ein Hungerjahr gewesen, zitierte sie den Regierungsvizepräsidenten Dr. Eugen Ehmann, während der Berlin-Blockade 1948 habe der „Bayerische Kartoffelkrieg“ getobt. Die Bayern verweigerten die Ablieferung der Feldfrüchte für Berlin, da sie selber wenig hatten. Das Bild der Landfrau als klassische Bäuerin wandle sich zunehmend. Sie stünden vielmehr mitten in der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung. Und in welche Richtung sie gehen, das sage auch etwas aus über die gesamte Zukunft des ländlichen Raums.
Die Bundestagsabgeordnete schlug einen Bogen von den Frauen vor Ort zum Gleichgewicht einer Welt, die sich immer schneller drehe. Da sei es wichtig, mit Herz und Verstand mitzuhalten. Jeder Einzelne könne im Rahmen seiner Möglichkeiten auch dazu beitragen, herrschende Ungerechtigkeiten auf der Welt zu bekämpfen.
Noch immer herrsche Armut, hätten eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser, könnten 121 Millionen Kinder keine Schule besuchen, zwei Drittel davon seien Mädchen. Niemand dürfe die Augen vor diesen Problemen verschließen, sagte die Abgeordnete. „Auch wenn wir Landfrauen in Bayerns Bauernverband heute allen Grund haben, dankbar zurück und mutig nach vorn zu schauen.“