LAUF — Das Darmbakterium EHEC sorgt bundesweit für immer neue Negativschlagzeilen. Bei den Laufer Geschäften indes hat es bisher nicht zu Umsatzeinbußen bei Obst und Gemüse geführt: Die Menschen im Nürnberger Land kaufen mit Bedacht, aber sie kaufen. Zwei Verdachtsfälle im Laufer Krankenhaus haben sich nicht bestätigt.
„Unser Obst- und Gemüsegeschäft läuft fast völlig normal“, sagt EWS-Geschäftsführer Georg Münch. Festzustellen sei, dass die Menschen in Zeiten von akuten Lebensmittelskandalen wie diesem vermehrt heimische Produkte nachfragen. „Im Moment haben wir holländische Gurken und solche aus dem Knoblauchsland im Angebot, wobei wir bei Letzteren schon zusehen müssen, dass wir genug herbekommen“, berichtet er. Spanische Gurken haben im Kaufmarkt in der Hersbrucker Straße seit rund zwei Wochen nicht im Regal gestanden. „Wenn wir aber welche gehabt hätten, hätten wir sie sofort aus dem Sortiment nehmen müssen, Anweisung von der Lebensmittelüberwachung am Landratsamt“, so Münch.
Eine Phänomen im Kaufverhalten beobachtet Münch dennoch: das der „Sippenhaft“. Wenn sich herumspricht, dass von Gurken aus Spanien eine Gefahr ausgeht, kauft der Kunde tendenziell keine Gurken und überhaupt nichts mehr aus Spanien. „Bei uns fällt das nur nicht so sehr ins Gewicht, weil uns unsere Kunden durch unsere lange Tradition großes Vertrauen entgegenbringen“, freut sich Münch.
Ähnlich geht es Ali Atli mit seinem Gemüsegeschäft am Hersbrucker Tor in Lauf. „Die Leute sind schon vorsichtig und fragen viel nach“, berichtet er. „Aber wir haben seit zwei Monaten nur noch Gurken aus dem Knoblauchsland und mit denen ist ja alles in Ordnung“, so der Türke. „Das heimische Gemüse ist wunderschön, warum sollte ich da welches aus dem Ausland verkaufen?“
Seit 1977 betreibt Atlis Familie ihr Gemüsegeschäft, seit einigen Jahren besitzt er außerdem ein Restaurant am Nürnberger Tor – man kennt ihn in Lauf. Auch deswegen, so ist er sich sicher, kaufen die Kunden sein Gemüse eher als das eines Discounters.
Einen Steinwurf entfernt, im Bio-Supermarkt von Erika Vogel, ist von Aufregung über EHEC ebenfalls wenig zu spüren. Sie hat für ihre Kunden extra Info-Täfelchen aufgestellt und steht selbst und mit ihrem Team jederzeit für Fragen bereit. „Am Umsatz merke ich nichts“, sagt sie, „aber die Leute wollen eben informiert werden“, berichtet sie. „Wo unsere Produkte genau herkommen, steht sowieso dran. Gefragt wird jetzt ganz konkret, wie sicher es ist, diese Gurke zu essen.“ Vogel achtet im Einkauf ihrer Produkte auf möglichst wenige Zwischenschritte, sodass sie im Zweifelsfall einfach direkt beim Erzeuger nachfragen kann.
Bisher scheinen die Menschen aus Lauf und Umgebung gut gefahren zu sein mit ihrer Einkaufsstrategie: Im Laufer Krankenhaus jedenfalls gibt es bisher keinen Fall von EHEC. „Wenn zu uns jemand mit Durchfall kommt, untersuchen wir ihn zwar seit einigen Tagen unter anderem auf das EHEC-Bakterium“, sagt Dr. Lothar Goltz, Chefarzt der Inneren Medizin am Krankenhaus in der Simonshofer Straße. „Aber auch nur dann, wenn Blut im Stuhl ist und der Patient unlängst in Norddeutschland war.“ Das seien seit Bekanntwerden der sprunghaften EHEC-Verbreitung zwei Menschen gewesen, so Goltz.
Und wenn jemand das Darmvirus hätte? „Dann würden wir ihn symptomatisch behandeln, das heißt Transfusionen gegen die Austrocknung und engmaschige Blutbild- und Nierenuntersuchungen, weil EHEC in vielen Fällen auf die Niere geht“, so der Internist. „Außerdem würden wir den Patienten isolieren“, beschreibt er den Ablauf. Das hieße Einzelzimmer, Einzeltoilette sowie Pfleger mit Mundschutz, Einmal-Kittel und -Handschuhen. „Das tun wir aber auch bei jedem Fall von Noro- oder Rotaviren und Salmonellen. Unseren Betrieb legt das nicht lahm“, beruhigt der Mediziner.
Ein Medikament, einen Impfstoff oder sonst eine spezifische Behandlung gibt es noch nicht, ob bald ein Mittel gefunden werde, sei reine Spekulation, so Goltz. Der EHEC-Keim sei auch nichts Neues, Mediziner kennen ihn seit Jahren. Neu sei nur die Häufung der Fälle: Mehrere Hundert in Deutschland wie in den letzten Tagen habe man sonst im Lauf eines Jahres verzeichnet.
Trotz der ständig steigenden Fallzahlen – bundesweit zählte man am Freitag über 800 – ist man also gelassen im PZ-Gebiet. Zum Beispiel in Schwaig. In der dortigen Edeka legt eine Kundin am Donnerstagabend zwei Schlangengurken aufs Band und fragt die Kassiererin: „Die sind aber nicht aus Spanien, oder?“ Die Befragte antwortet: „Die kommen aus dem Knoblauchsland“. Darauf die Kundin scherzhaft: „Na, dann ist ja nur Kerosin drauf. Das sind wir ja gewohnt“, und packt ihre Gurken ein.