BURGTHANN – Seit 2010 finden die Burgthanner Dialoge im Jahresrhythmus statt. Heuer war das Thema „Emotionen statt Vernunft? Sehnsucht nach einem anderen Wirtschaftsleben“, und die Organisatoren rund um die Publizistin und Nachhaltigkeitsexpertin Dr. Alexandra Hildebrandt hatten wieder zahlreiche Entscheider aus Politik und Wirtschaft ins Haus der Musik in Burgthann geladen. Ein beliebter und gut besuchter Termin – nicht nur wegen der interessanten Referenten, sondern auch, weil es sich im Anschluss prima „netzwerken“ lässt.
„Wir in Deutschland nehmen für uns in Anspruch, die erfolgreichste Volkswirtschaft zu sein“, eröffnet Bürgermeister Heinz Meyer den Abend. Dennoch schaffe man es nicht, dass die Firmen, die in der Neuzeit den Markt beherrschten, auch hier gegründet würden, fährt er fort. „Das stimmt mich traurig, denn wir haben gute Universitäten und forschen wie die Weltmeister, doch die wirklich knalligen Dinge kommen immer von woanders her“. Die Deutschen müssten ihre Arbeits-Tugenden vielleicht anpassen, denn die Erfordernisse in Denkfabriken seien andere als in Fertigungsfabriken, fügt er hinzu, bevor er das Mikrofon an Dr. Alexandra Hildebrandt übergibt. Sie stellt im Verlauf des Abends die Referenten vor, moderiert und hakt mehrfach freundlich aber auch kritisch nach.
Gewitter aus Bildern
Routiniert begrüßt Dr. Hildebrandt die Zuhörer und stellt Tim Leberecht vor, einen Innovations- und Marketingexperten aus San Francisco. Dessen Vortrag bricht wie ein Gewitter aus Bildern, Animationen, Statistiken, Firmen, Erfindern und Apps über die Zuhörer herein. Leberecht gibt zahlreiche Beispiele für aktuelle und teils abstrus anmutende Technik-Trends. Von Trennungs-Dienstleistern und Navigationsprogrammen mit Verirr-Garantie bis hin zu Pop-Up-Läden, die nur einen einzigen Tag lang geöffnet haben und dann wieder verschwinden. Sein zentrales Thema aber ist die Romantik, die den Unternehmen in unserer kühl kalkulierten Zeit zunehmend verloren gegangen sei. Man müsse als Dienstleister den Kunden wieder Intimität bieten und Emotionen wecken, wozu auch manchmal Leiden gehöre, so Leberecht. An dieser Stelle erinnert er an Möbelhersteller, deren Anleitungen so manchen Heimwerker verzweifeln ließen und die dennoch geliebt würden.
Achtung Bankgeheimnis
Johannes T. Barth, Hauptaktionär und Vorsitzender der Schweizer Sallfort Privatbank AG, stellt nicht nur sein Familienunternehmen vor, sondern erzählt auch von den Schwierigkeiten der Finanzbranche, mit den gestiegenen Erwartungen der Kundschaft Schritt zu halten und in Zeiten von E-Mails, SMS, WhatsApp und Börsen-Apps das Bankengeheimnis aufrecht zu halten. Einen besonders stimmigen Vortrag, ganz ohne Powerpoint-Folien, liefert schließlich Bert Martin Ohnemüller. Der eloquente Marketingexperte geht direkt ins Publikum und spricht im Plauderton von Hirnforschung, Evolutionsbiologie, Körpersprache, Ethik und Unternehmensführung. Dabei schlägt er sogar den Bogen zwischen einem zuvorkommenden Hotelier, der ihm in der Sauna ganz selbstverständlich etwas zu trinken gebracht habe, und der aktuellen Flüchtlingskrise: „Meine Großmutter hat immer gesagt: Behandle Menschen, wie Du selber behandelt werden möchtest. Aber machen wir das?“, fragt Ohnemüller die Zuhörer.
Der für viele Gäste vielleicht interessanteste Teil der Veranstaltung beginnt freilich nach den Vorträgen: Bei gutem Essen und kalten Getränken stehen sie noch bis in den späten Abend hinein zusammen, unterhalten sich, tauschen Visitenkarten aus, lachen. Nicht wenige bedanken sich persönlich bei Dr. Hildebrandt. Viele der Zuhörer waren schon in den Vorjahren zu Gast und wissen, dass sie auch 2017 dabei sein werden. Man muss kein Kommunikationsexperte sein, um zu erkennen, dass die eigentlichen Burgthanner Dialoge erst jetzt beginnen.