LIERITZHOFEN – Mit dem Traktor geht es hinauf auf die Wiese. Dort – neben den friedlich grunzenden Weideschweinen in ihrem großen eingezäunten Areal – stehen zwei Stühle und ein Grill bereit. Der Ausblick über die sonnenbeschienenen Hügel und Täler hinter Lieritzhofen ist traumhaft. Perfekt für ein Sommergespräch mit einem mutigen, positiven und leidenschaftlichen Menschen: Thomas Schwab betreibt seit drei Jahren den Schwabhof mit Bio-Weideschweinen.
„Ich liebe diesen Platz“, sagt Thomas Schwab und strahlt. Er blickt auf sein Schweine-Paradies von 5,8 Hektar Wald und Wiese. „Nachts wird es hier stockfinster und die Milchstraße ist zum Greifen nah“, schwärmt der gebürtige Hersbrucker. Ihn verzaubere die Stimmung, vor allem bei Sonnenuntergang, und die große Stille, die nur vom Grunzen der Tiere unterbrochen wird. „Manchmal stören da sogar die Geräusche der Windräder.“
Dass das Gespräch hier oben stattfindet, liegt nicht nur am wunderschönen Fleckchen Natur, sondern auch an der Tatsache, dass auf dem Hof in Lieritzhofen nichts zu sehen ist. Die Stallungen stehen leer. „Die Schweine sind ja auf der Weide.“ Früher, als der Onkel von Thomas Schwab den Grund noch bewirtschaftet hat, war das anders. „Er war bis zu seinem 65. Lebensjahr Bauer im Vollerwerb mit Kühen, Schweinen und Ackerbau.“ Dann legte er den Hof still – und die Entscheidung für Schwab rückte näher.
Denn der Onkel war alleinstehend, Schwab Einzelkind. „Ich war der einzig mögliche Erbe und das wusste ich.“ Nur in der Zeit, wo man den beruflichen Weg einschlägt, war „Landwirtschaft nicht sexy“. Zumal 18 Hektar Wald und Wiesen sowie 15 Hektar Wald eigentlich „viel zu klein sind für eine Existenz“. Also studierte Schwab Lebensmitteltechnologie, lernte dabei seine Frau kennen und schlug die Manager-Laufbahn ein – „ein extremst fordernder und stressiger Job“. Sie bauten ein Haus in Waldenbuch bei Böblingen und haben eine heute 19-jährige Tochter. Aber im Hinterkopf spukte immer der Hof herum. „Es ist ein Entwicklungsprozess gewesen“, meint er rückblickend.
Über die Jahre wurde ihm immer klarer, dass er die Verantwortung für den Hof übernehmen muss: „Der ist zu schön und zu kostbar und ich wollte nicht die Generation sein, die das Gut auf- und weggibt.“ Aber was sollte er damit machen? Auf keinen Fall klassischen Bauer, der abhängig von Milchpreis und Handel ist. Es galt, eine Nische zu finden. Da halfen ihm Kindheitserinnerungen: Als Bub begleitete er oft seinen Vater, einen Dorfmetzger. „Damals hat man ein Schwein vom Leben ins Wurstglas an einem Tag befördert.“ Heute ist die Kette viel länger. „Ich kann die Welt nicht ändern, aber im Rahmen meiner Möglichkeiten Alternativen aufzeigen.“
Es kristallisierte sich also biologisches Arbeiten, artgerechte Haltung – und damit die exotischen Weideschweine –, Direktvermarktung und eine Verarbeitung des Fleisches an einem Tag heraus. „Das ist eine wichtige Methode, so sind beim schlachtwarmen Fleisch keine Bindemittel und Phosphate nötig.“ Wer denkt, Schwab tötet seine Tiere, die gerade friedlich im schattigen Wald dösen, weil sie aufgrund fehlender Drüsen nicht schwitzen können, gerne, liegt falsch: „Mir hat das schon als Kind nicht gefallen.“ Aber Schwab hat für sich entschieden: „Wenn ich Fleisch essen will, dann ist das nötig.“ Er denkt aber, dass aufgrund seiner Arbeitsweise mehr Respekt für die Schweine da ist als bei der industriellen Verarbeitung.
Positive Energie im Fleisch
Im Schnitt zwei Schwäbisch-Hällische müssen im Monat ihr Leben lassen. Welche beiden auf den Hänger schreiten, entscheiden die Tiere selbst, meint Schwab. Gelockt werden sie mit frisch gekochten Kartoffeln, ihrer Leibspeise. Dann geht es schnell zum Schlachten ins Gasthaus Sebald in Lieritzhofen, wo Schwab versucht, dass die Tiere möglichst wenig vom Sterben des Kollegen mitbekommen. „Die gute Qualität kommt von der positiven Energie im Fleisch, der Bewegung und dem Alter.“ Je älter die Sau, desto ausgereifter Schäufele, Kotelett und Co. Da die Marmorierung in den Muskeln erst mit 12 bis 13 Monaten beginnt, dürfen Schwabs Schweine mindestens so lange über die Weide streifen.
Auch wenn Schwab das Töten nicht mag, so fasziniert ihn der Metzgerberuf sehr: „Das ist handwerkliche Kunst, für die man chirurgische Fähigkeiten braucht.“ Und der oft unterschätzte Landwirt mit seinen vielseitigen Aufgaben hat ihn ebenfalls gefangen: Was muss man machen, wenn der Traktor nicht anspringt? Wie verhindert man Disteln im Acker ohne Dünger? Denn Schwab düngt nicht und kauft kein Futter zu – seine Schweine werden von seinem Land ernährt. „Ich brauche Magie hinter meinem Tun“, begründet er, warum er gleich zwei Dinge angefangen hat, von denen er keine Ahnung hatte.
Kein Wunder, dass ihn viele für verrückt erklärten – obwohl er sich mit einem Businessplan im Rücken alles genau überlegt hatte. Die Familie war zunächst nicht begeistert, die Entscheidung, Heim und Frau im Schwabenland tageweise zu verlassen, fiel schwer. Auch sein Chef dachte, es liege an der Bezahlung. „Mir sagte mein Herz, ich muss das jetzt tun, sonst bereue ich es, wenn es zu spät ist“, erzählt der 55-Jährige. Dass er damit eine Lebensentscheidung trifft, darum beneidete ihn sein Chef. Freund und Familie ließen sich von seinem starken Willen mitziehen. „Das war ein magischer Moment.“
Am 1. April 2015 stand Thomas Schwab auf dem Hof: „Alles war brach.“ Der Onkel, auf dessen Hilfe er gebaut hatte, war kurze Zeit vorher verstorben. „Oft frage ich mich, was er heute zum Hof sagen würde.“ Jetzt geben ihm die Einwohner Tipps – und das Veterinäramt half ihm in Sachen Schweinehaltungshygiene-Verordnung. Aufgrund dieser und der hohen Wildschweindichte gibt es einen 1,6 Kilometer langen und 30 Zentimeter tief eingegrabenen Zaun um das Gelände, darin einen Elektrozaun, Wassertanks, Futterautomaten, isolierte Hüttchen für die ganzjährig draußen lebenden Tiere und eine Hygiene-Schleuse im Bauwagen. „Wir haben alles so organisiert, dass wir die täglichen Arbeiten von außen erledigen können.“
Kein Plan B-Mensch
Im Juli 2015 zogen 12 Sauen ein, heute hat Schwab 28 Stück in drei Generationen. Noch kauft er die Ferkel zu. Das soll sich aber ändern. Im Frühjahr will er sich eine Muttersau anschaffen. Außerdem plant er, einen Zerlegeraum im Stall einzurichten. Und damit nicht genug: „In zwei Jahren möchte ich den Betrieb verdoppeln.“ Das Weideland kann er auf acht Hektar erweitern, dann könnte er nach Bio-Richtlinien 80 Schweine halten – die Höchstgrenze. „Ich muss die ja ernähren können ohne Zukauf.“
Wenn der Franke, der sich selbst als „esoterischen Menschen“ bezeichnet, von seinem Schwabhof spricht, redet er über ein Projekt: „Ich weiß nicht, ob es wirtschaftlich wird.“ Hat er jemals an Scheitern gedacht? „Nein, ich bin kein Plan B-Mensch.“ Wenn man sich damit beschäftigt, wird es nichts, ist er überzeugt. Und scheitern wird Thomas Schwab auf keinen Fall: „Ich habe alles mit Eigenkapital finanziert und durch das Bio-Land einen Mehrwert erzielt.“ Und Glück, Zuversicht und ansteckende Leidenschaft hat er auf seiner Seite.
Welch super Werbung und Schönreden. Von den Bedenken der Anwohner liest man nichts. Man könnte ja glauben der Herr Schwabe sei der Übergutmensch der Landwirte. Objektive Berichterstattung sieht anders aus.