NÜRNBERGER LAND – Es sind zwei Berufsgruppen, die von der Coronakrise in unterschiedlicher Weise gebeutelt wurden: Während Pflegekräfte unter einer fast nicht zu bewältigenden Arbeitslast ächzten, brachen Künstlern die Ausstellungsmöglichkeiten und Einnahmen weg.
Der Nürnberger Künstler und Leiter einer Jugendkunstschule, Reinhard Bienert, hat nun eine Aktion ins Leben gerufen, die beide zusammenbringt. An dem Kunstprojekt „Helfer sichtbar machen“ beteiligen sich inzwischen 70 Künstler deutschlandweit, aus Österreich, Tschechien und Lanzarote, und porträtieren Pflegekräfte aus ihrem Umfeld. Auch aus der Region sind ein paar Kunstschaffende und ihre Porträtmodelle dabei.
Es gibt kaum ein intensiveres „Gesehenwerden“ als das eines Modelles, das für ein Porträt sitzt. Oft für Stunden wandert der Blick des Malers vom Modell zur Leinwand und wieder zurück. Gesehen zu werden, das war es, was viele Pflegekräfte sich gewünscht haben, schon bevor in der Coronakrise die Arbeitsbedingungen noch härter als bisher wurden. Die Künstler, die sich an der Kunstaktion „Helfer sichtbar machen“ beteiligen, können zwar den Pflegenden weder die gesellschaftliche noch die finanzielle Anerkennung ihrer Leistung verschaffen, aber sie sehen doch genau hin, sehen die Person hinter dem Kittel und der Maske, die Person, die auch noch ein Leben nach Dienstschluss hat, gerne gesellig und fröhlich ist oder Tiere liebt.
Begegnung statt Foto
Reinhard Bienert, der die Aktion ins Leben gerufen hat, erkrankte während der Coronazeit selbst schwer. Die aufopfernde und ohne großes Aufhebens verrichtete Arbeit seiner Pflegerinnen und Pfleger beeindruckte ihn so, dass er sich revanchieren wollte. Er selbst porträtierte die 28-jährige Altenpflegerin Selina Weidlich, seit fast zehn Jahren in der ambulanten Pflege tätig. Bienert wollte nicht vom Foto abmalen, sondern echte Begegnung stattfinden lassen. Mit der enormen Resonanz auf seinen Aufruf unter seinen Berufskollegen, mitzumachen, hatte er nicht gerechnet. Auch dass Presse und Fernsehen die Aktion beleuchten, kam für ihn zunächst unerwartet. Der Nürnberger Künstler, der in seiner „Kunst und Design Schule“ junge Menschen auf künstlerische Berufe vorbereitet – wenn die Kurse nicht gerade coronabedingt ausfallen müssen –, will den Blick auf beide Berufsgruppen richten: die teils „arbeitslosen“ Künstler und die oft überlasteten Pflegekräfte.
Auch in der Region haben sich Kunstschaffende beteiligt: Beide Eltern von Alena Scharrer aus Happurg arbeiten in Pflegeberufen. Ihnen hat sie in anrührenden und innigen Porträts ein Denkmal gesetzt und ihre Werke „Mama“ und „Papa“ genannt.
Gefühle auf Holz
Ute Plank hat fünf Porträtversuche ihrer Tochter in Aquarell auf einen Holzuntergrund versammelt. „Annäherungen an Paula“ zeigt die junge OP-Schwester, die in den vergangenen Monaten oft auf der Intensivstation ihres Krankenhauses eingesetzt war, um dort Coronapatienten zu pflegen. Ina Schilling aus Wendelstein hat gleich vier Helferinnen gemalt. Dabei legt sie Wert auf die Internationalität ihrer Modelle, die in Wendelstein arbeiten. Ihre Gegenüber haben Wurzeln in Ägypten, Kamerun und Vietnam und Ina Schilling hat ihre Persönlichkeiten auch noch in farbenfrohen Symbolen rund um die Gesichter verdeutlicht. Ina Schillings Appell an die Volksvertreter lautet: „Wo wären wir ohne diese Menschen? Bezahlt sie endlich besser!“
Walter Bauer hat bereits die Müllmänner Nürnbergs im Akkord porträtiert und damit eine gern übersehene Berufsgruppe ins Licht gerückt. Sich an der Aktion „Helfer sichtbar machen“ zu beteiligen, war für ihn somit eine Selbstverständlichkeit.
Sponsoren gesucht
Bis zum 30. Juni sollen alle Porträts fertiggestellt sein. Dann gibt es eine Online-Ausstellung, geplant sind eine Galerie- und Wanderausstellung, deren erste Station ab Ende Juli die Kreisklinik in Roth sein wird. Gesucht werden derzeit noch Sponsoren, die die Künstler und das Projekt privat oder als Institution unterstützen möchten – alle Künstler haben sich bisher ohne Honorar beteiligt. Die Stadt Hersbruck hat bereits 500 Euro in den Fördertopf gelegt und es bestehen Aussichten, dass die Schau auch in Hersbruck zu sehen sein wird.
Wer sich bereits jetzt ansehen möchte, was entstanden ist, findet in der ARD Mediathek unter Frankenschau aktuell einen Beitrag vom 26. Mai. (www.ardmediathek. de/video/frankenschau-aktuell/kuenstler-machen-helfer-in-nuernberg-sichtbar/br-fernsehen/). Sponsoren können sich direkt an Reinhard Bienert wenden unter [email protected].