DEHNBERG – Gott sei Dank ist sie wieder da! Luise Kinseher bewies jetzt im Dehnberger Hof Theater, dass sie als Mama Bavaria ihre Kinder nicht vergessen hat. Demnächst kehrt sie mit ihrer Paraderolle sogar ins Bayerische Fernsehen zurück.
Es war ein größerer Schock als der immer noch drohende Abgang von Horst Seehofer: Vor einem Jahr verkündete Kinseher beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg, dass sie nach acht Jahren als Mama Bavaria aufhört. Wer nun aber im lange ausverkauften „Dehnberger“ ihr aktuelles Bühnenprogramm „Mama Mia Bavaria“ sehen durfte, versteht, wie gut der Kinseher dieser Ausstieg tut.
Sie muss nicht mehr im Angesicht von Seehofer und Söder die Balance zwischen politischer Frechheit und fernsehtauglichem Charme finden. Sie darf sich in der intimen Scheune von Dehnberg minutenlang in einen Small Talk mit einem wortkargen fränkischen Rentner hineinsteigern, bis sie selbst vor Lachen fast nicht mehr weiter kann. Der pensionierte Arzt aus der ersten Reihe lieferte der Mamma mit seiner verquasten Auskunft, er sei „im Gesundheitswesen tätig gewesen“, eine Steilvorlage für weitere Fragen und Frotzeleien – und dem Publikum eine anhaltende Zusatz-Gaudi.
Sie singt und jodelt
Auch das Programm selbst ist diesmal weniger eng und stringent gestrickt. Eigentlich ist Mama Bavaria zurückgekehrt, weil in Bayern und auf der Welt alles drunter und drüber geht und sie daher die Bedeutung der bayerischen Heimat für die Welt und das Weltall klarstellen muss. Doch dieser rote Faden geht auch einmal verloren. Schließlich singt und jodelt die Kinseher gern – und sehr gut. Und auch ihre anderen Figuren wollen ja auf die Bühne: die biestige Ehefrau Helga Frese sucht mal wieder nach ihrem debilen Heinz und die „Famous Mary from Bavaria“ erzählt im Dauerrausch aus ihrem Liebesleben mit dem Chinesen Wan Tan.
Und doch kristallisiert sich im Laufe des Abends eine verstecke Botschaft der besorgten Mama heraus: Wer die Suche nach der Heimat als Abgrenzung vom vermeintlich Fremden versteht, der hat die bayerische Geschichte nicht begriffen. Die Bayern (und gnadenhalber schließt Kinseher die Franken mit ein) haben seit der Römerzeit immer wieder Einwanderer- und Flüchtlingsströme integriert, haben sich genetisch verschmolzen und sind doch urtümlich und eigen geblieben. Oder – um es in der etwas schlichteren Sprache der Mama zu sagen: „Der Bayer geht ins Wirtshaus, und was da ist, wird z’amg‘vögelt.“
Ob in solchen sinnlichen Bildern oder mit steilen Ausflügen in die Philosophie vom Menschsein und Mensch bleiben: Luise Kinseher erläutert mit ihrem witzigen Blick auf die Geschichte ganz nebenbei ihre humanistische Moral. Ihr schauspielerisches und komödiantisches Talent, ihre Präsenz und Spontaneität kann sie auf der kleinen Bühne viel besser ausleben als am großen Nockherberg mit Live-TV-Übertragung. Ihr neues Fernsehformat im BR (ab 28.2.) wird dem entsprechend die heimelige Wohnstube mit ausgewählten Gästen sein. Ob – wie in Dehnberg – fränkische Rentner dabei sind, bleibt abzuwarten.