Kultmetzgerei in Geru-Halle

Boggnsagg rechnet ab

Azubine Schalodde, Schorsch Boggnsagg, Frau Taubertal und Herr Nüsterlitz (von links) sorgten für eine volle Geru-Halle in Hersbruck. | Foto: D. Seitz2017/11/Boggnsagg2.jpg

HERSBRUCK – Volles Haus in der Metzgerei Boggnsagg: Der fränkische Kult-Komiker Bernd Regenauer zeigte in der Geru-Halle, warum seine Radioreihe um die berühmteste Metzgerei Nordbayerns so erfolgreich ist. Sie ist ein Spiegel der fränkischen Seele.

Über so viele anstrengende Kunden kann sich Metzger Boggnsagg nur die Haare raufen. Da beschwert sich Baureferent Nüsterlitz über seinen zugezogenen Nachbarn, der einfach in seinem Garten einen Teich anlegt und ewig lärmende Koi-Karpfen darin herumplanschen lässt. Hauptsache gemeckert.
Dann auch noch die Ansprüche der Kundschaft: Der falsche Hase sieht aus wie eine Weißwurst? „Is halt a schlechte Fälschung“, so die trockene Antwort des Metzgermeisters. Aber es gibt auch feinfühlige Kundenberatung à la: „Wenn’s a Hirn mit heimbringen, wird sich ihr Frau bestimmt freu’n.“

Schiggimiggi-Wachteln

Doch Boggnsagg und seine Azubine Schalodde sind auch weltoffen. Für Kundinnen wie Frau Taubertal haben sie sogar eine Feinkostecke eingerichtet. Dort findet man sogar eingelegte Wachtelhoden aus Neuseeland, „für die verfress’ne Schiggimiggi-Bagaasch“, wie der Metzger leicht gereizt erklärt.

Und auch das Geheimnis um den Einheitspreis von 12,80 Euro wird gelüftet: Charlotte wird gleich am ersten Tag angewiesen, mit dem Daumen an der Waage den Preis zu regulieren. Ob das nicht Betrug sei? „Meine Kunden wolln beschissen wern, weil sie sin‘ Franken und sin‘ scho immer beschissen worn“, lautet das Credo des Metzgers.
Derart fränkisch-trocken rechnen Boggnsagg und seine Kunden mit der Welt ab: Jugendsprache, Leitkultur und die Dieselaffäre werden gewohnt feinfühlig analysiert, für Vegetarismus und andere psychische Probleme zeigen sie großes Mitleid.

In seinem Laden findet sich ein Mikrokosmos an verschiedensten Charakteren. Damit spiegelt Regenauer den Gästen in der voll besetzten Geru-Halle wider, wie die Franken halt so sind: Manchmal konservativ, machen nicht unüberlegt jeden Trend mit, ehrlich und zurückhaltend in der Sprache und, wenn es sein muss, auch ganz direkt („die Ochsenschwänz‘ müssen wech, die fangen bald wieder an zu wedeln“).
Boggnsagg ist ständig überarbeitet und ein ewiger Griesgram, dem als letzter Kommentar zu dem ganzen G’schmarre meistens nur noch die verzweifelte Frage einfällt, die längst zum Klassiker geworden ist: „Wo is’n des Hirn…?“

Wurst mit Charakter

Doch in ihm und seiner fränkischen Kundschaft stecken jede Menge Wortwitz und ungeahnte Fähigkeiten: Der Metzger dichtet blumig und umschreibt lyrisch wie ein Weinkenner die Charaktere seiner Wurstwaren. Wurstverkäuferin Charlotte entpuppt sich plötzlich als echtes Mathe- und Astronomie-Genie, und der Kunde Nüsterlitz glänzt in physikalischer Philosophie: „Eine erwünschte Bratwurst ist durch die Krümmung im Raum-Zeit-Kontinuum relativ gesehen nie erreichbar.“ Nicht verstanden? Wo is’n des Hirn…?

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