BERCHTESGADEN – Im bekannten Wintersportort unter dem Watzmann fanden die nationalen Deutschen Special Olympics Winterspiele statt – kurz vor dem corona-bedingten „Lockdown“. Mitten drin unter den rund 900 Teilnehmern der Olympischen Spiele für Menschen mit geistiger sowie Mehrfachbehinderung: die wieder einmal recht erfolgreichen Stockschützen vom Münzinghof.
Vom 2. bis 6. März bestritten die Athleten – darunter auch Delegationen aus Finnland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz – unter dem Motto „Gemeinsam stark“ in acht Sportarten ihre Wettbewerbe, mehr als 150 von ihnen gingen in Unified Wettbewerben an den Start. Die meisten Starter bei den nationalen Winterspielen stellte Special Olympics Bayern mit insgesamt 345 Männern und Frauen. Sie alle kämpften um je 510 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, 1490 Schleifen für die Plätze 4 bis 8 und 1000 Teilnehmer-Schleifen – begeistert angefeuert von knapp 9000 Zuschauern, Gästen und Schülern des Fanprojekts. Und das, obwohl die 1968 auf Initiative von Eunice Kennedy-Shriver, Schwester des US-Präsidenten John F. Kennedy, ins Leben gerufenen Special Olympics relativ unbekannt sind und häufig mit den Paralympics, den Spielen für Menschen mit Körperbehinderung, verwechselt werden.
8 Sportler, 4 Betreuer
Vergeben wurden die heiß begehrten Medaillen in den sechs Disziplinen Ski alpin, Langlauf, Snowboard, Schneeschuhlauf, Floorball sowie beim Stocksport (Eisstockschießen), der Paradedisziplin der Sportler vom Münzinghof, der zwei Athletinnen, sechs Athleten und vier Betreuer zu den Wettkämpfen schickte. Norbert Gebhardt und Lisa Taubmann hatten sich extra dafür Urlaub genommen, um „ihre“ Sportler hautnah begleiten und betreuen zu können.
Schon seit Jahren wird Stocksport auf der Anlage des TSV Velden von den Münzinghofern in ihrer Freizeit betrieben. Für die Vorbereitung auf die diesjährigen deutschen Winterspiele wurde intensiv trainiert. Weil bereits seit Oktober auf der nun überdachten und renovierten Bahn des TSV Velden geübt werden konnte, war ein regelmäßiges Training auf einer neuen und geraden Bahn bei wirklich jedem Wetter möglich.
Viele Spender
Dank großzügiger Sponsoren konnte die gesamte Delegation neu eingekleidet werden – die Firma Art Di Como aus Lauf stellte T-Shirts und Pullover, Création Gross aus Hersbruck ebenfalls T-Shirts und die Firma ProbatumSun aus Laibelfing warme Winterjacken zur Verfügung. Dass eine Woche Berchtesgaden für 12 Personen keine billige Angelegenheit ist, kann sich wohl jeder vorstellen. Hier half die Schnaittacher Firma Clever Systemtechnik mit einem großzügigen Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Das Autohaus Pillenstein aus Fürth stellte für die gesamte Woche einen 9-Sitzer VW-Bus zur Verfügung. „Ohne diese Unterstützung wäre eine Teilnahme an den Special Olympics für unsere Athleten sicher nicht möglich“, sagt Michael Taubmann, der Münzinghof-Geschäftsführer.
Medaillen abgesahnt
Knapp 50 Athletinnen und Athleten aus drei Ländern traten beim Einzelwettbewerb im Latten- und Zielschießen an. Im hochklassig besetzten Feld befanden sich neben den nationalen Spitzensportlern auch Delegationen aus Luxemburg und Österreich. Trotz der schweren Gegner starteten die Athleten des Münzinghofs in der Finalrunde der Einzelwertung vielversprechend. So belegte bei den Damen in der Klasse 2 Katharina Jost den fünften Platz, während sich in der Klasse 1 Anette Pröll die Silbermedaille erspielte. In der Klasse 1b erreichte Maxi Dietl den vierten Platz und Hans-Jürgen Glenz gewann die Bronzemedaille. In der Klasse 1a schob sich Patrick Czerney auf Rang fünf, während Oliver Dengler die nächste Silbermedaille für den Münzinghof holte. Der größte Einzelerfolg gelang Stefan Ziegler in der Klasse 2 mit dem Gewinn der Goldmedaille.
Mit Tobi im Team
Am Dienstagnachmittag fand ein Prominentenschießen statt. Dabei spielte immer ein Promi mit einem Athleten in einem Team. Neben vielen bekannten Gesichtern aus der Wirtschaft und dem Landkreis Berchtesgaden waren hier auch sehr berühmte Sportler am Start. Es war sehr schön, hier mit Hilde Gerg, der Olympiasiegerin im Skifahren, mit Langlauf-Weltmeister Tobias Angerer und mit Rodel-Olympiasieger Felix Loch hautnah Bekanntschaft machen zu dürfen. So wurde Katharina Jost in ein Team mit Tobias Angerer gelost.
Am Mittwoch, dem letzten offiziellen Wettkampftag, stand die Königsdisziplin – das Mannschaftsschießen – auf dem Plan. Insgesamt gingen hier zwölf Teams in drei Gruppen an den Start, zwei davon vom Münzinghof. Die erste Mannschaft der Lebensgemeinschaft mit Hans-Jürgen Glenz, Patrick Czerney, Oliver Dengler und Maximilian Dietl musste aufgrund ihrer vielen Erfolge der vergangenen Jahre in der Gruppe 1 spielen, die mit drei Teams aus Deutschland, Österreich und Luxemburg sehr stark besetzt war – quasi die „Champions League“ im Special Olympics Stocksport. Das Team konnte dieses Mal nicht so ganz an die bisherigen Erfolge anknüpfen und zeigte eine ziemlich nervöse und sehr schwankende Leistung. Ein Sieg aus vier Spielen bedeutete am Ende „nur“ Platz fünf in dieser Gruppe.
„Silber“ für Team 2
Das Team Münzinghof II mit Stefan Ziegler, Lukas Rudingsdorfer, Anette Pröll und Katharina Jost kassierte in der Gruppe 2 dagegen nur eine Niederlage und wurde für diese gute Leistung mit der Silbermedaille belohnt. Unterstützt wurden die Athleten vom Münzinghof auch dieses Mal wieder von ihren treuen Fans, bestehend aus Familienangehörigen, die zum Teil die ganze Woche mit ihnen in Berchtesgaden verbrachten. Bedauerlicherweise mussten die Athletendisco – sonst immer ein Highlight dieser Spiele – und die große Abschlussfeier wegen der drohenden Coronavirus-Gefahr ausfallen.
Wegen dieser kleinen Verschiebungen hatten die Olympioniken vom Münzinghof am Freitag noch die Gelegenheit zu einer kleinen Sightseeing-Tour: Eine Bootsfahrt über den Königssee und der Besuch des Dokumentationszentrums Obersalzberg bildeten so den gelungenen Abschluss einer tollen Reise. Nach der obligatorischen Dorfrundfahrt mit Jubeln und Hupkonzert kamen die Sportler und ihre Betreuer am Freitagabend wohlbehalten wieder auf dem Münzinghof an.