Im Drogensumpf

SCHNAITTACH/NÜRNBERG — Gefangen im Drogensumpf: Zwei Brüder aus Schnaittach müssen mehrjährige Haftstrafen verbüßen und zu einer Entziehungskur antreten. Die beiden (27 und 23 Jahre alt) haben einen ihrer Kunden bedroht und misshandelt.

Seit ihrer Kindheit waren die Brüder mit ihrem späteren Opfer Ömer F. (22) befreundet, die Eltern der jungen Männer leben bis heute sogar unter einem Dach im selben Mietshaus. Die langjährige Freundschaft der Söhne, wenn auch getragen vom gemeinsamen Drogenmissbrauch, ist seit dem 30. April 2010 zu Ende – und daran ändern offenbar auch die wortreichen Entschuldigungen der beiden angeklagten Brüder im Saal des Landgerichts Nürnberg-Fürth nichts.

Rückblick: Die beiden Schnaittacher Brüder haben bereits zig Vorstrafen auf dem Kerbholz – der Ältere ist unter anderem wegen Diebstahls und versuchter Erpressung 13-fach vorbestraft, das Strafregister des jüngeren Bruders zeigt acht Einträge. Um ihre Finanzen aufzubessern – der 23-Jährige ist arbeitslos, der 27-Jährige verdiente als Drucker angeblich nur knapp 1000 Euro – verscherbelten die Brüder Mehmet und Ali Ü. immer wieder Drogen. Einer ihrer „Geschäftspartner“ war ihr Jugendfreund Ömer F. (alle Namen geändert).

Am 25. April des vergangenen Jahres besorgte sich Mehmet Ü. 405 Gramm Haschisch – die Rechnung in Höhe von 4000 Euro wollte er erst Tage später berappen, bis dahin hätten die ersten Geschäfte erfolgreich über die Bühne gehen sollen. Als einer der Weiterverkäufer sollte sich Ömer F. engagieren. Doch dieser rauchte einen Teil des Haschisch selbst, die ersten Verkaufserlöse gab er gleich wieder aus. Fünf Tage später warf er die restlichen Drogen, die er noch hatte, in den Briefkasten von Mehmet Ü. – nach seiner eigenen Rechnung war er ihm nun etwa 700 Euro schuldig.

Die Brüder Ü. errechneten dagegen einen Schuldenstand von 2400 Euro. Zum Zahlen wollten sie Ömer notfalls auch mit Gewalt bringen. Am 30. April holte Ali Ü. Ömer zu Hause ab. Dann warteten die beiden, angeblich um die weiteren Geschäfte zu besprechen, in Mehmets Wohnung.

Als dieser nach Feierabend gegen 15.45 Uhr daheim eintraf, ging er sofort mit den Fäusten auf Ömer los, forderte das Geld und wollte ihn solange festhalten, bis dieser auch den letzten Cent aufgetrieben hätte. Verzweifelt telefonierte Ömer mit Bekannten und Freunden, jedoch erfolglos. Also hagelte es weitere Faustschläge und Fußtritte. Besonders brutal: Mehmet drohte sogar Ömer mit Hilfe eines Besenstiels zu vergewaltigen und zwang den 22-Jährigen sich auszuziehen. Als dieser nackt und gedemütigt im Wohnzimmer stand, griff endlich Mehmets Freundin ein und hielt den 27-Jährigen zumindest von diesem widerwärtigen Übergriff ab.

Doch Ömer litt noch stundenlang Todesängste – er wurde mit einem Messer bedroht und verletzt. Schließlich kamen auch die Hintermänner der beiden Brüder in die Wohnung – auch sie sehr aggressiv wegen der ausstehenden Forderungen. Sie beschimpften erst die Brüder, schließlich richtete sich auch ihr Zorn nur noch gegen Ömer. Einer drückte eine brennende Zigarette auf dessen Wange aus, ein weiterer Mann drohte, Ömer samt seiner ganzen Familie nach Tschechien zu verschleppen und dort zur Prostitution zu zwingen. Derart eingeschüchtert durfte Ömer erst gegen 22 Uhr die Wohnung wieder verlassen.

„Er muss unheimliche Angst gehabt haben“, schildert eine Polizeibeamtin im Zeugenstand. Obwohl Ömer seine eigenen Drogengeschäfte einräumen musste, ging er zur Polizei und packte aus. Aufgrund seiner Angaben wurde das Brüderpaar verhaftet und auch die Hintermänner konnten gefasst werden. Mehmet Ü. erwartet nun eine Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten, Ali Ü. muss eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verbüßen – das Strafmaß ist Ergebnis eines umfangreichen Geständnisses beider Angeklagter.

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