Röthenbach – Ein riesiger Berg von Baumstämmen liegt im Waldstück südlich des Röthenbacher S-Bahnhofs Seespitze. Schweres Gerät hat dort ganze Arbeit geleistet und etliche Nadelbäume gefällt. Manchem Spaziergänger stößt das übel auf, von einer „Frechheit an der Natur“ sprach ein PZ-Leser. Dabei gibt es für den Eingriff gute Gründe, wie Experten sagen.
Es geht darum, den Wald fit für die Zukunft zu machen, sagt Johannes Wurm, der Leiter des Forstbetriebs Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten. Er ist für insgesamt rund 24 000 Hektar Wald, unter anderem einen Großteil des Forstes im PZ-Verbreitungsgebiet, zuständig.
Der Klimawandel beschäftigt das Unternehmen schon länger, sagt Wurm. Die Staatsforsten setzen sich unter anderem mit Prognosen dazu auseinander, um wie viel Grad es bis ins Jahr 2100 wärmer wird.
Klimaerwärmung hat Folgen auch im Nürnberger Land
Dass die Klimaerwärmung Auswirkung auf die heimischen Wälder hat, daran lässt Wurm keinen Zweifel. Kulturhistorisch dominieren in der Region Nadelhölzer, sagt der Fachmann. Doch heiße und trockene Sommer nehmen zu und machen manchen Baumarten mehr zu schaffen als anderen. Die drei trockenen Jahre 2018 bis 2020 bezeichnet Wurm als Vorgeschmack auf das, was noch kommt. „Die Kiefer wird hier gehen“, sagt Wurm, der Nadelbaum habe kaum eine Zukunft im Nürnberger Land.
Werden die Worst-Case-Prognosen wahr, dürfte der Wald in einigen Jahrzehnten ein komplett anderes Gesicht haben. Exotische Baumarten würden dann die heimischen Sorten ersetzen. Beispielhaft nennt Wurm die Libanonzeder, die unter anderem in der Türkei wächst. Sie hält sowohl Hitze und Trockenheit im Sommer als auch Frost im Winter aus. Mit dem Baum gebe es hierzulande bereits Praxisanbauversuche.
Eichen brauchen mehr Licht als andere Bäume
Den Waldumbau stellt Wurm als alternativlos dar. Die Staatsforsten wollten vermeiden, dass große Freiflächen wie etwa im Harz entstehen. Daher werden schon seit Jahren Laubbäume wie Eichen und Buchen gepflanzt. Und gerade bei Eichen achten die Staatsforsten auch darauf, dass sie genug Licht bekommen. „Uns ist wichtig, dass sie sehr vital aufwächst“, sagt Wurm.

Oft sind es Kiefern, die den Eichen den Platz und damit die Sonne wegnehmen und deshalb gezielt gefällt werden. Bäume, die mit blauen Punkten versehen sind, gelten als sogenannte Zukunftsbäume. Ihnen wird Platz geschaffen. „Wenn eine schöne Eiche bedrängt wird, geben wir ihr Raum“, drückt es Wurm fast lyrisch aus.
Dass es auch um wirtschaftliche Interessen geht, leugnen Wurm und der neue Laufer Revierleiter Julius Volland nicht. „Der Holzeinschlag gehört zum Kerngeschäft der Forstwirtschaft“, sagt Volland, der Nachfolger von Dieter Scheuenstuhl. 1200 Festmeter Holz wurden im Gebiet Seespitze auf einer Fläche von etwa 25 Hektar entnommen, das entspricht rund fünfzig Festmeter Holz pro Hektar. Wurm spricht von einem „moderaten Eingriff“. Das Holz gehe größtenteils an regionale Betriebe.
Bund Naturschutz fordert mehr Laubbäume
Naturschützer sind mit den Staatsforsten nicht immer einer Meinung. Aber diesmal gibt es keine Kritik von Heide Frobel, der Vorsitzenden des Bund Naturschutz im Landkreis. „Gegen die normale Durchforstung können wir gar nichts sagen“, so Frobel, es sei ja kein Kahlschlag.
Alle Waldbesitzer müssten sich auf den Klimawandel einstellen, und dafür brauche es viel mehr Laubbäume. Mischwälder seien in der Übergangszeit auch in Ordnung.
Staatsforsten nutzen für Abtransport vorhandene Schneisen im Wald
Kritik äußerten Umweltschützer immer wieder an den sogenannten Rückegassen, weiß Wurm. Bei den Staatsforsten versuche man, vorhandene Schneisen zu nutzen.
Wurm betont, dass Nadelbäume volks- und betriebswirtschaftlich wichtig bleiben. Sie wachsen schneller und sind für den Hausbau wie für die Papierherstellung besser geeignet. „Wenn wir auf Plastik und fossile Rohstoffe verzichten wollen, braucht es Alternativen.“
Mehr Jagd zum Schutz der Eichen wäre nötig
Um die jungen Laubbäume zu schützen, erhalten sie nicht nur Platz. Es soll auch mehr Wild geschossen werden, sagt Wurm. „Eiche wird sehr gern verbissen, die schmeckt anscheinend sehr gut.“
Eingriffe zugunsten von Laubbäumen wird es auch anderswo im Landkreis in Zukunft immer wieder geben, stellt Wurm klar. Man wolle aber weiter behutsam vorgehen, auch weil man den Unmut der Bevölkerung kennt.
Die Zielrichtung ist aber klar. „Über allem steht: Wir müssen den Klimawandel in den Griff bekommen“, sagt Wurm. Mit „Wir“ meint er nicht die Bayerischen Staatsforsten.