NÜRNBERGER LAND — Nach den Osterferien sollen sich Schüler in der Klasse auf das Coronavirus testen. Die Kontrolle jedoch bleibt an den Lehrkräften hängen. Und das ist nicht das einzige Problem.
Eltern bekommen in diesen Tagen Post von der Schule, darin „verpackt“: eine Einverständniserklärung. Kinder sollen nach den Osterferien zweimal pro Woche auf das Coronavirus getestet werden – freiwillig, in der Schule und mithilfe eines Selbsttests. Beim medizinisch legitimierten „Nasenbohren“ sollen die Lehrkräfte unterstützen. Doch können Schulen das überhaupt leisten?
„Auf der einen Seite bin ich froh, dass getestet werden soll. Die Selbsttests sind besser als gar nichts. Wie das Ganze in der Praxis laufen soll, kann ich mir allerdings nicht vorstellen“, sagt Petra Götz, Rektorin der Grundschulen Schwaig und Behringersdorf. 300 Tests, zunächst nur für die Lehrer, hat ihre Schule in den letzten Tagen erhalten, am Donnerstag startete das Kollegium gleich einmal den ersten Selbstversuch – mit glücklicherweise durchweg negativen Ergebnissen.
Die meisten Eltern wollen die Tests
Der Aufwand allerdings sei nicht ohne, bilanziert Götz. Ein FSJler habe dankenswerterweise die Proben, speziell die Pufferlösung, vorbereitet und für acht Tests immerhin 15 Minuten gebraucht. Bei 310 Kindern in beiden Schulhäusern sei der zeitliche Aufwand hoch. Und dann bleibt für Petra Götz die Frage: „Was tue ich mit einem positiv getesteten Kind?“ Ein solches müsse nämlich sofort „separiert“ und von den Eltern abgeholt werden. Da sei viel pädagogisches Fingerspitzengefühl gefordert. Dennoch: Bisher hat Petra Götz von den Eltern eher positive Rückmeldungen bekommen. „Die meisten wollen das.“
Kirsten Hartung, Rektorin der Kunigunden- und Rudolfshofer Grundschule in Lauf, sieht die Selbsttests aus mehreren Gründen kritisch. „Generell bin ich sehr für regelmäßige Tests, alles, was dem Schutz dient und dazu, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, ist zu begrüßen.“ Allerdings hält sie das vorgeschlagene Prozedere für „wenig praktikabel“. Sie stört sich wie Petra Götz vor allem daran, dass die Lehrer und nicht medizinisches Fachpersonal die Kinder bei den Tests anleiten und beaufsichtigen sollen. „Wir haben keine Schutzkleidung und auch die Raumfrage ist nicht geklärt.“ Schließlich sollte ein gewisser hygienischer Standard herrschen.
Auch Kirsten Hartung hat Sorge, was passiert, wenn ein Kind ein positives Ergebnis erhält. In dem Fall müsste es nämlich sofort seine Sachen packen, die Klassenkameraden bekämen dies zwangsläufig mit. „Natürlich werden wir bereits im Vorfeld mit den Kindern sprechen und sie beruhigen“, sagt die Rektorin. Dennoch wäre es ihr lieber, wenn die Schüler die Selbsttests zu Hause mit den Eltern machen würden. Oder aber mit Fachpersonal in der Schule, dann aber nacheinander, sodass ein positives Ergebnis nicht gleich von den Mitschülern zugeordnet werden kann.
Rektor wünscht sich klarere Vorgaben
Just gestern früh hat Claus Semann, Rektor der Geschwister-Scholl-Mittelschule Röthenbach, seinen ersten Corona-Selbsttest gemacht, mithilfe eines Erklärvideos. Weil „seine“ Schüler schon älter sind, befürchtet er bei der Durchführung an sich weniger Probleme. Die zeitliche Komponente dagegen dürfe man nicht außer Acht lassen. „Eine Stunde ist weg, selbst wenn es nur zehn Kinder sind.“ Auch in Sachen Hygiene wünscht er sich klarere Vorgaben. „Wie entsorge ich zum Beispiel Tests, wenn einer davon positiv ist?“ Als Sofortmaßnahme wurden an der Schule zusätzliche Müllbeutel angeschafft. Generell ist aber auch Claus Seemann der Meinung: „Alles, was die Schule sicherer macht, ist gut.“
Natürlich habe er Anrufe von Eltern bekommen, die sich vor allem darum sorgten, ihre Kinder könnten sich beim Einführen des Stäbchens in die Nase verletzen. „Ich sage dann immer, wir machen ja keinen IQ-Test“, erzählt der Rektor schmunzelnd. Es reiche schließlich aus, das Stäbchen zwei Zentimeter einzuführen.
Seit Donnerstag werden an der Geschwister-Scholl-Mittelschule zunächst die Selbsttests für die Lehrer und das übrige Personal verteilt. Dabei müssen sich immer zwei Pädagogen ein Fläschchen teilen. Man habe deshalb „Pufferlösungstandems“ gebildet, so Semann.
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Verteilt wurden die Schnell- beziehungsweise Selbsttests in den letzten Tagen von den Feuerwehren. So war zum Beispiel die FFW Schwaig über sieben Stunden und 100 Kilometer im Landkreis unterwegs, um 11 700 Tests an Schulen, Horte, Kindergärten und Verbände auszuliefern. In Lauf hat die Stadt als Sachaufwandsträger 2500 „Gurgel-Schnelltests“ bestellt und an die Grund- und Mittelschulen verteilt. Für den Fall, dass die vom Freistaat angekündigten Selbsttests für Schüler nicht rechtzeitig geliefert werden, so geschäftsleitender Beamter Benjamin Wallner.
Altdorf lässt lieber spucken
Bereits Ende Februar hatte die Altdorfer Grundschule zusammen mit Apotheker Matthias Kreuzeder ein Konzept entwickelt, um ihre Schüler zweimal wöchentlich auf Covid-19 zu untersuchen. Die Idee beim sogenannten Pooling: Die Familien testen zu Hause per Spucktest. Die Probe wird dabei mit einer kleinen Vakuumpumpe in ein Röhrchen befördert. Sämtliche Röhrchen einer Klasse werden in einem Pool gesammelt und diese Sammlung dann auf Corona untersucht. Bei einem positiven Befund kann die Klasse in Quarantäne geschickt werden. Die Tests liefen an, das Konzept war erfolgreich.
Nach nur einer Woche Testzeit kündigte das Weidener Labor Synlab der Schule plötzlich jedoch die Zusammenarbeit auf. In Absprache mit Bürgermeister Martin Tabor wandte sich Schulleiterin Carola Stöhr an den Leiter der WICOVIR-Studie, Michael Kabesch. Mit Erfolg. Ihre Schule ist nun als Einzige außerhalb der Oberpfalz in die Studie aufgenommen. „Das war wirklich ein absoluter Glücksfall“, sagt Stöhr. WICOVIR, kurz für „Wo ist das Corona-Virus?“ wird zusammen vom Wissenschafts- und Entwicklungscampus Regensburg und der Klinik Sankt Hedwig organisiert. Der Stadt entstehen keine Extrakosten.
Wenn alles glatt geht, könnte bereits Anfang nächster Woche wieder gegurgelt werden. „Sollte das zeitlich doch nicht klappen, werden wir nach den Ferien mit dem Testen beginnen“, erklärt Stöhr. Für die Schüler hat sich am Prozedere indes nichts geändert. Für sie heißt es weiterhin erst spucken, dann lernen.