NÜRNBERG/LAUF — Jahrelang hielt eine Serie von Brandstiftungen Lauf in Atem – jetzt muss der 51 Jahre alte Angeklagte mit einer Freiheitsstrafe von viereinhalb bis fünf Jahren rechnen.
Im letzten Jahr war die Panik in dem zweistöckigen Mietshaus in der Altdorfer Straße groß – der Hausmeister des Anwesens, er ist dort seit acht Jahren tätig, schildert, dass einige der Mieter nicht mehr schlafen konnten. Aus Angst vor weiteren Brandanschlägen packten einige ihre Koffer und zogen aus.
Seit September 2007 legte der 51 Angeklagte immer wieder Feuer: Erst brannten Altpapiercontainer, Sperrmüllhaufen und zwei Autos in der Nähe des Mietshauses. Drei Jahre später „wurde es für die Bewohner immer gefährlicher“, stellt Dieter Weidlich, Vorsitzender Richter der 3. Strafkammer am Landgericht Nürnberg-Fürth, fest. Denn zwischen November und Dezember 2010 zündelte der Angeklagte Thomas S. im Inneren des Hauses. Immer wieder brach in mehreren Kellerabteilen des Mietshauses Feuer aus, teils mehrmals in einer Nacht.
S. räumt all diese Vorwürfe ein, doch so richtig weiß er angeblich nicht mehr, was er und vor allem warum er es tat. So beschreibt er zwar „Bilder“, die er bis heute vor seinem geistigen Auge sieht, doch er behauptet auch „einen Filmriss“. Ein Motiv für sein gefährliches Spiel mit dem Feuer hat er angeblich nicht.
Vielleicht sei er frustriert gewesen, so S., sein Leben mit Hartz IV zu finanzieren, sei nicht immer so einfach gewesen. Manchmal habe er aus Hunger Salat und Tomaten aus Gärten geklaut, klagt er und gibt zu, dass ihn die Alkoholsucht schon seit Jahrzehnten fest am Wickel habe.
Auf weitere Nachfragen des Richters räumt S. ein, dass er seinen Vermieter regelrecht hassen würde und auch einen anderen Mieter des Hauses könne er nicht leiden, „der soll zum Teufel gehen“. Den Keller besagten Mitbewohners zündete er gleich zweimal an, auch vor dessen Wohnungstür legte er Feuer.
Bereute S. seine Taten? Fest steht jedenfalls, dass er selbst es war, der in nicht wenigen Fällen die Feuerwehr alarmierte. Faszinieren ihn Flammen? Nachdem er im Dezember letzten Jahre nach Hinweisen verschiedener Nachbarn verhaftet worden war, erzählte er der Polizei von dem Film „Flammendes Inferno“ – ein Katastrophenfilm aus dem Jahr 1974, der ihn begeisterte. Inspiriert habe ihn der Film jedoch nicht, versichert S. vor Gericht. Doch reichlich seltsam mutet auch an, dass er sämtliche Zeitungsausschnitte über die von ihm gelegten Brände sammelte als seien sie Trophäen.
Bösartige Brandstiftung mit dem Ziel, Privateigentum oder bestimmte Organisationen wie Kirchen, Schulen, Firmen oder öffentliche Gebäudezu schädigen, macht ein Viertel aller absichtlichen Brandlegungen aus. Das Motiv ist hier vor allem Hass oder auch Rache. Studien unterscheiden vier Motivformen: Kinder oder Jugendliche, die mit Feuer spielen und dabei Brände legen oder solche, die mutwillig etwas zerstören möchten, sind mit etwa einem Drittel die häufigsten Brandstifter. Eine weitere Gruppe sind jene, die im Affekt handeln – etwa 27 Prozent der Brandstifter begehen ihre Tat, weil sie Aufmerksamkeit erregen oder sich selbst als Held inszenieren wollen, etwa wenn sie als vermeintliche Lebensretter auftreten. Affektbezogene Brandstifter leiden häufig an einer psychischen Erkrankung, sehr häufig an Persönlichkeitsstörungen. Ob der Angeklagte Thomas S. zu einer dieser Gruppen gehört oder ihn tatsächlich nur sein massiver Alkoholkonsumzündeln ließ, wird ein psychiatrischer Gutachter beantworten, der den Prozess beobachtet.
Der Angeklagte beschreibt sich selbst bislang als schweren Alkoholiker, der ohne jedes Motiv gehandelt habe. Verletzen wollte er nach eigenen Angaben niemanden, er trage bis heute schwer an Taten, die er sich in der Vergangenheit zuschulden kommen ließ. S. hat 14 Vorstrafen, auch wegen Totschlags saß er bereits in Haft. Der Prozess wird fortgesetzt.