HARNBACHMÜHLE (fu) – Über 60 reisende Handwerkerinnen und Handwerker „werkelten“ im wahrsten Sinne des Wortes den ganzen August an der Harnbach-Mühle zwischen Enzendorf und Rupprecht stegen. Jetzt war Richtfest.
Für eine dortige Sommerbaustelle hatten sie ihre Wanderschaft unterbrochen und zur Freude des Besitzers, des Vereins Mühlenkraft e.V., anstelle der maroden und schon länger baufälligen Mühlenscheune ein massives 12 auf 18 auf 11 Meter großes Gebäude im fränkischen Baustil errichtet (HZ berichtete mehrfach).
Bis auf Kost und Logis – die Unterbringung erfolgte in einem einfachen Zeltlager – war der Einsatz der aus dem gesamten Bundesgebiet angereisten Gesellinnen und Gesellen unentgeltlich.
Deren wohl einmalige Leistung hob vergangenen Freitag Jochen Riehl, 1. Vorsitzender von Mühlenkraft e.V. in seiner Begrüßung anlässlich des Richtfestes besonders hervor. Mit dem Abbruch des alten Bauwerks und der Errichtung der Fachwerkscheune sei ein Wert geschaffen worden, der von den Fachbehörden auf bemerkenswerte 360 000 Euro veranschlagt worden sei. „Rund die Hälfte dieser Summe haben wir geschenkt bekommen“, betonte der Redner unter dem lauten Beifall der rund zweihundert Gäste, „und zwar in Form des unentgeltlichen Arbeitseinsatzes von über sechzig Handwerksgesellinnen und -gesellen!“.
Einige von ihnen, nämlich die sogeannte Vorbereitungskombo, kurz VoKo, waren schon im Mai angereist („Sie waren das Herz der Baustelle“), um für einen reibungslosen Betriebsablauf auf dem bzw. um das Baugelände zu sorgen. Neben den Planungen und Vorbereitungen der Baumaßnahme ging es vor allem um die Versorgung und Unterbringung der bis zu sechzig Personen gleichzeitig vor Ort beschäftigten. Insgesamt, so Jochen Riehl rückblickend, hatten sich -Einzelnen häufig für eine Woche und mehr – zusammen nahezu einhundert Gäste auf der Baustelle eingefunden.
Badezuber und Sonnensegel
Diejenigen, die nicht unmittelbar ihre Fachkenntnisse in die Errichtung der Fachwerkscheune einbringen konnten, betätigten sich u. a. als Hilfskräfte, als Staplerfahrer und Köche, mit der Fertigung eines Sonnensegels, dem Aufstellen eines Badezubers und der Verpflegung der gesamten Mannschaft. So machten sich auch „reisende Exoten“ wie ein Klavierbauer und eine Goldschmiedin sehr nützlich.
Ein großes Lob hatte der Vorsitzende zudem für die Firmen, die in wenigen Wochen den Abriss erledigten, den Bauplatz vorbereiteten, die massive Betonplatte eingebrachten und das Vorhaben mit Rat und Tat (Maschinen usw.) unterstützt hätten. Amtlicherseits habe man – ungewöhnlich schnell – in nur in sechs Wochen die Baugenehmigung erhalten. Mitgeholfen hätten auch Vereine, Feuerwehren und Gemeinden der Umgebung, der Münzinghof („unerschöpflicher Gemüsenachschub“) sowie der Reimehof. Dank sagte er auch allen, die mit Kuchen (Enzendorfer Hausfrauen), Getränken (Kaiser-Bräu), Bratwürsten (Howe) und vielem mehr Feier zum Richtfest unterstützt hätten.
Mit Blick auf die bunte Schar der Handwerksgesellen gab es seitens des Redners für die zahlreichen Besucher noch einen kleinen Einblick in die Farbenlehre: Schwarz gekleidet seien die Zimmerleute, rot die Textil und Farbe gebenden Berufe, grau die Steinmetze, blau die Schmiede, weiß die Bäcker und grün der (einzige) Gärtner unter den Anwesenden.
In seinem Grußwort hob Hartensteins 2. Bürgermeister Werner Himmler hervor, dass die Reisenden, aber auch der Verein Mühlenkraft e.V. in kurzer Zeit Einmaliges geleistet hätten, man könne stolz auf derart gute und solide Handwerksarbeit sein. Namens der Gemeinde überreichte er eine Spende in Höhe von eintausend Euro.
Den symbolisch letzten Holznagel -damit das Bauwerk auch wirklich halte – durfte mit einem Vorschlaghammer Vereinsmitglied Andrea Koch-Plank einschlagen. Sonnenblumen, passend zu dem in diesem Moment strahlenden Sonnenschein an einem ansonsten ziemlich verregneten Freitag – gab es für das Vorauskommando sowie für Elli Winkler-Kraft, die ihre Profi-Küche in Rupprechtstegen zur Verfügung gestellt hatte und für die Perserin Nasrin, die darin fast fünf Wochen lang „aus nicht planbarem Nachschub wunderbare Essen“ kreiert hatte.
Weitere Artikel zum Thema
Zum Richtspruch, verlesen von den drei Zimmerleuten Janis, Anton und Korny, versammelten sich alle am Bau Beteiligten auf dem Gerüst und im Fachwerkgiebel. Neben dem üblichen Lob auf Bauherrn und Unterstützer fand auch das ungewöhnliche Wetter Erwähnung. So hätten ihnen abwechselnd strahlender Sonnenschein und sturzbachartige Schauer zu schaffen gemacht. Zumindest habe da keiner einen Sonnenbrand bekommen.
Einfach weg!
Und wohin zieht es die reisenden Handwerksgesellinnen und -gesellen nach Beendigung der Sommerbaustelle? Die 27-jährige Lisa zum Beispiel war in der „VoKo“ mit am längsten im Pegnitztal beschäftigt. Die Berliner Schreinerin sorgte sich um die Logistik und bereitete Unterkunft (80 Schlafplätze!) und Versorgung vor. Ebenso wie der gleichaltrige Zimmermann Korny aus Gießen hat sie noch keine konkreten Pläne für ihre weitere Wanderschaft. Beide sind seit knapp zwei Jahren unterwegs und meinten, wie übrigens nahezu alle anderen Befragten auch auf das „Wohin?“ lapidar „Einfach weg!“
Sie alle hinterlassen jedenfalls ein wohl einzigartiges Vorzeigeobjekt. Und sie können ein bisschen stolz darauf sein, mit der Rekonstruktion der alten Mühlenscheune einen Anfang für eine neue Harnbach-Mühle geschaffen zu haben.
Siegfried Fuchs