HERSBRUCK – Ist das Kunst oder kann das weg? Beides. Seit einigen Tagen ziert Streetart weit sichtbar den ehemaligen Mercedes Scharrer in Altensittenbach – weil Besitzer Werner Löffler das bis zum Abriss in ein paar Wochen genau so will.
Totenköpfe, ein riesiges Löwengesicht, eine plastisch wirkende, knallrote Rose und große bunte Buchstaben, die teils so verkünstelt sind, dass man sie nicht entziffern kann, sind beim Vorbeifahren am früheren Autohaus nicht zu übersehen. „Polizei und Nachbarn haben schon angerufen und besorgt gesagt, dass hier gesprayt wird“, erzählt Werner Löffler mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Denn ihm bereiten die Graffiti keine Sorgen – im Gegenteil: „Ich bin selbst sehr kunstaffin und habe daher viele Ideen für Hersbruck“, sagt der Stuhlfirmenchef voller Vorfreude. Klar, streng genommen sei das Sachbeschädigung, aber „es gibt immer mindestens zwei Wege, mit Fakten umzugehen“.
Preise für beste Werke
Als ihn daher der Werkschutz auf erste kleine Malereien an der Gebäuderückseite aufmerksam gemacht hatte, war für Löffler die Idee sofort geboren: „Ich habe über die sozialen Medien einen Aufruf gestartet, dass bis zum Abriss jeder Zentimeter der Immobilie samt Plakatwand, Asphaltboden und Mauer besprüht werden darf.“ Er lobte sogar noch drei Preise für die besten Werke aus.

Ob es diesen Anreiz wirklich braucht? „Für uns ist es einfach toll, dass wir legal so eine Möglichkeit haben. Das ist ganz selten“, betont Graffiti-Künstler Mario Leischke. Der Röthenbacher vermalt gerade seine Restdosen. „Die Aktion hier hat sich dank Facebook extrem herumgesprochen.“
Klar, man hätte ein Objekt eigentlich lieber für sich allein, gibt er zu, aber man kenne sich ja in der Szene. So entdeckt er Streetart etlicher Kollegen aus der Region – und beim ein oder anderen setzt er selbst die Spraydose an. „Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass man ein Graffiti übermalen darf, wenn man damit die Qualität erhöht.“ Und an diesem Objekt habe man ja Zeit fürs Kreativ-Sein.
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Jugend kann sich ausprobieren
Genau das will Löffler mit seiner Aktion erreichen: „Die Jugend kann sich hier legal an großen Flächen verkünsteln, trainieren, Proportionen üben und Freunde treffen.“ Ausprobieren, das muss Leischke nicht mehr. Seit 25 Jahren verewigt er sich künstlerisch an Wänden und Mauern. „Man hat immer was im Hinterkopf, wenn man wo hingeht“, erläutert er, „aber man muss schauen, was denn schon da ist und ob das dann passt“.
Für diesen Vormittag hat er Motiv und Platz für sich gefunden – zum wiederholten Mal an dieser Immobilie. „Es ist schade, dass sie abgerissen wird.“ Doch noch haben die Künstler etwas Zeit: „Wir warten noch auf die Genehmigung vom Landratsamt“, sagt Löffler. Vor Ende Februar werde wohl keine Abrissbirne fliegen. Und damit Rose, Löwe & Co. dann nicht für immer verloren gehen, dafür hat Löffler schon die nächste Idee im Kopf.