LAUF — 2008, in dem Jahr, in dem Benedikt Bisping erstmals zum Bürgermeister gewählt wurde, war die Podiumsdiskussion der Pegnitz-Zeitung ein Schlüsselmoment. Den Grünen-Kandidaten hatten viele Laufer anfangs nicht auf dem Schirm, doch im direkten Vergleich mit seinen Mitbewerbern wurde klar: Bisping kann Bürgermeister. „Eloquentester Redner des Abends“, „sehr gut vorbereitet“ – das war das Fazit der PZ. Zum ersten Mal schien das bisher Unmögliche möglich: dass das Amt, das 29 Jahre lang der CSU-Politiker Rüdiger Pompl innehatte, an einen Grünen geht.
Heute sind die Vorzeichen umgekehrt. Dass der Bürgermeister einer bayerischen Kreisstadt bei den Grünen ist, hat keinen Sensationswert mehr. Bisping selbst betont bei Bedarf umgehend, dass er eben nicht „Grünen-Bürgermeister“, sondern Laufer Bürgermeister sei, ein Rathauschef für alle. Der 52-Jährige kennt nach zwölf Jahren im Amt alle Register – und die Slogans aus seinem Wahlkampfprospekt hat er sofort parat. Jetzt sind es seine Herausforderer, die sich anstrengen müssen.
Wie steht es ums „Miteinander“?
Bei der erneut von der PZ organisierten Podiumsdiskussion zur Wahl 2020 in der Aula des Christoph-Jacob-Treu-Gymnasiums tun Norbert Maschler (CSU), Thomas Lang (FW) und Anastasios Pasalidis (SPD) am Donnerstagabend, was sie können. Einfach ist es für sie nicht. Denn Bisping stellt das „gute Miteinander“ an den Anfang. Das sei, so der gelernte Kaufmann, die wichtigste Errungenschaft seiner Amtszeit. Gemeinsam habe man viel erreicht, Lauf könne eine Erfolgsbilanz vorweisen.
Aus dieser Vereinnahmung können sich die anderen nur schwer lösen, Maschler und Lang sind immerhin Bürgermeister-Stellvertreter, sie und ihre Fraktionen haben die meisten Beschlüsse mitgetragen. Der CSU-Kandidat Maschler versucht es als Erster mit einem Befreiungsschlag: Klar, sagt er, die Stadtratsfraktionen seien sich oft einig, gerade bei Großprojekten wie der Sanierung der Bertleinschule, doch in Sachen Stadthaushalt seien „kritische Töne durchaus angebracht“, so der Sparkassenangestellte.
Schnell ist die Runde, die von Stephan Sohr, dem Chefredakteur der Nürnberger Zeitung, moderiert wird, bei der Gewerbesteuerdebatte, die 2014 heftig geführt wurde. Lauf verlangt von seinen Unternehmen einen Satz, der unter dem bayernweiten Durchschnitt liegt. Doch die Stadt hat gleichzeitig immer mehr Ausgaben: Soll sie die Steuer also erhöhen?

Nein, findet Maschler und mit ihm Thomas Lang, der FW-Kandidat. „Wir dürfen Unternehmen und Bürger nicht nach Belieben melken“, sagt dieser – auch mit Blick auf manche Gebührenerhöhung in den vergangenen Jahren. So gut sei die Konjunktur aktuell auch nicht, mahnt wiederum der CSU-Bewerber. Die Unternehmen bräuchten gerade deshalb „verlässliche Leitplanken“.
Bisping hingegen will sich noch Optionen offen halten. Die nächsten vier Jahre sei eine Steuererhöhung zwar nicht geplant, sagt er, doch er verweist auch darauf, dass Lauf weniger Kredite aufnehmen müsste, hätte es den Hebesatz angepasst. Er sei damals zusammen mit der SPD für eine Erhöhung gewesen. Ausgerechnet Anastasios Pasalidis, der Kandidat der Sozialdemokraten, bezieht bei diesem Thema aber ebenfalls keine klare Position. Seine Aussage, er lehne pauschale Erhöhungen ab, könne sich aber im Einzelfall Anpassungen nach oben vorstellen, fasst Moderator Sohr süffisant als „entschiedenes Sowohl-als-auch“ zusammen.
Der 47-jährige Pasalidis hat die undankbarste Rolle. Er sitzt als einziger Bewerber bisher noch nicht im Stadtrat. Ortsvorsitzender der Genossen ist er auch erst seit 2019. Doch selbst wenn man ihm einen Bonus zugesteht, weil er manche Debatten bisher eben nur als Zuhörer mitbekommen hat: Seine Antworten sind auffallend dünn. Am konkretesten ist noch die Forderung nach einer kommunalen Wohnbaugesellschaft, nach mehr Sozialwohnungen. Zur Finanzierbarkeit sagt der Vater von drei Kindern nichts. Und schon bei der Frage nach dem richtigen Verhältnis von Gewerbe- zu Wohnflächen kommt er über ein „Die Mischung macht‘s“ kaum hinaus. Warum er den SPD-Antrag zur Überbauung des Großparkplatzes Nürnberger Straße nicht ins Spiel bringt, bleibt obendrein sein Geheimnis.
Fitter Ex-Zehnkämpfer
Thomas Lang, der ebenfalls 47 Jahre alte Gymnasiallehrer, den die Freien Wähler nach 2014 bereits zum zweiten Mal ins Rennen schicken, ist da schon deutlich fitter – um im Bild des ehemaligen Zehnkämpfers zu bleiben, das er selbst bemüht. Er ist von allen drei Herausforderern derjenige, der Bisping an diesem Abend am gefährlichsten wird. Ihm gelingt es, den ein oder anderen deutlichen Kontrapunkt zu setzen.
Stichwort Wohnungsbau und steigende Mieten: Während Bisping zunächst von der „magnetischen Wirkung“ der attraktiven Pegnitzstadt schwärmt, und Maschler anfangs nur festhält, dass die Lage ja „nicht so einfach“ sei, solange es „Global Player“ auf dem Markt gebe, „die jeden Preis bezahlen“, macht der FW-Mann Lang eine ganz klare Feststellung: Es sei eine „Fehlentwicklung“, dass Lauf keine Neubaugebiete ausgewiesen habe. Das büße man jetzt.

Der Bürgermeister wehrt sich zwar gegen diese Feststellung, es habe in den Ortsteilen durchaus „Arrondierungen“ gegeben und es sei ja ökologisch ohnehin nicht sinnvoll, immer weiter in die Fläche zu gehen, doch offen bleibt, ob Bispings Rezepte aufgehen. Grundstücke, deren Eigentümer bisher keine Bebauung wünschen, aus dem Flächennutzungsplan herauszunehmen, wie es die Stadt nun plant, „kann man nicht unendlich machen“, sagt der CSU-Kandidat Maschler, der ebenfalls 2014 schon antrat „das ist eine ein- oder zweimalige Maßnahme“.
Die Zuschauer, die nach rund einer Stunde mit ihren Fragen an der Reihe sind, erleben bis dahin eine abwechslungsreiche Debatte, aber zugleich eine Debatte, in der die großen politischen Unterschiede fehlen.
Anders lässt es sich nicht erklären, dass der Krankenhaus-Parkplatz auf der Kunigundenwiese, der vom Provisorium zur Dauerlösung wurde, eines der am längsten und am hitzigsten besprochenen Themen ist. Aber selbst da: Am Beschluss dazu halten Lang, Maschler und Bisping fest. Nur Pasalidis bricht aus diesem Miteinander aus, kritisiert, dass die Lage am Kunigundenberg „eine Katastrophe“ sei und dass von vornherein klar gewesen sei, dass es sich nicht um eine Interimslösung handle. Plötzlich ist seine Außenseiterrolle doch ein Vorteil.