Kann Scotty wirklich beamen?

Wie viel Science Fiction mit echter Wissenschaft zu tun hat, zeigte der Vortrag von Ulrich Walter am „Tag der Raumfahrt“. Foto: Pröll
Wie viel Science Fiction mit echter Wissenschaft zu tun hat, zeigte der Vortrag von Ulrich Walter am „Tag der Raumfahrt“. Foto: Pröll2011/06/astronautenvortrag_New_1309180321.jpg

FEUCHT – Lässt sich mit Lichtgeschwindigkeit fliegen? Kann man an Bord einer Raumstation die Schwerelosigkeit im All überlisten? Und wäre es möglich, in der Zeit zu reisen? Was in den Kinofilmen und Fernsehserien der Star Trek-Reihe seit Jahrzehnten ein Millionenpublikum begeistert, ist nicht nur reine Phantasie. Das hat der deutsche Astronaut und Wissenschaftler Prof. Ulrich Walter bei seinem Vortrag anlässlich des diesjährigen „Tags der Raumfahrt“ des Hermann-Oberth-Museums im Zeidlerschloss geschildert.

Der Technik in den Star Trek-Geschichten einmal auf den Zahn gefühlt: Was ginge tatsächlich? Was ist zwar eine tolle Idee, wird aber wohl nie zu realisieren sein? Unter dem Titel „Beam me up Scotty – Die Physik von Star Trek“ lud Ulrich Walter seine Zuhörer ein, sich der Technik an Bord des Serien-Raumschiffs U.S.S. Enterprise von einer ganz besonderen Perspektive zu nähern, nämlich der wissenschaftlichen.

Mit viel Humor und noch mehr Sachwissen – immerhin arbeitet Ulrich Walter als Professor für Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München – ging er Schritt für Schritt den faszinierendsten technischen Erfindungen aus der Science Fiction-Reihe nach. Wobei einige von Walters wissenschaftlich fundierten Ergebnissen Captain James Tiberius Kirk und seine Mannschaft wohl im wahrsten Sinne des Wortes auf den Boden der Tatsachen geholt hätten: Denn so gebaut wären der U.S.S. Enterprise ihre Reisen überhaupt nicht möglich gewesen. Es fehlen am Raumschiff die Treibstoff-Tanks, so Walter. Größere Strecken oder Verfolgungsjagden seien ohne riesige Mengen von mitgeführten Energiequellen nicht zu bewerkstelligen.

Theoretisch denkbar

Da Licht per physikalischem Gesetz jede Strecke mit der Geschwindigkeit Null zurücklege, also ohne jede Reisezeit immer sofort am Zielpunkt angelange, mache es keinen Sinn, mit Überlichtgeschwindigkeit fliegen zu wollen, betonte Walter. Ein Raumschiff, das sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, sei dagegen theoretisch denkbar – auch wenn man nie die nötige Energie dafür auftreiben könne.

Es wären dann sogar Zeitreisen möglich. Schließlich könnte man dann ohne jede Reisezeit an einen beliebigen Ort fliegen, während auf der Erde die Zeit weiter normal verstreicht. So bequem wie in den Star Trek-Geschichten wäre für die Besatzung der Flug aber wohl nicht. Wie sollen Kirk und seine Truppe mitten in der Schwerelosigkeit des Alls auf Sesseln Platz nehmen?

Auch einem „Beam me up Scotty!“ als Chefingenieur im Raumschiff nachzukommen, wäre fernab von Science Fiction kaum realisierbar. Selbst wenn man technisch in der Lage wäre, Materie zu beamen, sprich an einen anderen Ort zu übertragen, ginge das nur separat für jeden einzelnen Informationspunkt der fraglichen Materie. Ein Mammut-Projekt, wollte man daraus etwa einen menschlichen Körper nach der Übertragung wieder zusammensetzen. Ulrich Walters Ausführungen begeisterten die Zuhörer im Zeidlerschloss sichtlich. Von jungen bis zu gereifteren Raumfahrt- und Star Trek-Fans: Es hatten sich so viele Interessierte im Saal eingefunden, dass der Vortrag per Videoschaltung für einen weiteren Teil des Publikums in einen Nebenraum übertragen werden musste.

Im Jahr 1993 war Ulrich Walter an Bord der Columbia für eine zehntägige Wissenschafts-Mission ins All geflogen. Mit seinem Vortrag bildete der ehemalige D-2-Astronaut den Abschluss des diesjährigen „Tages der Raumfahrt“, der vom Feuchter Hermann-Oberth-Museum e.V. veranstaltet wird. Walter ist der Präsident und erste Vorsitzende des Vereins.

Im Lauf des Tages hatten zuvor bereits drei weitere Vorträge Interessierte zu verschiedenen Kapiteln der Raumfahrtgeschichte informiert. Den Anfang machte die Raumfahrthistorikerin Tanja Jelnina mit dem Thema „Johannes Winkler – 80 Jahre Raketenflug HW-1“. Winkler gilt als einer der deutschen Raumfahrtpioniere. 1931 war es ihm gelungen, erstmals in Europa eine senkrecht startende, mit flüssigem Treibstoff geladene Rakete erfolgreich zu zünden.

Im Anschluss beleuchtete Olaf Przybilski in seinem Vortrag „Die Entwicklung der HWa-Brennkammern“ die technische Reifung von Raketenmotoren bevor er danach in einem weiteren Referat zusammen mit Michael Hartlieb die Arbeit von Kurt Wahmke in den Mittelpunkt stellte. Wahmke war der erste vom Heereswaffenamt angestellte Wissenschaftler auf dem Gebiet der Raketenforschung. Wer mehr über die Geschichte der Raumfahrt erfahren möchte, dem bieten die Ausstellungsräume des Hermann-Oberth-Museums mit zahlreichen Exponaten die Möglichkeit dazu. Das Museum in der Pfinzingstraße 12-14 öffnet immer samstags und sonntags, jeweils von 14 bis 17 Uhr, oder nach Vereinbarung seine Tore. Weitere Informationen im Internet auf www.oberth-museum.org oder unter der Telefon-Nummer 09128/3502. FIONA PRÖLL

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