HERSBRUCK – Die Krise als Chance und als „Brandbeschleuniger für Veränderungen“ sowie als Stresstest für die Strukturen in Deutschland – so sieht Haushaltswaren- und Badmöbelhersteller Fackelmann die Auswirkungen des Coronavirus.
Letzteren bekam das Hersbrucker Unternehmen vor allem im Bereich Badmöbel zu spüren. „Da haben wir ein einstelliges Minus zu verzeichnen“, verrät Alexander Fackelmann. Daher stellten er und Geschäftsführer Martin Strack Mitte April die Produktion vom Zwei- auf Ein-Schicht-Betrieb um: „Kurzarbeit ist ein gutes Instrument des Staats, wenn auch kein schönes Zeichen.“
Das soll aber nur eine temporäre Maßnahme sein, so Strack. Ziel sei es, die Fertigung zum Sommer hin wieder hochzufahren. Dennoch ist er überzeugt, dass es bei den Badmöbeln länger dauern wird, bis sie wieder bei hundert Prozent sind: „Wir werden 2020 das alte Niveau nicht mehr erreichen“, mutmaßt er.
Verzicht der Chefs
Auch deshalb und um ein Zeichen der Solidarität mit den Mitarbeitern in Kurzarbeit zu setzen, verzichtet die Geschäftsführung auf einen Teil des Monatsgehalts. „Die Familie Fackelmann kommt dem Unternehmen mit einer Reduzierung bei Miet- und Lizenzeinnahmen entgegen“, berichtet Strack. Und Alexander Fackelmann lobt seinen Bruder Norbert für die „tolle Geste“, freiwillig beachtliche Mietnachlässe zu gewähren.
Zusätzlich habe sich – wie bei anderen Firmen auch – das Arbeiten verändert, wurde digitaler: „Wir haben neue Technologien ausprobiert und werden sehen, was wir davon auch nach der Krise fortführen werden“, erzählt Strack. Ist wirklich jede Geschäftsreise nötig? Das sei eine der Fragen der Zukunft. „Bei Messen, Tagungen und Konferenzen wird sich einiges ändern“, ist sich auch Fackelmann sicher. Denn schon jetzt „funktioniere da viel überraschend gut“.
Besser als gedacht kam das Unternehmen durch die Corona-Pandemie in China. „Als das Virus im Februar auftrat, lag unser Fokus darauf, die Lieferkette aufrechtzuerhalten“, erklärt Strack. Das sei nicht leicht gewesen, denn durch die Verlängerung des chinesischen Neujahrs waren die Mitarbeiter im ganzen Land verbreitet, der Standort quasi geschlossen. „Anfang März waren dann 30 bis 40 Prozent des Personals wieder da. Seitdem hat sich das kontinuierlich gesteigert.“
Doch Mitte März fingen die Probleme in der Heimat an: „Der Materialfluss klappte, aber wir wussten nicht, wie und ob wir die Ware hier verkaufen können. Erste Lieferungen wurden gestoppt“, sagt Strack offen. Schon vor dem Shutdown habe das Unternehmen einen deutlichen Rückgang von 30 Prozent hinnehmen müssen. „Die Krise wäre eh gekommen“, denkt Fackelmann.
Gewinner: Supermarkt
Im Bereich der Haushaltswaren hält sie sich aber in Grenzen – wegen des Omnichannel-Konzepts und der Verstärkung der digitalen Aktivitäten, analysieren Fackelmann und Strack. Beide sind sich einig, dass der Lebensmitteleinzelhandel der Profiteur dieser Zeit ist. „Wir haben über Lebensmittler und Discounter teils 60 Prozent mehr Umsatz gemacht als sonst“, rechnet Fackelmann vor.
Zudem boome der Online-Verkauf: „In unserem Online-Shop, den wir seit Dezember haben, haben wir eine schöne Entwicklung.“ Bestseller seien Nudelmaschinen und Dinge rund ums Brotbacken, ergänzt Strack. „Gerade das Backen war ein extrem gefragtes Thema“ – und zwar auch auf den diversen Social Media-Kanälen des Unternehmens. Kein Wunder, denn Ostern liege Backen generell im Trend und nun hatten die Leute auch jede Menge Zeit dazu, so Strack. Das schlug sich in einem deutlichen Plus vor allem in Deutschland und Europa nieder.
Beim Kochen seien die Kunden verhaltener gewesen. Erst die vergangenen beiden Wochen ziehe dieses Thema wieder an. Vielleicht auch, überlegt Lisa Haug, Junior Communication Manager, weil viel in digitale Inhalte investiert wurde: Es gab Tipps, beispielsweise wie man ohne Hefe bäckt, einen täglichen digitalen Kochkurs „Gemeinsam statt einsam“ mit regionalen Köchen oder Videos.
Digitaler Ort
„Die Kochvideos haben im Durchschnitt zwischen 40 000 und 90 000 Personen in der Umgebung erreicht“, freut sich Haug. Auch die Interaktionen mit den Usern hätten in der Corona-Zeit merklich angezogen: „Um Ostern herum haben wir unsere Fans bei unseren Accounts verdoppelt.“ Die Lehre ist für das Trio klar: „Wir werden die Fackelmann-Welt noch digitaler nutzen und die Online-Präsenz weiter ausbauen.“
Geschadet hat das bisherige Vorgehen dem Flagship-Store in Altensittenbach bislang scheinbar nicht: „Seit der Wiedereröffnung wirft er gute Umsätze ab und am ersten Tag standen die Kunden sogar Schlange“, gibt sich Fackelmann überrascht. Dort verkauft der findige Unternehmer nun auch Masken.
Laut Strack, der sich in den vergangenen Wochen zusammen mit Thomas Sperber in die Materie eingearbeitet hat, seien es drei Gründe gewesen, die zur Maskenproduktion und -beschaffung geführt hätten: die gesunkene Möbelnachfrage, die gute Vernetzung in Asien und deswegen entsprechende Kundenanfragen. „Wir sind dort mit eigenen Fabriken und Sourcing-Büros gut aufgestellt.“
Gemeinsam mit Partnern startet Fackelmann daher in die Produktion von Einweg-Mund-Nasen-Masken und nahm diese ins Sortiment auf. „Über 80 Millionen Stück haben wir schon gefertigt.“ Und das trotz nicht einfacher Voraussetzungen: Material werde in China von der Regierung verteilt, der Luftfrachtverkehr sei eingeschränkt. „Das erklärt auch die Preissteigerung bei den Masken“, weiß Fackelmann. Die Nachfrage sei hoch, die Fabriken ausgelastet, das komme noch hinzu.
Um daran etwas zu ändern, arbeitet Fackelmann bereits am nächsten Projekt. „Wir haben eine Maschine in Auftrag gegeben, die FFP 2-Masken vollautomatisch herstellt“, gibt Strack preis. Die ist für die Staubsaugerbeutelfabrik in den Vogesen gedacht, denn auch hier geht es um Filter. „Dann verfügen wir über Filter-Schutzmasken made in Europa“, blickt Strack stolz voraus. In drei Monaten sollen diese produzierbar sein, hofft Fackelmann – und betont, er habe dabei „keine Proftabsichten“.
Plus und Minus
Zugeben muss er aber schon, dass dieses neue Geschäft den Verlust etwas kompensiert: „Es ist ein ganz guter Ausgleich.“ Dennoch werde es dauern, bis der Westen wieder auf die Füße komme. „China wird ein Gewinner der Krise sein“, denkt er.
In Deutschland sei die Frage, wie es weitergeht: Kommt der Aufschwung oder offenbart Corona strukturelle Probleme wie Staatsschulden und Arbeitslosigkeit? Eines ist für Fackelmann klar: „Wir müssen den Shutdown schnell lösen, sonst droht eine Depression.“