Nürnberger Land – Es ist ruhig geworden, um die Schulen. Rund ein Jahr ist es her, da „hagelte“ es coronapositive Schüler, Klassen wurden reihenweise in Quarantäne geschickt. Doch wie ist die Situation jetzt? Sind Kinder und Jugendliche wirklich die „Treiber der Pandemie“? Die PZ hat sich umgehört.
„Es läuft besser, als wir gedacht haben“, bilanziert Joachim Schnabel, Leiter des Staatlichen Schulamts Nürnberger Land, das für die Grund- und Mittelschulen im Landkreis zuständig ist. Angesichts der Omikron-Variante könne sich das aber freilich schnell wieder ändern, gibt er zu bedenken. Die positiven Coronafälle beträfen vor allem die Grundschulen, denn hier komme der Pooling-Test zum Einsatz, ein PCR-Test, der als deutlich aussagekräftiger gilt als ein Selbsttest. Nur, wenn innerhalb eines Pools zwei oder mehr positive Proben auftauchen, müsse die ganze Klasse in Quarantäne. Andernfalls nur das engere Umfeld des betroffenen Kindes.
Relativ viele Fälle hatte man laut Schnabel zuletzt an der Grundschule Feucht sowie an den Mittelschulen in Hersbruck und Röthenbach zu verzeichnen. Generell laufe der Unterricht – was Corona betrifft – ziemlich normal. Dafür, dass die personelle Situation trotzdem angespannt ist, sind „andere Umstände“ verantwortlich – und das ist durchaus im doppelten Wortsinn gemeint: An den Grund- und Mittelschulen im Landkreis sind zurzeit 30 Lehrerinnen schwanger – überdurchschnittlich viele. Wegen Corona dürfen sie nicht mehr in der Schule unterrichten. „Es sind keine mobilen Reserven und keine Nachrücker mehr verfügbar“, sagt Joachim Schnabel. Unterrichtsausfälle würden demnächst nicht zu vermeiden sein.
Zwar gehe der Trend bei den Coronafällen auch am Geschwister-Scholl-Gymnasium in letzter Zeit spürbar nach oben, meint Direktor Clemens Berthold. Trotzdem habe man zurzeit gerade mal „eine Handvoll“ positiver Schüler. „Im Vergleich zum letzten Winter geht es uns ganz gut“, konstatiert er. Und: Die meisten Schüler, deren Schnelltest in der Schule positiv ausschlage, seien hinterher im PCR-Test negativ.
2100 Schnelltests braucht das Geschwister-Scholl-Gymnasium pro Woche, die ganze Organisation sei für die Schule natürlich eine Belastung, gibt Berthold zu. Trotzdem: Eine Diskussion über mögliche Schulschließungen hält er für verfehlt. „Sein“ Kollegium sei zu 100 Prozent geimpft. „Schule ist ein Ort wie jeder andere. Die meisten Kinder stecken sich im familiären Umfeld an, nicht in der Schule.“
Das bestätigt auch Peter Müller, Leiter der Realschule am Fränkischen Dünenweg in Röthenbach. Hier hat man aktuell acht positive Kinder, eine Klasse ist in Quarantäne. Trotzdem laufe der Unterricht insgesamt reibungslos, bei Verstößen gegen die Maskenpflicht werde hart durchgegriffen. Was Peter Müller und seine Lehrkräfte beobachtet haben: Die Zahl der Schüler, die sich testen lassen, hat zuletzt wieder zugenommen, weil viele geimpfte und genesene Kinder freiwillig an den dreimal wöchentlichen Schnelltests teilnehmen. Von den rund 460 über zwölfjährigen Schülern an seiner Schule sind 175 geimpft.
Lehrkräfte haben Angst
Eines aber muss Peter Müller einräumen: „Die Lehrkräfte sind extrem unter Stress, sie haben nach wie vor Angst, das Virus mit nach Hause zu tragen.“ Trotzdem: „Vorgezogene Weihnachtsferien“, wie sie in manchen Bundesländern diskutiert werden, hält der Realschul-Rektor nur für geboten, wenn sie eben nicht richtige Ferien sind, sondern wenn in der Woche stattdessen Distanzunterricht angeboten wird.
Deutlich schärfer klingt das bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Wir fordern, dass die Präsenzpflicht an den Schulen ausgesetzt wird. Man kann Eltern nicht dazu zwingen, ihre Kinder in dieser Situation in die Schulen zu bringen. Wir befürchten, dass Schulschließungen de facto von alleine kommen, nämlich dann, wenn schlicht kein Personal mehr vorhanden ist. Dem sollte man vorbeugen, vor allem, weil noch nicht geklärt ist, wie sich die neue Variante ‚Omikron‘ verhalten wird. Vorgezogene Weihnachtsferien würden helfen, die Pandemiewelle zu durchbrechen, und es wäre eine gute Gelegenheit, die ausgefallenen Faschingsferien 2021 zurückzugeben“, so Vorsitzende Martina Borgendale in einer Pressemitteilung.
Peter Müller indes sieht das größte Problem aktuell nicht in der Vermittlung von Unterrichtsinhalten, „das kriegen wir hin“. Vielmehr habe die lange Zeit des Lockdowns bei den Schülern zu großen Auffälligkeiten im sozialen Bereich geführt. „Viele können nicht mehr richtig miteinander umgehen“, bilanziert Müller mit Sorge. Hinzu kämen Disziplinschwierigkeiten. „Wir haben zwei Jugendsozialarbeiterinnen an der Schule. Die haben zurzeit sehr viel zu tun.“