Podiumsdiskussion vor der Bundestagswahl

Sieben Kandidaten stellten sich vor

Schlagabtausch in der Karl-Diehl-Halle: Die von der Kolpingfamilie und der Agenda-21-Gruppe organisierte Veranstaltung war das erste und einzige Aufeinandertreffen der Direktkandidaten in größerer Runde. | Foto: Sichelstiel2021/09/podiumsdiskussion-rothenbach-as-scaled.jpg

Röthenbach – Wahlkampf, das ist momentan keine einfache Angelegenheit. Zwar stehen auf fast allen Marktplätzen Stände der Parteien, aber große Veranstaltungen sind wegen der Corona-Pandemie noch immer die Ausnahme. Schlecht für die Kandidaten, die sich möglichst vielen Wählern präsentieren wollen. Bei einer von der Röthenbacher Kolpingfamilie und der Agenda-21-Gruppe Schwaig-Behringersdorf organisierten Podiumsdiskussion waren am Mittwoch in der Karl-Diehl-Halle immerhin sieben der insgesamt 13 Bewerber auf einmal zu erleben – das einzige Aufeinandertreffen in dieser Größenordnung im Wahlkreis Roth/Nürnberger Land.


Zwei Kandidaten war anzumerken, dass es für sie im Nürnberger Land noch viel zu entdecken gibt: CSU-Mann Ralph Edelhäußer stammt aus Roth, der Hilpoltsteiner Felix Erbe tritt für die Grünen an. Verständlich also, dass die beiden nicht jede Radweglücke zwischen Lauf und Altdorf oder Hersbruck und Nürnberg kennen. Mitreden konnten sie trotzdem, als es um den Ausbau des Streckennetzes für Radfahrer ging, schließlich sind sie zumindest in Sachen Kommunalpolitik erfahren: Erbe sitzt seit 2014 im Rother Kreistag und Edelhäußer wurde nicht nur Anfang der 2000er-Jahre erstmals in den Stadtrat gewählt, er wusste schon als Zehnjähriger, dass er Bürgermeister werden wollte.


Als Praktiker versuchte der Rother auch bei der von Stephan Sohr (Nürnberger Zeitung) moderierten Veranstaltung zu punkten. Der Ausbau der Kinderbetreuung sei zwar eine gute Sache, so Edelhäußer, „aber als Bürgermeister mache ich seit zehn Jahren fast nichts anderes, als Krippen und Kitas zu errichten“. Berlin müsse mehr an die Umsetzbarkeit von politischen Entscheidungen denken. Zu diesem Ansatz passen auch die Empfehlungen des 48-Jährigen zum Klimaschutz vor Ort: Strom sparen und mehr mit dem Rad fahren. Vor allem aber: „Die Leute nicht überfordern.“


Streitthema Rentenpolitik


Deutliche Unterschiede gab es bei der Rentenpolitik. Während der CSU-Kandidat eine Anhebung des Eintrittsalters nicht ausschließen will, hält Jan Plobner (SPD) diese „für wahnsinnig unsozial“. Die Politik müsse andere Wege gehen, etwa das Rentensystem „durch eine Einführung der Vermögenssteuer unterstützen“, so die Forderung des Altdorfers. Er war mit seinen 29 Jahren der Jüngste auf dem Podium, schlug sich aber souverän, auch wenn aus dem Publikum Widerspruch für die SPD-Positionen kam.


Während Felix Erbe (Grüne) genauso wie der Sozialdemokrat für eine Bürgerversicherung plädierte, hielt Kristine Lütke (FDP) mit der „gesetzlichen Aktienrente“, also der Idee eines staatlich verwalteten Fonds, entgegen. Altersarmut lasse sich am besten durch eine vernünftige Bezahlung von Arbeitnehmern verhindern, so der Einwand von Evelyn Schötz (Linke), die 13 Euro Mindestlohn ins Spiel brachte.


Die Freien Wähler, an diesem Abend von ihrem Direktkandidaten Felix Locke aus Lauf vertreten, wollen das Rentenniveau hingegen mit einem Instrument namens Automatisierungsgutschrift stabil halten: Digitalkonzerne sollen einen Teil ihrer Dividende an die Rentenversicherung überweisen.

Kritik an Abstandsregel für Windräder


Der Bundesvorsitzende der Jungen Freien Wähler will vor allem die Stimme der Kommunen in Berlin sein, er warb beim Thema Klimaschutz etwa für die Elektrifizierung der rechten Bahnstrecke durch das Pegnitztal. Felix Erbe (Grüne), hier in seinem Element, kritisierte unter anderem die 10H-Regel, die für den Bau von Windrädern einen Mindestabstand zu Ortschaften vorsieht: „Wir werden die Windenergie in Bayern damit nicht ausbauen.“


Plobner hat den ÖPNV zu seinem Wahlkampfthema erkoren. Der Individualverkehr müsse reduziert werden, Zeit für eine „Mobilitätswende“. Und die FDP-Bewerberin sprach sich dafür aus, einen festen CO2-Grenzwert mit Hilfe von Zertifikaten durchzusetzen: „Mit Klein-Klein retten wir nicht die Welt“, so die Laufer Pflegeunternehmerin.


Ernste Töne dann, als es – auf Anregung der beiden Veranstalter – um die Situation der Kinder während der Corona-Pandemie ging: Vor allem arme Familien seien im Lockdown auf der Strecke geblieben, konstatierte Evelyn Schötz (Linke). Lütke berichtete von einer Mitarbeiterin, die ihr Kind täglich mit in die Wäscherei des Seniorenheims bringen musste. Und Edelhäußer übte sogar leise Kritik an der CSU-Staatsregierung: Für die Kommunen sei es schwer gewesen, die oft von heute auf morgen geänderten Vorgaben umzusetzen.

„Pfui“-Rufe für AfD-Kandidaten


Klaus Norgall von der AfD war an diesem Abend der der Außenseiter auf dem Podium. Er erntete nicht nur Zwischenrufe aus dem Publikum („Pfui!“), auch weigerte sich SPD-Kandidat Plobner, mit ihm auf einem Gruppenbild für die Veranstalter abgelichtet zu werden. Bei einem Thema immerhin war er auf Konsenskurs: Den „auch von Menschen gemachten“ Klimawandel“ gelte es abzumildern. „Es müssen ja nicht immer 270 PS sein, auch 27 PS reichen“, erklärte der Feuchter.

Harter Widerspruch hingegen für die Schilderung seiner persönliche Motivation, in die Politik einzutreten: Die Flüchtlingspolitik von 2015 und das „Desaster auf der Domplatte“ dürften sich nicht wiederholen. Erbe (Grüne): „Nicht jede demokratisch gewählte Partei ist auch demokratisch.“

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