Gefühlte und hörbare 50 Grad

Zum Finale des vielseitigen Konzertabends gaben Michael Langer (links), Don Ross (dahinter), Bob Bonastre (Mitte) und Ross’ Ehefrau (rechts) noch eine gemeinsame Zugabe. Foto: Th. Raum
Zum Finale des vielseitigen Konzertabends gaben Michael Langer (links), Don Ross (dahinter), Bob Bonastre (Mitte) und Ross’ Ehefrau (rechts) noch eine gemeinsame Zugabe. Foto: Th. Raum2011/08/5_2_3_2_20110826_GIT.jpg

HERSBRUCK – Wiederholtes Ambiente — ein hochkarätiger Gitarrenfestivalabend im Raumschen Weinareal auf der Ostbahn am Mittwochbend. Nahezu volle Lagerräume trotz der schwülheißen Temperatur. Zahlreiche Fingerstyleakrobatenfreunde haben in die Halle gefunden. Spannung kurz vor 19 Uhr!

„Herzlich Willkommen zum heutigen Konzertabend,“ begrüßt Kreusch und weckt beim Publikum gleich die Neugier indem er auf noch einen zusätzlichen Musikgenuss ankündigt: einen Überraschungsgast, der im Laufe des Abends noch erwartet wird. Ohne große Ansagen übergibt Kreusch dann an seinen langjährigen Gitarrenfestival-Mitstreiter Michael Langer samt Sabine Ramusch, die mit einer „jazzy Metheney-Interpretation“ den Gitarrengenuss einleiten.

„Wie heißen wir eigentlich — wurden wir gefragt,“ so Langer amüsiert zu seinen Zuhörern und erzählt, wie die beiden zusammengefunden haben: „Guitar and Passion: Duett statt solo — zahl eins und höre zwei — herrliches Zusammenspiel — ein außergewöhnliches Doppelpack“. Beide spielen virtuos und energiegeladen und ergänzen sich hervorragend. „Das sind gefühlte 50 Grad hier,“ so Langer, dem förmlich das Wasser über s Gesicht perlt. Die schier unerträgliche Schwüle wird durch die Strahler auf der Bühne natürlich noch gesteigert und macht das Spielen sicherlich nicht einfach, dennoch geben die Künstler alles — Riesenapplaus angesichts dieses Könnens, aber eine erste Pause wird nötig.

Vor dem zweiten Teil erzählt Kreusch von der schlimmen Herz-Krankheit des Gitarristen Pete Huttlinger, dem eine kostspielige OP bevorsteht und ermutigt das Publikum am Ausgang dafür zu spenden — das Gitarrenfestival ist bereits eine große Familie geworden. Hier gilt: einer für alle, alle für einen!

„The first song I want to play is about people who lost their life,“ so der in Senegal geborene und von der französischen Fachpresse hochgelobte Bob Bonastre, der mit Kapodaster und Daumenpick seinen Nylonstrings filigran bearbeitet und sein Publikum in die Weiten Afrikas entführt. Geschichten aus seiner Heimat lässt er erklingen, mal mit Perkussion auf dem Instrument, dann mit Gesang — in Originalsprache — während draussen der Regen sein zeitweise etwas störendes Trommeln auf das Hallendach beginnt. „It´s raining, oh thanks,“ zeigt sich allerdings Bonastre erleichtert. Ob vom Tod des eigenen Vaters oder von Mandela — Bonastre versteht es, Erlebnisse interessant klanglich umzusetzen und so Kompositionen der etwas anderen Art zu schaffen.

Dann wird die zweite Pause eingeläutet — man findet Entspannung mit Snacks und Getränken. „Ich freue mich, dass Don Ross wieder dabei ist und er ist nicht alleine hier, er hat seine Frau mitgebracht,“ läutet Kreusch den letzten Teil des Abends ein und übergibt an einen der wichtigsten Fingerstyle-Wegbereiter.

Don Ross ist ein Unterhalter, publikumsnah, zum Anfassen. Einer, der mit seiner Lieblingsmusik — dem Funk und Soul — seine Zuhörerschar von Anfang an im Griff hat. Perkussiv, virtuos und mit Groove. Jazzy mit einer Portion Lyrik und dem nötigen Drive spielt sich ein Könner kurzerhand in die Gemüter. Das törnt an und schon nach den ersten Stücken gibt es frenetischen Applaus.

Kurzerhand holt Ross dann seine Frau auf die Bühne die sich sofort ihre Gitarre umhängt um dann mit ihrem Gatten im Duett dem Publikum zu zeigen, wo in Amerika der Hammer hängt — das hat echte Klasse! Zwei die sich blind musikalisch verstehen und auf der Bühne tonal rumwitzeln. Zum Abspann noch eine gemeinsames Gitarrenarrangement mit Langer und Bonastre — Fragile — und mit einigen Zugaben klingt der Abend weiter nach bis in die Nacht. Wieder einmal ein meisterliches Konzert: toll organisiert, vertont und natürlich gespielt — eben hundert Prozent Fingerstyle. Vielleicht noch mehr musikalische Weiblichkeit im nächsten Jahr – wie wär´s etwa mit einer Vicky Genfan, wenn schon Akustik?

Hier geht es zum Video über das Gitarrenfestival.

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