Diskussion über die Krankenhäuser

Die Krankheit endlich heilen

Es ist fünf nach zwölf: Bei einer Diskussionsveranstaltung im Laufer Krankenhaus stellten sich Politiker den Fragen von Ärzten und Pflegepersonal. Foto: Müller2013/04/KH.jpg

LAUF – Zu viel Bürokratie, zu wenig Personal und zu wenig Geld. Die Krankenhäuser hierzulande sind mittlerweile selbst ernsthaft krank. Und da scheinen auch keine kurzfristigen Finanzspritzen aus Berlin mehr zu helfen. Das zeigte sich jedenfalls bei der Diskussionsveranstaltung „Fünf nach zwölf – Wie sieht es in den Krankenhäusern wirklich aus?“.

Ärzte, Pflegekräfte, Verwaltungsangestellte und auch ein paar Patienten verfolgten aufmerksam die Diskussionsrunde in der Eingangshalle des Laufer Krankenhauses. Dr. Michael Hitzschke von den Krankenhäusern Nürnberger Land schilderte zu Beginn kurz die Misere der Krankenhäuser: Die durchschnittlichen Personalkosten seien von 1994 bis 2012 um rund 64 Prozent gestiegen, die Krankenhausentgelte aber nur um 24 Prozent. Eine jahrelange Unterfinanzierung, die die einzelnen Häuser in die roten Zahlen treibt.
Die Kreisklinik Roth, so erzählte deren Vorstand Werner Rupp, hat wegen dieser Kosten-Erlös-Schere in den vergangenen fünf Jahren 40 Stellen eingebüßt. Die Patientenzahlen aber nehmen zu. „Das geht nicht mehr lange gut“, warnte Helmut Nawratil von den Bezirkskliniken Mittelfranken. Und auch aus dem Publikum meldeten sich etliche zu Wort, um ihrem Ärger Luft zu machen.

„Einen Wust an Zetteln“, den er ausfüllen müsse, beklagte beispielsweise ein Assistenzarzt aus dem Altdorfer Krankenhaus. „Diese Zeit geht zu Lasten der direkten Patientenversorgung“, pflichtete ihm eine Mitarbeiterin der Hersbrucker PsoriSol-Klinik bei. „Es fehlt an Personal“, schimpfte jemand von der Kreisklinik Roth.

Die Einführung eines neuen Abrechnungssystems in der Psychiatrie prangerte ein anderer an. „Unsere Mitarbeiter sind an ihren Grenzen angekommen“, brachte es schließlich jemand von der Engelthaler Frankenalbklinik auf den Punkt.

Kassen mit an den Tisch

33 Krankenhäuser aus Mittelfranken können dem Ganzen nicht mehr standhalten und haben sich deshalb zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Unter dem Motto „Es ist fünf nach zwölf“ rufen sie seit Wochen um Hilfe – erst mit einer gemeinsamen Pressekonferenz, dann mit einer groß angelegten T-Shirt-Aktion (wir berichteten).

Die Politik hat zwar diesen Notruf vernommen und pumpt nun für 2013 und 2014 rund 880 Millionen Euro zusätzlich in das System. Bis 2016 sollen insgesamt mehr als eine Milliarde Euro fließen. Ist damit nun alles wieder gut?
„Das ist nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Dr. Hartwig Kohl, niedergelassener Facharzt und Bundestagskandidat der Freien Wähler, bei der Diskussionsrunde, die der ehemalige HZ-Redaktionsleiter Walter Grzesiek moderierte. Denn umgerechnet auf das einzelne Krankenhaus bedeutet die Finanzspritze lediglich einen Betrag von geschätzt 180 000 bis 250 000 Euro pro Jahr. „Nicht an den Symptomen herumdoktern, sondern die Krankheit heilen“, empfahl Kohl deshalb.

„Wir brauchen eine Veränderung des gesamten Systems“, sagte auch Michael Groß, Geschäftsführer der Caritas und zugleich SPD-Bezirkstagskandidat. Die übrigen Politiker sahen das ähnlich. Bundestagsabgeordnete Marina Schuster (FDP) möchte das Gesundheitswesen wieder auf eine „verlässliche, zukunftsfähige Basis“ stellen. „Wir sollten gemeinsam überlegen, wie man die Rahmenbedingungen ändern kann“, schlug Birgit Raab von den Grünen vor.
„Die Kassen gehören hier mit an den Tisch“, forderte Norbert Dünkel (CSU). Und Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler (CSU) kam ebenfalls zu dem Schluss, dass eine Systemänderung her muss.

Wie die aussehen könnte, wusste allerdings noch keiner der Diskussionsgäste genau zu sagen. Mortler will für sich zunächst noch mehr Eindrücke an der Basis sammeln und bot an, demnächst in einem Krankenhaus als Praktikantin anzuheuern. Personalbedarf wäre ja genug.

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