Zweiter Poetry-Slam der Bücherei war voller Erfolg

Die Fülle des Lebens

Applaus von allen Seiten für den Sieger des 2. Poetry-Slams in Schwarzenbruck, Florian Wintels (vorne Mitte) aus Paderborn. Rechts im karierten Anzug Moderator und zweifacher fränkischer Poetry-Slam-Meister Michael „Michl“ Jakob aus Nürnberg | Foto: Dorothee Krätzer2017/03/slam1.jpg

SCHWARZENBRUCK – Nach dem Poetry-Slam ist vor dem Poetry-Slam: War letztes Jahr der erste Dichterwettstreit, veranstaltet von der Gemeindebücherei Schwarzenbruck, begeistert aufgenommen worden, so setzte er heuer noch eins drauf.

Sehr zur Freude von Büchereileiterin Monika Eibl waren bereits seit Dezember die Karten ausverkauft und dementsprechend drängten sich die Besucher in der Schwarzenbrucker Bürgerhalle. Sie erwartete neben den angekündigten Poeten eine, mit großem Engagement liebevoll vorbereitete Veranstaltung. Oder wo wird man sonst mit selbst gebackenen Poetry-Slam-Keksen begrüßt und wo gibt’s für die Gewinner ein eigens gestaltetes „Gemeinde-Bücher-Ei“ – ein Minibuch in einem gläsernen Ei?

Auch die Teilnehmerliste liest sich wie ein Who is Who der Slammergemeinde, angefangenen vom amtierenden Bremen-Niedersachsen-Meister Florian Wintels (Paderborn) über Nils Frenzel (Bonn), dem Finalisten der bayerischen Meisterschaften 2014, bis zum Rheinland-Pfalz-Meister Artem Zolotarov (Mainz) und Michael „Michl“ Jakob aus Nürnberg.

Letzerer dürfte allen Schwarzenbrucker Wiederholungsgästen bestens bekannt sein. Wie im Vorjahr führte der zweifache fränkische Poetry-Slam-Meister und Kulturpreisträger der Stadt Nürnberg auch heuer in bewährt locker-frecher-respektloser Art durch den Abend. Mal probte der „Gottschalk der Poetry Slam-Szene“, wie er wegen seiner Kleidung genannt wird, kurzweilig den Applaus, mal erklärte er die Regeln. Im Wechsel mit der Liedermacherin Susanne Glauche alias Johanna Moll („das lyrische Liederluder“) aus Erlangen glänzte er mit eigenen Texten wie dem „Noch Fragen, Kienzle?“ im Rahmenprogramm.

Eigene Texte, das ist die wichtigste Zutat für diesen Wettkampf der Poeten. Wenn sie dann noch gut, ohne weitere Hilfsmittel und innerhalb von sieben Minuten vorgetragen werden, dann sind die Hauptkriterien erfüllt. Bleibt nur noch abzuwarten, wie der Beitrag den Zuhörern und der fünfköpfigen Jury aus dem Publikum gefallen hat. Um den Vortrag herum ist alles erlaubt: Reime, Märchen, Geräusche, Fantasie, Drama, Lautmalereien, Nonsens, Satirisches, Empfindsames, Sozialkritisches und mehr.

Inhaltlich war in Schwarzenbruck die ganze Bandbreite des Lebens geboten, angefangen von der Geburt, nein, noch früher, der Geburtsvorbereitung im sogenannten, „Hechelkurs“ (Miroslav Bebic aus Neumarkt) bis zum Tod und den letzten, bedeutenden Worten (Wintels). Um das Schicksal eines 15-jährigen Kindersoldaten, der sich sein eigenes Grab schaufelt, drehte sich die Geschichte von Leonie Hartung (Lolo-Logie) aus Regensburg, der einzigen Frau im Wettbewerb. Autobiografische Texte steuerten Ben Bögelein aus Ansbach („Morgens Lehrer, abends voller“) und Zolotarov bei. Während Bögelein über das Sich-Durchbeißen und das Schulleben als Minimalist erzählte, beschrieb Zolotarov die Geschichte seiner Familie und die Flucht nach Deutschland.

Mit der Stimme jonglieren

Raphael Breuer (Bayreuth) hatte die Eigenschaften eines Poetry-Slammers analysiert. Schauspieler und Komiker müsste er sein, mit seiner Stimme jonglieren können und Kabarettistisches einfließen lassen wie Dieter Nuhr, was Breuer gleich zum Amüsement demonstrierte. Der Berufsgruppe der Bauarbeiter setzte Frenzel ein literarisches Denkmal. „Wir brauchen mehr Bauarbeiter, richtige Kerle“, sagte er und ohne sie gäbe es keine Häuser, keine Straßen. Jesus sei schließlich auch Zimmermann gewesen.

Im Sieben-Minuten-Takt folgten Text auf Text, inhaltlich durchdacht und geschliffen, teils gelesen, teils auswendig vorgetragen, teils gespielt. Manchmal fiel das so temporeich verdichtet aus, dass es schwer fiel, alles zu verstehen. Sehr dicht lagen die Wertungen diesmal beieinander, doch nach einem spannenden Finale standen Wintels (1. Platz) und Zolotarov (2. Platz) als die Gewinner des Abends fest.

Viel Applaus für die auf der Bühne und mindestens genauso viel für die, die diesen Abend auf die Beine gestellt haben, denn bei diesem Poetry-Slam in Schwarzenbruck hat einfach alles gepasst.

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