Flug verpasst wegen langwieriger Sicherheitskontrolle?
Gericht urteilt: Reiseveranstalter muss nicht zahlen
Verpassen Verbraucherinnen und Verbraucher das Boarding ihres Flugs wegen einer langwierigen Sicherheitskontrolle, können sie den Reisepreis nicht vom Reiseveranstalter zurückverlangen. So entschied das Amtsgericht München in einem aktuellen Fall (Urteil vom12.07.2023, Az.: 158 C 1985/23). Obwohl Reisende mehr als drei Stunden vor Abflug am Flughafen waren, hatten sie aufgrund der langen Wartezeit bei der Sicherheitskontrolle dasBoarding ihres Fluges verpasst.
„Ein verpasster Flug ist nicht nur ärgerlich, sondern oft mit viel Aufwand und weiteren Kosten verbunden“, sagt Julia Zeller, Juristin bei der Verbraucherzentrale Bayern. „Wir raten Verbrauchern deshalb zu einer sehr großzügigen Zeitplanung, um ihre Flüge zu erreichen.“
Kontrollen werden nicht vom Reiseveranstalter durchgeführt
Wie das Gericht ausführt, ist der Reiseveranstalter nicht für die Durchführung der Sicherheitskontrolle zuständig und hat auf diese keinen Einfluss. Die Sicherheitskontrolle wird regelmäßig durch die Bundespolizei als staatliche Aufgabe durchgeführt. „Die betroffenen Verbraucher sollten der gerichtlichen Empfehlung folgen, und in solchen Fällen andere Passagiere bitten, sie vorzulassen, um ihren Flug noch zu erreichen“, rät Zeller.
Reisende können sich allerdings an die Bundespolizeidirektion wenden, um entstandene Kosten zu verlangen. „Wer nachweisen kann, dass er rechtzeitig an der Sicherheitskontrolle war und den Flug wegen unangemessen langer Kontrollen verpasst hat, könnte gute Chancen haben“, so Zeller. Welcher Zeitraum jedoch noch als rechtzeitig gilt, ist von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig.
Mehr Informationen zum Thema Reise gibt es im Podcast „Die Verbraucherhelden“ überall dort, wo es Podcasts gibt.
Mit der Flugärger-App der Verbraucherzentralen können Verbraucher ihre Ansprüche aufEntschädigung schnell und einfach berechnen.
Bei individuellen Fragen hilft die Rechtsberatung der Verbraucherzentrale Bayern weiter. Termine können unter www.verbraucherzentrale-bayern.de vereinbart werden. Allgemeine Auskünfte gibt es am Servicetelefon unter (089) 55 27 94-0.
Quelle: Verbraucherzentrale Bayern
Urteil: Bei unklarer Verkehrslage müssen alle umsichtig sein
Wenn wegen eines Hindernisses auf der Straße der Verkehr stockt und teils stillsteht, und das auch noch im Ampelbereich, gilt für alle: besonders umsichtig agieren. So muss etwa auch das erste Fahrzeug hinter dem Hindernis vor dem Ausscheren zum Vorbeifahren prüfen, ob nicht vielleicht schon ein Auto weiter hinten ein Überholmanöver begonnen hat. Und umgekehrt müssen Überholende in so einer Situation Abstand halten und darauf achten, ob nicht jemand, der näher am Hindernis steht, zum Vorbeifahren ausschert. Das zeigt ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az.: 13 S 74/22), über das der ADAC berichtet.
Die eine überholt, die andere will vorbeifahren
In dem Fall war eine Frau in ihrem Auto auf einer Landstraße auf eine Ampel zugefahren, als ein stehender Lieferwagen mit angeschaltetem Warnblinker die Straße blockierte. Der Verkehr stockte, die Frau hielt zunächst an. Eine Autofahrerin dahinter begann dann, die Frau vor ihr und den Lieferwagen zu überholen. Aber auch die Vorderfrau setzte ungefähr in dem Moment zum Vorbeifahren am Hindernis an. Dabei stießen die beiden Autos zusammen. In der Folge forderten beide Parteien voneinander Schadenersatz. Die Fahrerin, die von hinten kam, war der Ansicht, bereits neben dem Auto der vorne stehenden Frau gewesen zu sein, als diese ausgeschert sei, ohne auf den Verkehr zu achten. Diese wiederum führte an, dass die von hinten kommende Fahrerin bei einer unklaren Verkehrslage unzulässig überholt und den Seitenabstand nicht eingehalten habe.
So richtig recht hat keine
Sie klagte, bekam aber nicht vollumfänglich recht. Das Gericht entschied, dass der entstandene Schaden hälftig geteilt werden muss. Zwar habe sie als Vorbeifahrende nicht die gleiche Sorgfalt walten lassen müssen wie die Überholende von hinten, so die Kammer. Trotzdem hätte sie sich vergewissern müssen, dass durch ihre Vorbeifahrt niemand gefährdet wird. Das hätte die Frau aber nicht getan.
Unklare Verkehrslage erfordert Umsicht
Aber auch die von hinten überholende Frau habe sich nicht ordnungsgemäß verhalten. Denn der Lieferwagen mit aktivierten Warnleuchten am Fahrbahnrand und vor einer Ampel habe in der Tat eine unklare Verkehrslage dargestellt. Es sei nicht eindeutig zu erkennen gewesen, wie sich die beteiligten Autos verhalten würden.
Zudem sei der Seitenabstand der von hinten überholenden Frau nicht ausreichend gewesen. Und sie habe sich bei dem gesamten Vorgang angesichts des Gegenverkehrs auf der anderen Fahrbahn nicht ausreichend an der Verkehrslage orientiert.
Quelle: dpa