SCHWAIG — Das geplante Einsatztrainingszentrum der Polizei in Schwaig soll ohne offene Schießanlage auskommen. Bei einer Info-Veranstaltung in der Südschule versprachen Vertreter des Polizeipräsidiums Mittelfranken am Mittwochabend eine „vollständige Einhausung“. Laut einem Lärmgutachten sind nur so die vorgeschriebenen Richtwerte einzuhalten.
Rund eineinhalb Stunden mussten sich die über 300 Zuhörer in der Schulaula gedulden, bis die wichtigste Nachricht des Abends kam. Viele Schwaiger hatten sich zuvor in Wortmeldungen kritisch zum von ihnen befürchteten Schießlärm geäußert – doch bei einer geschlossenen Anlage spielt dieser „praktisch keine Rolle mehr“, wie Gutachter Mattias Trimpop vom Düsseldorfer Institut für Lärmschutz schließlich erklärte. Bei einer offenen Variante ebenso wie bei einer Teileinhausung seien im nahegelegenen Wohngebiet Überschreitungen der vorgeschriebenen Lärmrichtwerte zu erwarten. „Als Gutachter kommt für mich deshalb nur in Betracht, die Anlage vollständig zu schließen“, so Trimpop.
Bislang waren Innenministerium und Polizeipräsidium – wie berichtet – von einer Außenschießanlage ausgegangen. Entsprechende Pläne hatte Gernot Rochholz, Leiter des Präsidialbüros, im Sommer 2018 auch dem Schwaiger Gemeinderat vorgestellt. Eine „abschließende Entscheidung“ über eine Einhausung hatte die Staatsregierung aber bereits im April dieses Jahres vom Ergebnis des Lärmgutachtens abhängig gemacht.
„Lassen uns daran messen“
Man habe sich nun schriftlich festgelegt, auf die offene Bauweise zu verzichten, so Rochholz bei der Infoveranstaltung, „und daran lassen wir uns auch messen“. Dass die Polizei mit dieser Nachricht zunächst hinter dem Berg gehalten hatte, im Vorfeld wie noch über weite Strecken des Infoabends selbst, entschuldigte der Polizeidirektor damit, dass er den Schwaigern zunächst ein möglichst vollständiges Bild habe liefern wollen. Rochholz sprach von einem „Spannungsbogen“.
Für die Anwohner der etwa 45.000 Quadratmeter großen Fläche an der Diepersdorfer Straße, die zuvor mit Flyern gegen das geplante Einsatztrainingszentrum protestiert hatten, geht eine zentrale Forderung in Erfüllung. Werner Schrodberger, einer der Betroffenen: „Für mich ist es ein großer Erfolg, wenn die Anlage eingehaust wird. Das ist eine Lösung, mit der wir leben können. Ich bin aber überzeugt, dass diese Entscheidung nur aufgrund des großen öffentlichen Interesses getroffen wurde.“
Geschossen werden soll auch mit Gewehren
Gedacht ist das Trainingszentrum für insgesamt 3500 Polizisten in Mittelfranken „für die Kollegen, die in Lauf oder Erlangen Streife fahren“, so Rochholz, nicht aber für Spezialeinheiten. Geplant seien „Fortbildungen für alltägliche Einsatzlagen“, aber auch für den Amok- oder Terrorfall. Zum Einsatz kommen dabei die neue Dienstpistole HK SFP9 sowie Maschinenpistolen und das Gewehr G36. Genutzt werden soll die Anlage wochentags von 6 bis 22 Uhr sowie an Samstagen und Sonntagen von 9 bis 19 Uhr, und zwar im Zweischichtbetrieb. Maximal 100 Beamte können so pro Tag trainieren.
Vorgesehen sind insgesamt zwei Schießanlagen – die zweite ist ohnehin als Indoor-Anlage konzipiert. Daneben sollen eine Multifunktionshalle sowie ein Außentrainingsgelände entstehen, auf dem Situationen wie Fahrzeugkontrollen einstudiert werden.
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Schwaig wurde unter rund 40 möglichen Grundstücken ausgewählt, alle im Besitz des Freistaats. Nach Angaben des Polizeipräsidiums war die zentrale Lage des Orts dabei ein wichtiges Kriterium.
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Im Bericht von Andreas Sichelstein wurde darauf hingewiesen, dass die Bürger Schwaigs zwar den Verzicht auf offene Schießbahnen begrüßen, aber keinesfalls den Ablauf der Informationsveranstaltung. Dies war noch sehr höflich formuliert.
In den ersten eineinhalb Stunden wurden Fragen zur Lärmbelästigung stets ausweichend beantwortet. Die Empfehlung des Lärmschutz-Gutachters hätte auch ein Polizist in 5 Minuten vortragen können. Dazu hätte kein Gutachter extra aus Düsseldorf anreisen müssen. Kostet ja nichts, oder?
Das Ergebnis war der Polizei lange vorher bekannt. Auf dem Handzettel, der erst nach der Veranstaltung verteilt wurde, wird die geschlossene Halle bereits schriftlich zugesichert. Wegen der Zeitverschwendung zu Beginn blieb am Ende kaum noch Zeit für weiterführende Fragen. Zufall? Es fällt schwer, dies anzunehmen. Kaum zu glauben ist es auch, dass die Gemeindeverwaltung vorher nicht wusste, dass die Befürchtungen zu Lärmbelästigungen unbegründet sind? Akzeptierte man es einfach so, dass Bürger veräppelt wurden?
Im Bericht der PZ vom 01.07.2018 über eine Information an den Gemeinderat wurden 30-40 zu schulende Beamte täglich genannt. Am 11.09.2019 waren es bereits knapp 50 Polizisten in 2 Schichten, also fast 100. Innerhalb eines Jahres wurde die Anzahl mehr als verdoppelt. Was gilt wohl nach der Inbetriebnahme?
Die Lärmbelästigung durch Schießen ist vom Tisch. Es bleiben aber weitere Fragen. Der Hinweis auf Ausgleichsflächen für zu fällende Bäume kam schnell, aber das Raunen und Gelächter im Saal zeigte, was man davon hielt.
Der Standort Schwaig ist unter etwa 40 Alternativen als optimal ausgewählt worden. Allerdings hatte man sich beschränkt auf Grundstücke des Freistaats Bayern. Herr Rochholz verglich dies mit einem privaten Bauherrn, der zunächst prüfe, ob er selbst ein geeignetes Grundstück besitze. Ergänzend könnte man natürlich auch prüfen, ob die Verwandtschaft ein Grundstück hat, eventuell im Tausch. Dies hat man unterlassen.
Auch wenn 100 Polizisten nicht alle einzeln mit einem PKW kommen werden, aber zusammen mit den etwa 30 in der Anlage Beschäftigten ergeben sich vermutlich rund 70-80 Autos täglich, auch am Wochenende. Die durch Anwohner geäußerten Bedenken, der Ausweichverkehr über die Gartenstraße und die Friedensstraße könnte zunehmen, sind wohl realistisch. Dort fahren aber jetzt schon zu viele Autos.
Die schlimmsten Befürchtungen über Schießlärm haben sich glücklicherweise in Luft aufgelöst. Es bleiben aber noch genügend Fragezeichen, so dass die Polizeibehörden das Thema noch lange nicht als erledigt abhaken können.