LAUF — Lauf hat sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger gestern über den Heimatgutschein informiert, das Gutscheinsystem, an dem sich mittlerweile über 160 Händler im Nürnberger Land beteiligen. Überschattet war der Besuch von der Debatte über den baldigen Lockdown.
Es ist kein ganz einfacher Termin für Hubert Aiwanger an diesem Vormittag beim Laufer Herrenausstatter Engelhardt & Walter. Nur ein paar Stunden später wird Ministerpräsident Markus Söder auf Twitter verkünden: „Wir brauchen einen grundlegenden Lockdown“, und zwar „noch vor Weihnachten“. Was sagt ein Wirtschaftsminister in dieser Situation Einzelhändlern, deren umsatzstärkste Tage des Jahres dummerweise ebenfalls noch vor Weihnachten liegen? Einzelhändlern wohlgemerkt, die gerade jetzt dringend Einnahmen bräuchten, weil sie ein katastrophales Jahr hinter sich haben und bald die fürs Frühjahr georderte Ware bezahlen müssen.
Aiwanger greift die Steilvorlage von Jürgen Oriold auf, dem Bezirks- und Kreisvorsitzenden des Handelsverbands Bayern. Dieser spricht sich zwar deutlich gegen den sofortigen Lockdown aus, er fordert aber vor allem Planungssicherheit statt „weiteres Rumgeeiere“. Stimmt, sagt der FW-Wirtschaftsminister, jetzt müssten Lösungen her, „die eben nicht nur für 14 Tage eine Lösung sind“.
Was also schlägt Aiwanger vor? FFP2-Masken statt Schließungen, zumindest nach den Weihnachtsferien. Mit den dichteren Mund-Nasen-Bedeckungen seien Infektionen sehr unwahrscheinlich. „Jeder Händler, der garantiert, dass alle im Laden FFP2-Masken aufhaben, der soll aufmachen dürfen“, meint der Wirtschaftsminister deshalb. Warum, so seine Idee, sollten nicht bald überall Maskenautomaten stehen? Um die Versorgung sicherzustellen, will er sogar an die Bestände im „Pandemielager“ des Freistaats ran.

Ein weiteres wichtiges Instrument, vor allem im Lockdown, ist für Frank Richartz von der Wirtschaftsförderung des Landkreises Nürnberger Land der Heimatgutschein, um den es bei diesem Termin eigentlich gehen soll. Wer den Handel vor Ort unterstützen wolle, der könne zu Weihnachten solche Gutscheine unter den Baum legen. „Das ideale Geschenk“, meint auch Aiwanger, „da soll die Oma fünf für die Familie kaufen“.
Hinter dem von der Wirtschaftsförderung initiierten Heimatgutschein steht der Medienverbund Nürnberger Land, zu dem neben dem Verlag der Pegnitz-Zeitung auch die Verlage von Bote und Hersbrucker Zeitung gehören. Die Grundidee ist simpel: Es gibt einen Gutschein, der inzwischen in über 160 Geschäften im Landkreis einlösbar ist, vom Supermarkt über den Optiker bis eben zum Bekleidungsgeschäft. Ihn kann man entweder online kaufen, oder man erwirbt eine Gutscheinkarte an 20 Verkaufsstellen. Die Kunden zahlen keine Gebühren, die teilnehmenden Händler einen geringen Prozentsatz des Gutscheinwerts.
Zehn bis 250 Euro kann man so verschenken. Und Unternehmen können ihren Mitarbeitern bis zu 44 Euro steuerfrei pro Monat zukommen lassen. Die Sparkasse Nürnberg etwa, einer der Partner des Projekts, hat ihren 1700 Angestellten einen 20-Euro-Gutschein zum Weihnachtsgeschenk gemacht. Auch die Stadt Lauf, so Bürgermeister Thomas Lang, habe bereits Gutscheine verteilt.
Über 6000 Gutscheine verkauft
Das Geld bleibt dabei im Landkreis, es geht nicht an Amazon und Co. Inzwischen sind rund schon rund 6300 Gutscheine verkauft worden, etwa 150 000 Euro „im System“, wie PZ-Verleger Kai Herrmann sagt.
„Das Besondere am Heimatgutschein ist die landkreisweite Aufstellung“, sagt Landrat Armin Kroder (FW). Oft gebe es solche Gutscheinsysteme nur in einzelnen Kommunen.
Für Daniela Walter vom Herrenhaus Engelhardt & Walter ist das eine gute Sache. Retten wird der Heimatgutschein den Einzelhandel im Alleingang aber nicht: „Es ist nur ein Standbein“, sagt sie, „aber der Gutschein fördert auf jeden Fall den Heimatgedanken“.

Ein weiteres Standbein, rät Aiwanger, sollten sich Einzelhändler aufbauen: Sie sollten sich „technisch stark genug machen“, um im Lockdown auch auf Angebote wie eine Onlinebestellung samt anschließender Lieferung oder „Click and Collect“ – also die Abholung im Geschäft – setzen zu können.
Daniela Walter und Rolf Walter, die Geschäftsführer von Engelhardt & Walter, sehen die Zukunft aber nach wie vor nicht nur online: „Es geht bei uns ums Einkaufserlebnis.“
Am meisten wäre ihr und vielen Einzelhändlern geholfen, sagt Daniela Walter, wenn ihnen ein Teil der bisher aufgenommenen KfW-Kredite erlassen würde. Das Unternehmen, das Standorte in Lauf und Amberg hat, kam durch den ersten Lockdown und über den Sommer ohne Überbrückungshilfe. Im November hat sich das geändert, „sogar der online erzielte Umsatz ist eingebrochen“. Und der so wichtige Dezember könnte nun zur Hälfte ausfallen. Die Branche braucht definitiv mehr als FFP2-Masken.