Sicherheit, gründliche Ausbildung und erschwingliche Preise im „KunstGriff“

Bewährtes Konzept beim Hallenklettern

Kletterwandbetreuerin Eva Dechand schraubt eine Route für den Jubiläums-Klettercup am 3. Oktober.  Foto: Roland Fengler
Kletterwandbetreuerin Eva Dechand schraubt eine Route für den Jubiläums-Klettercup am 3. Oktober. Foto: Roland Fengler2014/08/kletterwand.jpg

Klettern ist ein Trendsport und zum Teil auch ein großes Geschäft. In Altdorf verfolgt man ein anderes Konzept: In der ältesten Vereins-Kletterhalle in der Region – sie wurde vor genau zehn Jahren eingeweiht – setzt man nicht auf Superlative. Im Vordergrund stehen hier eine gründliche Ausbildung und familienfreundliche Eintrittspreise. Gestemmt wird alles von ehrenamtlichen Helfern aus der dortigen Alpenvereinssektion.

ALTDORF – Noch herrscht gähnende Leere an den Wänden in der Kletterhalle „KunstGriff“ in Altdorf. In den kommenden Wochen werden sich die grau gestrichenen Holzwände aber nach und nach mit bunten Kunststoffgriffen füllen. Jedes Jahr schrauben die Mitglieder des DAV Altdorf fast 3000 Griffe ab, reinigen sie und bringen sie anschließend in neuer Kombination wieder an. So entstehen rund 60 Routen. Wo an den 230 Quadratmetern Kletterfläche welche Schwierigkeiten entstehen sollen, zeigt ein Routenplan, der in der Mitte der Halle auf einer blauen Weichbodenmatte ausliegt.

Eva Dechand hat sich für heute eine Anfängerroute vorgenommen. Die Burgthannerin, die seit fünf Jahren ehrenamtlich in der Kletterhalle hilft, packt ein gutes Dutzend neongelbe Griffe und Metallschrauben in einen Beutel. Mit einem Karabiner befestigt sie ihn am Klettergurt. Nachdem sie die ersten Griffe und Tritte angebracht hat, misst sie mit dem Arm den Abstand zum nächsten Haltepunkt. „Er soll so weit sein, dass auch Kinder und kleinere Leute gut hinkommen.“ Das sei gerade in Altdorf wichtig, denn hier würden auch regelmäßig Kinder- und Jugendgruppen sowie Kletterer mit Behinderung üben.

Bequem und sicher stehen

Vor allem in der Nähe der Zwischensicherungen schraubt Eva Dechand henkelartige Griffe an. Für die ersten Vorstiegsversuche sei es wichtig, dass man beim Einhängen des Seils in die Expressschlinge bequem und sicher stehen und sich mit einer Hand gut festhalten kann, so ihre Erfahrung. „Wenn ich eine Route schraube, die den Leuten gut gefällt, freue ich mich“, begründet sie ihre Motivation, ihren Feierabend in der Halle zu verbringen.

Eva Dechand ist eine von insgesamt 15 Ehrenamtlichen, die sich um die Kletterhalle kümmern. Zwischen Oktober und April stellt diese Gruppe den öffentlichen Betrieb sicher: Von Montag bis Donnerstag von 19 bis 22 Uhr dürfen Vereinsmitglieder und Gäste die Halle des DAV Altdorf gegen eine kleine Gebühr benutzen. Das Angebot wird gerne angenommen: Bis zu 40 Kletterer tummeln sich in der Halle.‘

Insgesamt 40.000 Besucher zählte die Kletteranlage in den vergangen zehn Jahren. Ernsthaft verletzt hat sich in der ganzen Zeit noch niemand, berichtet DAV-Vorstandsfrau und Kletterwandbetreuerin Rita Lutz. Das sei zum einen natürlich etwas Glück, zum anderen aber auch das Konzept, das die Altdorfer verfolgen: Immer zwei Kletterwandbetreuer, die meisten von ihnen mit einem Übungsleiterschein, schieben an den öffentlichen Abenden Dienst. Sie kassieren nicht nur und geben Material aus. Sie achten auch darauf, dass die Kletterer ihre Knoten sauber knüpfen und ihre Sicherungsgeräte richtig benützen. „Wenn etwas nicht passt, machen wir die Leute darauf aufmerksam“, sagt Rita Lutz. „Manche finden das anfangs etwas komisch, aber in der Regel nehmen die Kletterer die Ratschläge gerne an“, so ihre Erfahrung.

Die Aufmerksamkeit der Wandbetreuer ist die logische Konsequenz aus den Ergebnissen der Sicherheitsforschung: „Die meisten Unfälle in Kletterhallen passieren durch Unachtsamtkeit beim Sichern“, fasst Stefan Winter, Ressortleiter Breitenbergsport, Sportentwicklung und Sicherheitsforschung beim DAV-Dachverband die Statistiken zusammen. Der Verbandsmitarbeiter hält Hallenklettern aber insgesamt für eine sehr sichere Sportart: Trotz über 350.000 aktiver Klettersportler in Deutschland gäbe es jedes Jahr nur ganz wenige schwere Unfälle. Tödliche Unglücke würden glücklicherweise nur alle zwei bis vier Jahre passieren, so Winter. Bundesweit gibt es 31 DAV-Kletterhallen.

Innenausbau in Eigenregie

Eine weitere Möglichkeit, Unfälle zu verhindern, sieht die DAV-Sicherheitsforschung in gründlicher Ausbildung. Auch hier ist die  Altdorfer Sektion aktiv: Jedes Jahr werden jeweils zwei Toprope- und Vorstiegskurse von den Kletterwandbetreuern angeboten. Familien- und Jugendgruppen schulen ihre Aktiven extra.

Nicht nur beim Kletterbetrieb setzt der 1900 Mitglieder starke Verein auf ehrenamtliches Engagement: Auch schon beim Bau der Anlage halfen vor zehn Jahren zahlreiche Freiwillige mit. Nachdem die Stadt Altdorf den Anbau an die Dreifachturnhalle der Hauptschule zur Verfügung gestellt hatte, übernahm die Sektion den Innenausbau in Eigenregie. Vom Jugendlichen bis zum Rentner hätten damals alle mit angepackt, erinnert sich Stefan Link, damals der Projektleiter und Chef der Sportkletterabteilung.

Unter anderem hätten die Mitglieder die Holzplatten besandet und gestrichen sowie rund 10.000 Schlagmuttern darin versenkt. 2100 ehrenamtlich Arbeitsstunden seien so zusammengekommen. Es hätten auch viele Mitglieder mitgearbeitet, die gar nicht selbst klettern. „Wir hatten das Ziel, gemeinsam dieses Vorzeigeprojekt fertigzustellen“, sagt Stefan Link.

Am 3. und 4. Oktober feiert die Sektion das zehnjährige Bestehen der Halle mit einem Klettercup und einem Kabarett-Abend. Bis dahin schrauben die Ehrenamtlichen Routen in fast allen Schwierigkeitsgraden und kümmern sich um die Organisation des Jubiläumsprogramms. Auch wenn sie viel Freizeit investieren müssten, würden sie sich alle gerne engagieren, sagen die Klettwandbetreuer. „Es macht einfach Spaß, anderen zu vermitteln, was uns selbst begeistert“, so Rita Lutz.

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