NÜRNBERGER LAND – In zwanzig Jahren werden im Landkreis Nürnberger Land rund 46.500 Menschen zur Altersgruppe „67plus“ gehören – gut 10.500 mehr als heute. Darauf hat die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) hingewiesen und befürchtet durch die kommende Rentnergeneration der Baby-Boomer einen zunehmenden Mangel an altersgerechten Wohnungen.
Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen, die das Pestel-Institut bundesweit für Städte und Kreise ermittelt hat. Die Wissenschaftler haben die Bevölkerungsentwicklung im Rahmen einer Studie zur künftigen Wohnsituation von Senioren für den Bundesverband des Deutschen Baustofffachhandels (BDB) untersucht.
„In den kommenden Jahren werden im Nürnberger Land immer mehr ältere Menschen eine barrierearme Wohnung brauchen – ohne Treppenstufen, dafür mit bodengleicher Dusche und genügend Platz für das Rangieren mit Rollator und Rollstuhl“, sagt Iris Santoro von der IG Bau. Ihrer Meinung nach müssten die Zahlen den Wohnungsbaupolitikern schon jetzt Kopfzerbrechen bereiten: Nach Angaben des Pestel-Instituts benötigen bereits heute mehr als 6.150 Haushalte im Nürnberger Land eine Seniorenwohnung, weil in ihnen Menschen im Rentenalter leben, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.
Über 7400 Wohnung gebraucht
In zwanzig Jahren werden im Kreis Nürnberger Land nach Berechnungen der Wissenschaftler über 7.400 Wohnungen gebraucht, in denen Menschen mit einem Rollator oder Rollstuhl klarkommen. „Damit herrscht auch jetzt schon ein massiver Mangel an Seniorenwohnungen. Und demnächst gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Dann steuern wir sehenden Auges auf eine graue Wohnungsnot zu“, sagt die Bezirksvorsitzende der IG BAU Mittelfranken.

BAU Mittelfranken befürchtet
in den kommenden Jahren eine
zunehmende „Wohn- Altersarmut“.
Foto: IG BAU / Tobias Seifert2023/08/Iris-Santoro_Portraet.jpg
Neben dem Mangel an altersgerechten Wohnungen befürchtet die IG BAU auch eine zunehmende Altersarmut durchs Wohnen. So drohten bei der Boomer-Generation künftig zwei Dinge „fatal aufeinander zu treffen“: erstens die Gefahr eines sinkenden Rentenniveaus. Und zweitens steigende Kosten fürs Wohnen. Mieter seien hier genauso betroffen wie Menschen mit Wohneigentum, wenn beim Einfamilienhaus oder bei der Eigentumswohnung Sanierungen fällig würden.
„Wenn die Wohnkosten weiter in dem Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen. Ältere Menschen werden die hohen Mietpreise oft kaum noch bezahlen können. Für viele wird es dann finanziell richtig eng. Deshalb werden auch im Nürnberger Land künftig deutlich mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben“, lautet Santoros düsterer Ausblick.
Um den Wohnungsmarkt für die kommende Rentnergeneration besser vorzubereiten, fordert die IG BAU die Schaffung von mehr preiswertem, vor allem aber auch altersgerechtem Wohnraum. Die Bezirksvorsitzende der IG BAU Mittelfranken sagt: „Deshalb brauchen wir auch für den heimischen Wohnungsmarkt klare finanzielle Anreize. Angesichts der drohenden grauen Wohnungsnot ist deutlich mehr Geld für den Neubau von Seniorenwohnungen, aber auch für die altersgerechte Sanierung bestehender Wohnungen erforderlich.“ Hier seien alle gefordert – Kommunen, Land und Bund.
Fördertopf von 75 Millionen Euro
Das Bundesbauministerium stelle in diesem Jahr einen Fördertopf von 75 Millionen Euro über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für den altersgerechten Umbau von Wohnungen zur Verfügung. „Das Geld wird dringend gebraucht. Aber es reicht bei Weitem nicht. Das hat das letzte Jahr gezeigt. Da gab es exakt die gleiche Fördersumme. Und der Topf war ruckzuck leergefördert, schon nach sechs Wochen war kein einziger Förder-Euro mehr da. Da muss mehr passieren“, fordert Iris Santoro.
Zusätzlich schlägt die IG BAU eine Selbstverpflichtung für große Wohnungskonzerne vor. Iris Santoro erklärt: „Mit Blick auf den eklatanten Mangel an Seniorenwohnungen sollten sich die Wohnungsunternehmen verpflichten, einen bestimmen Anteil freiwerdender Wohnungen altersgerecht umzubauen.“ Dieser sollte nach Einschätzung der Bezirksvorsitzenden bei mindestens 20 Prozent liegen.