Neunkirchen/ Speikern/ Rollhofen– Neben der Tradition des Osterbrunnenschmückens haben sich in der Gemeinde Neunkirchen noch zwei weitere Bräuche bis in die heutige Zeit hinein gehalten. Einer davon ist das „Reiideleiersingen“, das in Neunkirchen zum Beispiel in der Nacht auf Ostermontag von jungen, jung gebliebenen und unverheirateten Burschen, aber auch zusehend von Mädchen durchgeführt wird. Auch das „Schlattern“ ist Teil der Traditionen in der Gemeinde – so zum Beispiel in Speikern.

Bekanntlich schweigen in der Karwoche von Gründonnerstag bis zur Auferstehung Jesu am Ostersonntagmorgen die Kirchenglocken. Damit die Gläubigen trotzdem daran erinnert werden, ziehen deshalb am Karfreitag und am Karsamstag die „Schlatterer“ durch Speikern. In Speikern sind dies Jungen und Mädchen ab der ersten Klasse. Mit ihren selbstgebauten hölzernen „Schlattern“ laufen die Jugendlichen in Zweierreihen und schweigend, jeweils um 6 Uhr, 12 und 18 Uhr durch das Dorf.
„Schlattern“ für Schokoeier
Dabei „schlattern“ sie nach Kräften und erinnern mit dem entstehenden Lärm die Gläubigen an das Angelusgebet. Bei ihrer letzten „Schlatterrunde“ am Samstagmittag ziehen die „Schlatterer“ dann von Haus zu Haus und bekommen von den Bewohnern ihren „Schlatterlohn“ – in Form von Ostereiern, Süßigkeiten oder Geld.
Am Ostersonntag hingegen sind in Rollhofen und Neunkirchen die „Reiideleiersinger“ ab dem frühen Abend unterwegs und ziehen singend in beiden Ortschaften von Haus zu Haus. Heuer besuchten rund 20 Personen alteingesessene Bürger. Mit dabei hatten auch sie eine lange Stange mit vorne festgebundenem Korb, der sogenannten „Krätzn“.
Wird ein Haus besucht, stellen sich die Jugendlichen davor auf und singen gemeinsam. Sind die Hausbewohner den „Reiidleiersingern“ wohlgesonnen und wird die Haustüre geöffnet, so hält der „Träger“ ihnen die Stange mit der „Krätzn“ entgegen. In diese werden die Ostergaben wie Ostereier, Süßigkeiten, Geld, auch mal Alkohol oder Obst hineingelegt. Hatten die Sänger in Neunkirchen ihre Gaben erhalten, zogen sie zum nächsten Haus weiter. Die Stimmung der Gruppe war gut, was man an den lauten Gesängen merkte.
Am frühen Morgen wurde dann alles gemeinschaftlich von den Sängern verspeist oder die Jugendlichen treffen sich in den nächsten Tagen nochmals, um die Reste zu essen. Verantwortlich für die Durchführung des Brauchs in Neunkirchen waren heuer Nora Steinbinder und Siegfried Star. Auch in Rollhofen wurde dieses Jahr wieder der alte Brauch fortgeführt.
Verschiedene Schreibweisen
Das „Reiidleiersingen“ taucht dabei in verschiedenen Schreibweisen auf und lässt sich auf eine Bedeutung zurückführen: Die Eier wurden früher mit Naturfarben behandelt und erhielten ihre Farben – Rot von roten Rüben, Grün von Spinat, Braun von Zwiebelschalen und Gelb von ausgekochtem Kümmel.
Vor allem Rot erfreute sich großer Beliebtheit, da man ihm besondere Schutzkraft zusprach. Ihre rote Farbe erhielten die Ostereier früher durch Malzkaffee oder Zichoriepapier, womit sie „gerötelt“ wurden.
Diese rötliche Färbung wird im fränkischen Dialekt beziehungsweise im Volksmund mit dem Wort „Reiidleier“ beschrieben, wobei die Schreibweise des Wortes dabei unterschiedlich ist. Auch in früheren örtlichen Aufzeichnungen lassen sich keine Hinweise auf die korrekte Schreibweise finden: Dort gibt es: Reiidleier, Raidleier, Rötleier, Röitleier. Auch das Schriftbild der anderen Worte unterscheidet sich geringfügig zwischen den Orten Neunkirchen, Speikern und Rollhofen.
Von Peter Friedewald und Franz Semlinger