HERSBRUCK – Sie verzaubern seit Generationen: die kraftvollen Melodien der 20er bis 40er Jahre mit ihren teils scharfzüngigen, teils hintersinnigen Texten, die dem Zuhörer leicht ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Alexandra Völkl, die Ton und Augenaufschlag dieser Zeit bestens beherrscht, gastierte mit ihrem Programm „Wie einst Lili Marleen … Die lange Nacht der Ufa-Stars“ auf Einladung des Fördervereins im Paul Pfinzing Gymnasium.
Marlene startete als pummliges Strumpfmodel und Zarah — zu groß, zu kräftig und sehr kurzsichtig geraten — trug zu allem Übel auch noch einen jüdischen Vornamen. Nichtsdestotrotz haben es die Dietrich und die Leander zu weltweitem Ruhm gebracht. Wie? Natürlich nur mit Musik. Und davon präsentierte die Schauspielerin und Sängerin Alexandra Völkl reichlich in ihrer Revue; am Piano beschwingt begleitet von Jazz-Pianist Sören Balendat.
Zu „Für eine Nacht voll Seligkeit“, einem Klassiker, den ursprünglich die temperamentvolle, tanzende und singende Ungarin Marika Rökk intonierte, enterte Völkl die Bühne. Mit raffiniert hochgestecktem Haar, langem schwarzen Satin-Cocktailkleid und dezentem Schmuck schlüpfte sie augenblicklich in die Rolle der großen 20er-Diven.
Nostalgische Filmschlager und Chansons gepaart mit allerlei pikantem Tratsch und charmanten Erinnerungen nehmen das Publikum bald gefangen. Und spätestens bei dem provokanten Schlager „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“, erstmals intoniert von Fritzi Massary, ist das Eis gebrochen. Kokett bezirzt Völkl ihr Publikum während sie die pikanten Zeilen singt. Die verruchte Mimik der Diven macht ihr dabei sichtlich Spaß.
Im Lauf des Abends gewinnt die Revue zunehmend an Fahrt: Etwa wenn die Völkl Marlene Dietrichs „Kinder, heute Abend da such ich mir nen Mann aus“ aus dem berühmten Film „Der blaue Engel“ präsentiert oder das gewitzte ,,Yes, Sir — No, Sir“ singt. Berührende Gesangslinien hingegen begegnen dem Publikum bei „Von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ und dem zu Tränen rührenden „Lili Marleen“.
Zwischen den Liedern unterhält die Schauspielerin die Gäste mit heiteren und verruchten Anekdoten aus dem Leben der Ufa-Stars. Sie verrät sogar Friedrich Holländers (Komponist) Rezept für ein perfektes Chanson. Aber nicht nur Musik wurde gekocht in den wilden Zwanzigern. Die Diven selbst standen leidenschaftlich gern hinterm Herd. Wenn auch nicht immer erfolgreich: So soll sich ein Enkel der Dietrich mit Grausen an Großmutters Rührei erinnern, das so fett war, dass er sich nach der Mahlzeit übergeben musste. Auch Schönheitsideale dürfen an diesem Abend nicht fehlen. Völkels Tipp a la Diva: Maßgeschneiderte Kleider machen selbst die kräftige Zarah schlank, ein anleitender Bodyguard und Sonnenbrille vertuschen die Kurzsichtigkeit und wenn der Filmpartner zu groß ist, wird sich eben kurzerhand auf einen Schemel gestellt.
Ob Hitlers Leibstandarte tatsächlich für die Leander Ballett getanzt hat und die Dietrich den Effekt langer Beine auf Bildern wirklich dadurch verstärkte, dass sie Tisch- und Stuhlbein kürzte? Beweisen kann man es nicht, doch das Publikum amüsiert sich köstlich. Ebenso unterhaltsam sind die Lieder um den untreuen Waldemar (Zarah Leander), Evelyn Künnekes Songs, etwa „Haben sie schon mal im Dunkeln geküsst“ oder das Lied fast ohne Text, das die NS-Machthaber reizte.
Den fulminanten Schlusspunkt, nach mehreren Zugaben vor begeistertem Publikum, setzte ein Lied in stark oberpfälzisch gefärbtem Dialekt, in der eine pubertierende Göre die verzweifelte Frage stellt: Was ist nur ein „Pien Ubp-Girl“(Pin-Up-Girl). Ein mehr als unterhaltsamer Abend. Anna Schneider