Amtsgericht Hersbruck

Junge Frau belästigte ihre Therapeutin über Monate hinweg

HERSBRUCK – Immer und immer wieder mailte sie ihrer Sprachtherapeutin, schickte ihr SMS oder WhatsApp-Nachrichten. Sie ließ der Frau aus Norddeutschland über Monate hinweg keine Ruhe, selbst eine einstweilige Verfügung hielt die Frau aus dem Landkreis Nürnberger Land nicht auf. Deshalb stand sie nun wegen Nachstellung vor dem Hersbrucker Amtsgericht.

Sie konnte es einfach nicht lassen: Zwischen Ende Mai und Ende September 2019 belästigte sie regelmäßig, mitunter mehrmals täglich ihre ehemalige Therapeutin. Darunter fielen harmlose Liebesbekundungen und lästige Essensbestellungen auf den Namen der Geschädigten, aber auch schwerste Drohungen, in denen die Angeklagte ankündigte, ihr Opfer zu „häuten“. Die Frau erwirkte sogar ein Kontaktverbot, daran gehalten hat sich die Beschuldigte jedoch nicht. Insgesamt 104 Fälle der Nachstellung legt die Staatsanwaltschaft der 24-Jährigen zur Last.

Strafe und weiter geht’s

Über ihre Verteidigerin räumt sie die Taten ein. Die Angaben seien zutreffend und es tue ihr leid. Problematisch ist die Vorgeschichte der jungen Frau. Erst im Juni 2019 wurde sie zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Gründe damals: Falsche Verdächtigung, Nötigung, Bedrohung und Nachstellung. Das Urteil, das mitten in den Zeitraum der heute verhandelten Taten fällt, zeigte jedoch nur kurz Wirkung: Nicht einmal eine Woche später stellte sie ihrer Therapeutin wieder nach, schickte SMS, Mails und Bilder von Blut aus Verletzungen, die sie sich selbst zugefügt hatte. Erst, als sie Ende September 2019 eine Arbeitstherapie begann, neben der sie mittlerweile auch eine Psychotherapie zur Aufarbeitung ihrer Straftaten absolviert, hatte ihr Opfer Ruhe.

Die Staatsanwältin sieht daher keine andere Möglichkeit, als die Angeklagte für ein Jahr und zehn Monate ins Gefängnis zu schicken. Für die Angeklagte spreche lediglich ihr Geständnis und ihr Einverständnis, dass ihr Handy eingezogen wird. Demgegenüber stünden massives, monatelanges Stalking und schwere Bedrohungen, die sich nicht nur gegen das Hauptopfer, sondern auch gegen deren Familie richteten. Die Geschädigte sei mittlerweile kaum noch arbeitsfähig, musste ihre Dienstnummer wechseln und gar alle Artikel ihrer lokalen Tageszeitung aus dem Internet entfernen lassen, nur damit die Angeklagte keine Hinweise auf ihren Verbleib findet. Zudem stand die 24-Jährige bereits unter Bewährung, habe daraus jedoch nichts gelernt und bereits eine Woche nach dem vergangenen Urteil wieder begonnen, ihrem Opfer nachzustellen. Eine Bewährungsstrafe komme daher auf keinen Fall infrage, so die Staatsanwältin.

Die Verteidigerin sieht die Ausführungen der Anklagevertreterin ähnlich. Demnach bleibe ihr nichts anderes übrig, als auf das therapeutische Netz zu verweisen, das sie seit der vergangenen Verurteilung für ihre Mandantin aufgebaut habe. Seit die junge Frau in Arbeitstherapie sei, sei auch nichts mehr passiert, was beweise, dass die Maßnahme wirke. Zudem spreche für die 24-Jährige, dass sie ihr Opfer lediglich übers Handy und E-Mails bedroht hat und nicht von Angesicht zu Angesicht. „Eine letzte Chance erbittend“, stellt sie die Freiheitsstrafe ins Ermessen des Gerichts, hofft auf die Aussetzung zur Bewährung und regt an, die laufenden Therapien als Auflage verpflichtend fortführen zu lassen.

Eine letzte Chance

Richter Klaus Schuberth, nach eigenen Angaben nicht bekannt für zweite Chancen, spricht die 24-Jährige schuldig. Er verurteilt sie zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe, setzt diese jedoch auf fünf Jahre zur Bewährung aus. Nur ungern würde er die Angeklagte aus ihrem therapeutischen System herausreißen, indem er sie ins Gefängnis schicken würde. Denn dann bliebe fraglich, wie es nach der Haft weitergehe.

Deshalb erlegt er ihr auf, dass sie ihre Arbeits- und Psychotherapie in jedem Fall beenden muss, dabei soll ihr weiterhin ein Bewährungshelfer zur Seite stehen. Schuberth stellt allerdings auch klar: Sollte die 24-Jährige ihre Therapien selbstverschuldet nicht zu Ende führen, muss sie sofort ins Gefängnis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da die Staatsanwältin erwägt, Rechtsmittel einzulegen.

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