NÜRNBERGER LAND — Die Infektionszahlen steigen im Landkreis wieder, gleichzeitig stagnieren die Impfzahlen. In den Krankenhäusern ist die Situation bisher allerdings noch entspannt. Wie geht es in den nächsten Wochen weiter? Wo finden im Augenblick die meisten Ansteckungen statt? Sind auch Geimpfte unter den Infizierten? Nach wie vor wirft die Pandemie viele Fragen auf – wir wollen sie beantworten.
Wo haben sich die Infizierten angesteckt?
Bei den meisten neuen Fällen handelt es sich laut Landratsamt derzeit um Reiserückkehrer aus dem Ausland. Vor Ort erfolgen die Ansteckungen oft durch Familie und Freunde, aber das macht der Behörde zufolge aktuell nur einen geringen Anteil aus. Betroffen sind außerdem – wie schon in den ersten Infektionswellen – die Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften. So gibt es alleine in einer Hersbrucker Asylbewerberunterkunft 22 positiv Getestete.
Wie häufig ließ es sich in den vergangenen Wochen überhaupt klären, wo sich Infizierte angesteckt haben?
Laut Landratsamt haben die meisten Infizierten eine Vermutung, wo sie sich angesteckt haben könnten. Aber in den seltensten Fällen sind sie sich über einen Kontakt mit einem Corona-Positiven bewusst oder waren vorher enge Kontaktpersonen.
Wie häufig haben sich Geimpfte angesteckt?
Von insgesamt 162 positiv getesteten Landkreisbewohnern im Monat August waren 32 geimpft, das entspricht etwa 20 Prozent. Die Geimpften hatten dem Landratsamt zufolge alle milde Krankheitsverläufe, einige waren auch komplett asymptomatisch.
Wie viele Menschen im Nürnberger Land können sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen?
Die Zahl der Personen mit Kontraindikationen wie beispielsweise einer Allergie gegen den Impfstoff oder früheren allergischen Reaktionen auf Impfungen schätzt das Gesundheitsamt auf gerade einmal ein bis zwei Prozent der Landkreisbevölkerung. Das entspräche etwa 1700 bis 3400 Personen.
Wie ist die Situation bei Kindern und Jugendlichen?
Das Landesamt für Statistik teilt mit, dass zum 31. Mai (neueste Zahlen) 171.143 Personen im Landkreis leben. Davon entfallen 141.982 auf die Jahrgänge 2002 und früher, sie sind also erwachsen. 10.738 Personen entfallen auf die Jahrgänge 2003 bis 2009, der größte Teil davon ist also zwölf bis 18 Jahre alt. In Deutschland sind die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna für Jugendlichen ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Diese Altersgruppe könnte sich also impfen lassen. 18.416 Personen entfallen auf die Jahrgänge 2010 bis 2021 (null bis elf Jahre), sie können sich nicht impfen lassen.
Wie viele Landkreisbewohner wurden bereits geimpft, tauchen in der Statistik des Landratsamtes aber nicht auf?
Die offizielle Impfquote liegt derzeit – Stand Donnerstag vergangener Woche – bei 57 Prozent (Zweitimpfungen beziehungsweise eine Dosis des Impfstoffs von Johnson & Johnson). Doch die tatsächliche Quote dürfte davon abweichen. Denn wer etwa in Nürnberg oder Erlangen geimpft wurde, ob im Impfzentrum oder bei einem Hausarzt, geht in die dortigen Statistiken ein. Umgekehrt können sich aktuell alle, die wollen, im Röthenbacher Impfzentrum impfen lassen und werden dann in der Impfstatistik des Landkreises erfasst, auch wenn sie dort nicht wohnen. Hinzu kommt eine Besonderheit bei den Impfungen durch Betriebsärzte: Deren exakte Zahl ist nicht zu ermitteln.
Wieso gibt das Landratsamt nicht an, wie viele Impfungen es bei Betriebsärzten gab?
Diese Gesamtzahl ist nirgendwo verzeichnet. Betriebsärzte können auch eine niedergelassene Praxis haben. Rechnen sie Impfungen darüber ab, tauchen diese durchaus in der Statistik des jeweiligen Landkreises auf. Ist das nicht der Fall, gibt es unterschiedliche Meldewege – doch die Zahl der Impfungen wird dann nur vom Robert-Koch-Institut (RKI) direkt erfasst. Eine Ortsangabe lässt sich laut der Berliner Behörde aber nicht zuordnen. Beim RKI gibt es keine Schätzungen, wie hoch die Impfzahlen bei Betriebsärzten sind. Zu berücksichtigen ist insbesondere bei der Quote im Nürnberger Land, dass viele Berufstätige aus dem Landkreis nach Nürnberg oder Erlangen pendeln.
Wie hoch liegt die Zahl der Landkreisbewohner, die sich zwar impfen lassen könnten, dies aber bisher noch nicht getan haben?
Diese Rechnung ist anhand der unvollständigen Impfzahlen schwer. Lässt man die Impfungen bei Betriebsärzten außen vor, rechnet aber die Jugendlichen mit ein und zieht die medizinischen Ausnahmefälle ab, könnten sich etwa 150.000 Landkreisbewohner impfen lassen. Davon sind etwa 97.000 Personen geimpft, das entspricht knapp zwei Dritteln. Demnach könnten sich noch etwa 50.000 Personen impfen lassen. Geht man davon aus, dass der größte Teil der Jugendlichen noch nicht geimpft ist, kommt man auf etwa 40.000 Erwachsene.
Wie viele Patienten werden aktuell in den Krankenhäusern wegen einer Infektion betreut, wie viele davon sind geimpft?
Derzeit gibt es in Lauf drei Corona-Fälle auf der Normalstation. Davon sind alle ungeimpft. In Altdorf gibt es derzeit keine Fälle, wie das Klinikum Nürnberg mitteilt.
Wie viele Landkreisbewohner sind bisher an einer Infektion gestorben?
Laut Landratsamt sind bisher 202 Menschen „mit oder an“ einer Infektion gestorben, der letzte Anfang August.
Gibt es einen Zusammenhang der steigenden Impfzahlen und der abnehmenden Todesfälle?
Im Gesundheitsamt gibt es keinen Zweifel daran, dass die Corona-Impfungen wirken und viele Menschen vor einem schweren Verlauf oder gar dem Tod schützen. Zahlen des RKI stützen diese Aussage: Die bundesweite Impfquote liegt mittlerweile bei rund 60 Prozent. Unter denjenigen, die aufgrund einer Corona-Erkrankung in ein Krankenhaus kommen, waren von 19. Juli bis 19. August rund 92 Prozent ungeimpft. Von den Intensivpatienten waren seit Mitte Juli nach RKI-Daten über 94 Prozent ungeimpft.
Quellen: Landratsamt Nürnberger Land, Statistisches Landesamt, RKI, Klinikum Nürnberg, eigene Recherche.