SCHWAIG – Ein Vortrag über die Yanomami hat die Zuhörer im Eine-Welt-Laden „Fair & Mehr“ in Schwaig in den Bann gezogen. Hans Zeller hatte die Menschenrechtsaktivistin Christina Haverkamp, die der Minderheit seit 32 Jahren ihr Leben widmet, eingeladen, um von ihrer Arbeit zu erzählen.
Die Yanomami gehören zu den letzten indigenen Völkern der Welt. Die 35.000 Ureinwohner bewohnen den Regenwald zwischen Brasilien und Venezuela. Dort leben sie in Shabonos – Rundhäusern – und ernähren sich von Jagd, Fischerei und Früchteanbau. Sie treten selten in Kontakt mit der Außenwelt und trauen dort nur wenigen Menschen. Eine davon ist Menschenrechtsaktivistin Christina Haverkamp. Mit Bildern über das bedrohte Volk beeindruckte sie die Gäste.

Im Floß über den Atlantik
1992 segelten Haverkamp und der Menschenrechtsaktivist Rüdiger Nehberg auf einem selbst gebauten Floß von Dakar im Senegal 52 Tage lang nach Fortaleza (Brasilien) über den Atlantik. Im Rahmen der 500-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas machten sie mit dieser Protestfahrt auf die Situation der Ureinwohner aufmerksam.
Seitdem verbringt Haverkamp jedes Jahr drei Monate mit den Yanomami. Wie sie selbst sagt, schätzt sie deren Lebensform sehr – besonders ihre Gemeinschaft. „Sie leben, jagen und fischen immer gemeinsam. Yanomami-Kinder wachsen mit dem Bewusstsein auf, zum Stamm zu gehören, dies stärkt ihr Urvertrauen“, erzählte sie. Durch die lange Begleitung der Ureinwohner im Norden Brasiliens versteht sie inzwischen deren Sprache ganz gut. Es wächst aber bei den Indigenen auch das Interesse am Erlernen des Portugiesischen, was die Verständigung erleichtert.
Haverkamp betonte, dass besonders die Goldsucher eine große Gefahr für die Yanomami sind. Sie bringen Krankheiten wie Malaria und in den vergangenen Jahren auch Corona zu den Ureinwohnern. Außerdem wühlen sie den Boden auf, fällen Bäume und setzen Quecksilber zur Goldgewinnung ein. Der giftige Stoff setzt sich dann durch Niederschlag im Boden und Grundwasser ab, was zu Erkrankungen führt.
Krankenstation entstand
Deshalb hat die Menschenrechtsaktivistin begonnen, eine Krankenstation aufzubauen. Schnell entwickelte diese sich zu einem Selbsthilfeprojekt und es kamen zwei Krankenstationen dazu. Inzwischen setzt Haverkamp sich für den Aufbau einer weiteren Krankenstation ein.
Aber auch die ehemalige Regierung Brasiliens stellte eine Gefahr für die Yanomami dar, so die Expertin bei ihrem Vortrag in Schwaig. Präsident Jair Bolsonaro wollte den Regenwald „wirtschaftlich nutzen“, forderte Waldrodung und wollte ein Gesetz erlassen, das die Goldsuche in der Yanomami-Region legalisieren sollte.
Inzwischen respektiert die Politik mit dem neuen Präsidenten Lula da Silva wieder stärker die Rechte der Indigenen. Wichtig sei, so berichtete Haverkamp, dass sie ihr Land auf ihre Art nutzen können. „Ihr Land“, so informiert sie, „ist zwar als Indianer-Schutzgebiet ausgewiesen und anerkannt. Das ist auch in der brasilianischen Verfassung so festgehalten. Das Prinzip wird jedoch, wie so oft bei Menschenrechten, vollkommen missachtet“.
Und weiter: „Wir schulen die jungen Yanomami daher auch politisch, erklären ihnen, welche Rechte sie haben und wie man diese einfordert. Sie erfahren, wie Korruption aussieht und wie man ihr entgeht. Denn Goldsucher haben begonnen, einzelne Häuptlinge zu beschenken, um sie für sich zu gewinnen“, berichtete Haverkamp.
Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich ein spannender Austausch. VON HANZ ZELLER/ PZ