HERSBRUCK – Das war wirklich eine originelle Idee von Hans Hörauf, drei bedeutende Persönlichkeiten aus der Umgebung über Raum und Zeit hinweg zusammenzuführen, um in fränkischer Mundart und mit vielen witzigen Bezugnahmen auf gängige Slogans Lösungen für die Gegenwartsprobleme von Hersbruck vorzuschlagen.
In dem Stück treffen Nikolaus Selnecker, Paul Pfinzing und Johannes Scharrer während einer Wanderung an einem Wegkreuz mit dem Schild „Zur Zukunft“ zufällig aufeinander: Nikolaus Selnecker, geboren 1530, evangelischer Theologe und Hofprediger aus Hersbruck, der ungefähr 120 Kirchenlieder verfasste, verkörpert von Hans Hörauf; ferner Paul Pfinzing, Jahrgang 1554, bedeutender Kartograf, der mit dem Pfinzingatlas die erste Darstellung des Nürnberger Territoriums schuf, gespielt von Konrad Binder; sowie Johannes Scharrer, geboren 1785, späterer Bürgermeister von Nürnberg, dem die Planung und Gestaltung der ersten Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth oblag, dargestellt von Günter Hubenzehnder.
Jung und Alt in einem
Außerdem gab es als Widerpart eine Doppelrolle für Gudrun Binder: Sie spielte sowohl „Smombie“, eine aufrührerische Rapperin, die sich um ihre Zukunft betrogen sieht, als auch eine kranke Alte, die sich in dieser neuen Welt nicht mehr verorten kann, weil sie ihr so viele ihrer altgewohnten Lebensmöglichkeiten genommen hat.
Musikalisch gestaltet wurde das Musical unter Einbeziehung einiger altbekannter, aber dem jeweiligen Geschehen angepasster Volkslieder und fränkischer Wirtshauslieder von Hans Hörauf auf Akkordeon und Harfe sowie von Gudrun Binder auf der Querflöte, Konrad Binder auf der Gitarre und Günter Hubenzehnder auf der Klarinette. Wenn die Diskussion zwischen den Rollen ausartete, rief dieser außerdem mit seiner Trillerpfeife die Diskutierenden immer wieder zur Ordnung. Zwischen den Szenen erfreuten die vier Musikanten der HEB-Musik mehrfach mit munteren Tänzen aus der Volksmusiksammlung „Fränkisch gspielt“ die Zuhörer.
Pfinzing, der sich als Großvater von Navi und Google-Earth empfindet, hat sich verirrt und findet, von Hohenstein kommend, den Weg nicht mehr nach Hersbruck, weil er sein altvertrautes Sittenbachtal nicht wiedererkennt. Auch sucht er verzweifelt das Krankenhaus, weil er da seine kranke Tante gerne besuchen möchte. Doch das – so erfährt er – ist wegrationalisiert worden.
Sterbend und lebenswert?
Gleich nachdem man das Krankenhaus hat sterben lassen, klärt der zufällig vorbeikommende Scharrer den Pfinzing auf, habe man eine Ausschreibung für Ideen gemacht, wie man die Stadt Hersbruck wiederbeleben könnte. Wie soll das gehen? Nicht lange vorher wurde Hersbruck zur ersten deutschen „lebenswerten Stadt“, so nennt man die Cittàslows auch, ausgerufen. Wer soll das noch verstehen?
Zum Glück kommt dann Selnecker zufällig vorbei. Von ihm erhoffen sich die beiden Ratlosen Vorschläge, wie es „mit Gottes Hilfe“ weitergehen könnte mit der schönen Heimatstadt. Selnecker ruft zur Besinnung auf und macht den Vorschlag, man müsse Hersbruck in „Herzbruck“ umbenennen, damit man gleich darauf hingewiesen werde, worauf es ankommt im Leben der Stadt.
Auch die ebenfalls des Weges kommende aufrührerische „Smombie“ mischt kräftig mit. Mit ihrem grandios getanzten Rappersong „App, App, App, mir braung a App. Wers net hot, der is a Depp“ setzt sie sich für eine totale Modernisierung ein, beklagt aber kurz darauf als alte „Heb-erin“ das ganze Fortschrittsgetue ironisch.
Paket für Söder
Und so schnüren sie am Ende ein Paket, das sie „dem Söder“ schicken wollen, mit vielen Ideen und Wünschen für eine lebenswerte Kleinstadt, in der sich sowohl die Jungen als auch die Alten wohlfühlen können. Sie weisen darauf hin, wie wichtig es sei, alle Entscheidungen mit Herzblut zu treffen und dass Gesundheit, Nachhaltigkeit, Klima und Konjunktur gleichermaßen zu fördern seien, so dass das Leben für den Einzelnen in Zukunft nicht ärmer, sondern reicher werde. Das Publikum war begeistert vom Elan und Engagement der Darsteller.
Wer das witzige, aber auch gehaltvolle Pocket-Musical versäumt hat, hat noch mal eine Chance: Es kommt am 10. September um 15 Uhr (Einlass 14 Uhr) im Innenhof des Sebastian Fackelmann Hauses zur Aufführung.
Gerda Münzenberg