ENGELTHAL – Eine Künstlerin stellt sich eine Ausstellung wohl anders vor: Vernissage, Finissage und viele Besucher. Doch Corona warf auch bei der Schau von Anita Magdalena Franz im Eingangsbereich der Frankenalb-Klinik in Engelthal vieles durcheinander.
Nur dem Klinikpersonal, den Patienten und deren Besucher, die nach wie vor nur in begrenzter Anzahl kommen können, ist es möglich, diese Werke bis 29. Oktober zu sehen. Die seit 20 Jahren in Egensbach wohnhafte Künstlerin und Psychotherapeutin ist indes keine Unbekannte. Zahlreiche Ausstellungen machten sie über die Region hinaus bekannt und am 9. Oktober wurde sie für den Kunstpreis der Stadt Weißenburg nominiert.
Sie selbst betrachtet ihre Werke als von Intuition und Inspiration gespeist. Schon beim Betreten des Foyers der Frankenalb-Klinik wird der Blick der Eintretenden von einem wahren Farbenrausch in Gelb-, Rot- und Brauntönen gefangen genommen. Es handelt sich dabei neben sieben Skulpturen um 50 Leinwandbilder verschiedener Größen, die mit Kupfer- und Eisenoxydfarbstoffen unter dem Einwirken von Essig überzogen werden. Manche sind dann noch mit Acrylfarben übermalt und mit Ton, einem der ältesten Gestaltungselemente der Menschheit, mit Holz oder zufällig gefundenen Materialien verschiedenster Art zu ganz eigenwilligen Kunstwerken gestaltet.
Blick ins Innere
Eine von Anita Magdalena Franz selbst erfundene Technik ermöglicht es, Tongebilde auf die Leinwand zu übertragen und dauerhaft zu befestigen. So entstehen im Spannungsfeld der verschiedenen Materialien einzigartige Farbkombinationen, die immer, wenn auch in abstrakter Form, ganz konkrete Themen des Menschseins ins Visuelle übertragen und den Betrachter in den Zauber berauschender Vergänglichkeit zu entführen vermögen. Ob es sich dabei um das Einfühlen in Flüchtlingsschicksale handelt, um zwischenmenschliche Vertrautheit oder das Verrinnen der Zeit, immer steht der innere Blick auf Erlebtes und Gefühltes im Mittelpunkt.
Jedes ihrer Werke beansprucht einen Arbeitsprozess von etwa eineinhalb Wochen. Wie Professor Dr. Thomas Kraus, Chefarzt der psychiatrischen Klinik, anmerkte, haben diese Bilder auch einen therapeutischen Effekt auf die Patienten, die täglich an ihnen vorbeigehen. Sie können Emotionen wecken, und zwar neben positiven durchaus auch negative, die durch das Bewusstwerden innerer Konflikte in der Lage sind, Heilungsprozesse zu fördern.
Weg des Ausdrucks
Kunsttherapeutin Kimberly Banschbach führt im Rahmen der Behandlungen regelmäßig Malkurse als Kunsttherapie mit den Patienten durch. Abwechselnd mit Ausstellungen von Künstlern werden in der Frankenalb-Klinik auch solche der Werke ehemaliger Patienten gezeigt, denn nicht wenige haben erst durch diese Therapien ihre wahre Berufung zum Künstler entdeckt und eine für sie adäquate Ausdrucksmöglichkeit gefunden. Bis ins Jahr 2026 sind die Ausstellungstermine bereits vergeben. Es spricht für sich, dass trotz der eingeschränkten Besucherzahl schon drei Skulpturen und sechs Bilder ihre neuen Besitzer gefunden haben.
GERDA MÜNZENBERG