HERSBRUCK – Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte lautete die Anklage gegen das Ehepaar Klein (alle Namen geändert) aus Schwarzenbruck. Äußern wollte sich das Paar dazu nicht. Nach zwei Besprechungen und drei Stunden Verhandlung fällte Richter Paul Vogt das Urteil.
Die Anklage: Ende August vergangenen Jahres wurden Feuerwehr und Polizei wegen eines Brandes und Ruhestörung nach Schwarzenbruck gerufen. Der Brand stellte sich als Lagerfeuer im Industriegebiet heraus, als Ursache der Ruhestörung machten die Beamten eine manuell betriebene Sirene aus, die immer wieder vom Nachbargrundstück erklang.
Die Beamten Benjamin Oliver und Otto Brunner klingelten dort, ein betrunkener Georg Klein öffnete die Tür. Auf Nachfrage der Beamten nannte er nur seinen Nachnamen und antwortete, er habe mit dem Geräusch nichts zu tun. Klein sperrte sich gegen die Polizisten, so dass Oliver ihn am Arm festhalten musste, um die Personalien aufzunehmen. Klein wurde immer aufbrausender, Oliver drückte ihn an die Hauswand. Da drehte Klein den Kopf und bespuckte ihn, so die Anklage.
Gefilmt oder nicht?
Währenddessen war auch Brigitte Klein hinzugekommen, schrie immer wieder, die Beamten sollten ihren Mann in Ruhe lassen, auch sie war stark alkoholisiert. Sie stemmte sich gegen Brunner, der sie mit dem Ellenbogen wegschob. Er sprach einen Platzverweis aus und die gebürtige Brasilianerin verschwand im Haus, kam dann aber mit einem Handy wieder, die Videofunktion geöffnet. Brunner wies sie an, das Handy wegzunehmen, was sie nicht tat. Daraufhin wollte er es sicherstellen, doch sie verweigerte dies, schubste ihn, bis beide zu Boden fielen. Brunner fixierte die Frau, nahm ihr das Handy ab und steckte es ein.
Der Kollege hatte den Ehemann inzwischen auf dem Boden fixiert, weil der immer wieder versuchte, sich aus dem Griff des Polizisten zu winden. Nun muss sich das Paar wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verantworten.
Im Vorfeld
Noch ehe die Verhandlung beginnt, besprechen sich Richter, Staatsanwalt und die Verteidiger. Ein Ergebnis gibt es vorerst nicht, Richter Vogt vernimmt die Polizisten Oliver und Brunner. Die schildern die Ereignisse an besagtem Sommerabend, hier und da hakt der Richter nach: War es wirklich ein Spucken? „Eher ein prusten oder ein feuchtes Ausatmen“, so Oliver. Zur Veranschaulichung stellt er die „Tat“ sogar nach.
Als Klein am Boden war, habe der schnell runtergefahren und die Situation habe sich beruhigt, so der Polizist. Er sei auf den Ehemann fokussiert gewesen und habe von der Szene nebenan nichts mitbekommen. Auch nicht, dass sein Kollege eine zweite Streife zur Verstärkung angefordert hatte. „Der Einsatz hätte nicht so enden müssen“, so Oliver.
Kein optimaler Einsatz
Sein Kollege gibt auf Nachfrage des Gerichts an, nicht genau gesehen zu haben, ob Brigitte Klein ein Video drehte, als sie mit dem Smartphone erneut aus dem Haus kam. Es stellte sich heraus, dass dem nicht so war. Das Grundstück durchsuchten die Beamten nach dieser Aktion nicht mehr, deshalb konnten sie auch nicht feststellen, ob die Ruhestörung tatsächlich von Familie Klein ausging. Auch Brunner gibt vor Gericht zu, dass der Einsatz „nicht optimal“ verlief.
Erneut beraten sich die Verteidiger, Richter Vogt und der Staatsanwalt. Richter Vogt verzichtet auf die Anhörung weiterer Zeugen und greift zum Bundeszentralregister und den Ergebnissen der Blutentnahme: Georg Klein hatte etwa eine Stunde nach dem Einsatz noch rund 1,87 Promille im Blut, seine Frau etwa 1,5. Sie ist nicht vorbestraft; er hatte einen Eintrag wegen Beleidigung, die Strafe hat er bereits verbüßt.
Von Beamten überrascht
Bei Georg Klein habe sich der Tatvorwurf nur teilweise bestätigt, er habe sich dem Polizisten gegenüber gesperrt, ihn aber nicht gezielt bespuckt, so der Staatsanwalt schließlich. Seine Frau habe geschubst, der Vorwurf des tätlichen Angriffs und Widerstands bestätige sich also. Allerdings waren beide stark alkoholisiert, hatten zu diesem Zeitpunkt keine Vorstrafen und sie habe selbst Verletzungen davongetragen.
Zu ihren Lasten sei anzuführen, dass sich beide vehement wehrten und Brigitte Klein mehrmals die Aufforderung, sich aus der Situation herauszuhalten, missachtete. Der Staatsanwalt fordert deshalb eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 55 Euro bei Georg Klein und 110 Tagessätze à 25 Euro bei seiner Frau.
Zwei Verurteilungen
Kleins Verteidiger fügt nicht viel hinzu: Sein Mandant habe die Tat eingeräumt und sei damals mit der Situation überfordert gewesen. Er plädiere für 80 Tagessätze à 55 Euro. Sein Kollege ergänzt, dass die Grenze zwischen Widerstand und tätlichem Angriff kaum zu fassen sei, was zugunsten seiner Angeklagten spreche. Brigitte Klein habe Mann und Kind schützen wollen und sich selbst dabei am Finger verletzt. Er fordert die mögliche Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen umzuwandeln.
Richter Vogt fällt das Urteil: Er spricht Georg Klein des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig; die Strafe: 90 Tagessätze zu 55 Euro. Seine Ehefrau wird wegen Widerstands und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu 90 Tagessätzen à 25 Euro verurteilt.