HERSBRUCK – Ausgerechnet dorthin, wo zehn deutsche Touristen bei einem Selbstmordattentat ums Leben kamen, organisiert der Deutsch-Türkische Elternverein auch in diesem Jahr eine Reise. Schon bald soll es – bereits zum vierten Mal – nach Istanbul, dem „Tor zum Orient“, gehen.
Seit drei Jahren finden die Reisen statt, die nächste ist für das Frühjahr geplant. „Es ist wirklich schlimm, was passiert ist“, sagt Huriye Cinel, Vorsitzende des Deutsch-Türkischen Elternvereins Hersbruck. Der Anschlag im Zentrum der türkischen Hauptstadt bewegt auch die Bürger im Hersbrucker Umland. Am Dienstag sprengte sich ein Selbstmordattentäter inmitten einer Urlaubergruppe am ägyptischen Basilisken zwischen Blauer Moschee und Hagia Sophia im Touristenviertel Sultanahmet in die Luft. Dabei starben zehn deutsche Touristen, mehrere wurden verletzt.
Huriye Cinel hat familiäre Bindungen in die Metropole: Ihre Schwiegereltern und ihre Cousins leben dort. Als sie von dem Attentat erfuhr, rief sie sofort an. „Natürlich macht man sich Sorgen und hat Angst, wenn man so etwas hört“, sagt sie beruhigt. „Aber es ist alles in Ordnung.“ Die meisten Einheimischen der 15-Millionen-Stadt (Stand 2014) leben ohnehin nicht in der Nähe der Touristenattraktionen im Stadtzentrum, sondern in den umliegenden Bezirken. „Viele arbeiten jedoch an diesen Plätzen“, so Cinel. „Auch diese Menschen sind davon betroffen.“
Istanbul ist für Cinel ein besonderes Reiseziel. Die Metropole am Bosporus ist nicht nur die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten – Europa und Asien – liegt. Ihre römische, byzantinisch-griechische und osmanische Vergangenheit macht das als Konstantinopel gegründete Istanbul zudem reich an Geschichte, Kunst und Kultur. Auch heute spielt es als Tor zwischen Orient und Okzident eine zentrale Rolle in der modernen Türkei: Aufgrund der Lage am Bosporus ist Istanbul nicht nur ein wichtiger Handelspunkt zwischen dem Schwarzen und dem Mittelmeer, sondern unter anderem auch Finanz- und Medienzentrum. Jährlich besuchen etwa elf Millionen Touristen die Metropole – dadurch zählt es zu den zehn meistbesuchten Städten der Welt. Auch in der aktuellen Flüchtlingskrise steht die Türkei – und somit auch Istanbul als deren größte Stadt – als Grenzland zu Syrien im Blickpunkt Europas.
„Die Angst ist da, aber wenn es danach geht, dürfte man nirgendwo mehr hinfahren“, sagt Huriye Cinel. Trotz des Anschlags will sie die geplante Reise nicht absagen. Passieren kann immer und überall etwas, eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht. „Es wird sein wie in Ankara“, sagt sie voraus. „Nach einer gewissen Zeit kehrt wieder Ruhe ein. Das Leben muss ja auch weitergehen.“ Im Oktober vergangenen Jahres explodierten während einer Demonstration in der türkischen Hauptstadt zwei Sprengsätze. 102 Menschen starben, über 500 wurden verletzt. Der Anschlag wird dem sogenannten Islamischen Staat zugerechnet.
Huriye Cinel fühlt auch mit den Familien der Opfer von Istanbul mit: „Die Nationalität spielt keine Rolle, es sind Menschen gestorben.“ Egal ob Türken oder Deutsche, man müsse Mitgefühl für alle zeigen.