Amtsgericht

Prozess wegen sexueller Belästigung in Hersbruck

HERSBRUCK – Wegen sexueller Belästigung in mehreren Fällen muss sich ein 22-Jähriger vor dem Hersbrucker Amtsgericht verantworten. Er soll regelmäßig junge Frauen im Stadtgebiet begrapscht haben, streitet jedoch alles ab.

Ein gewisses Schema ist in allen Fällen nicht zu leugnen. Laut Anklageschrift soll der junge Hersbrucker im vergangenen Jahr regelmäßig Frauen aufgelauert und sie verfolgt haben, mal zu Fuß, mal auf dem Fahrrad. Sobald er sie eingeholt hatte, griff er ihnen ans Gesäß. Er selbst empfindet die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft als „Beleidigung“. Die Vorwürfe stimmten allesamt nicht, er kenne ja die Frauen nicht einmal, lediglich eine von ihnen habe er schon einmal in der Kirche gesehen.

Verschiedene Reaktionen

Richter Waldemar Müller hat die fünf betroffenen Frauen geladen, von denen vier erscheinen. Sie alle reagieren unterschiedlich auf das, was ihnen widerfahren ist: Die erste, eine 18-Jährige Schülerin, habe die Vorkommnisse vom April vergangenen Jahres verdrängt, sagt sie. Als sie mit dem Fahrrad vom linken Bahnhof nach Hause fahren wollte, habe sie der Angeklagte ebenfalls auf einem Fahrrad verfolgt, ehe er ihr während der Fahrt ans Gesäß griff. Dabei verhakten sich die Fahrradlenker, so dass beide vom Fahrrad stürzten und die Geschädigte sich den Kopf auf dem Boden blutig schlug.

Als sie sich aufgerappelt hatte, habe er wieder versucht, sie zu begrapschen, woraufhin sie weggerannt sei. Wegen der Platzwunde musste sie sogar ins Krankenhaus, in der ersten Zeit nach dem Vorfall habe sie sich nur schwer aus dem Haus getraut. Auf Nachfrage des Staatsanwalts kann sie den Angeklagten jedoch nicht zweifelsfrei als Täter identifizieren, als dieser kurz seine Maske abnimmt, die alle Gerichtsbesucher wegen der Corona-Pandemie tragen müssen. „Eine gewisse Ähnlichkeit“ sei da, der Vorfall sei allerdings schon sehr lange her.

Doppelte Belästigung

Wesentlich sicherer ist sich die zweite Geschädigte, die Richter Müller in den Zeugenstand ruft: „Diese Augen werde ich niemals vergessen“, sagt sie, nachdem der Angeklagte seine Maske heruntergezogen hat. Zweimal habe er sie berührt, einmal im vergangenen Jahr, als sie gerade mit dem Zug von Sulzbach nach Hause gefahren sei. Schon vom Abfahrtsort an habe er sie regelrecht angestarrt und sei ihr noch gefolgt, als sie in Hartmannshof ausgestiegen ist. Dort habe er sie bis vor die Haustür ihres Freundes, zu dem die junge Frau unterwegs war, verfolgt, ihr kraftvoll ans Gesäß gegriffen und sogar leicht ihren Intimbereich berührt, berichtet sie.

Bei einem anderen Zusammentreffen in Hersbruck sei er mit dem Fahrrad an ihr vorbeigefahren und habe ihr vom Drahtesel aus auf den Steiß geschlagen. „Er hat meine Würde verletzt“, konstatiert die junge Frau, die vor Gericht in Tränen ausbricht. Ihr gehe es nicht gut mit den Vorkommnissen, zumal sie dem Angeklagten auch hinterher noch öfter über den Weg gelaufen sei: „Ich habe Angst, alleine rauszugehen.“

Gefasster wirkt die 20-Jährige, die als Nächste aussagt. Sie sei Mitte September vergangenen Jahres in der Stadt unterwegs gewesen, als ihr der Angeklagte gefolgt sein soll und ebenfalls ihr Gesäß berührt habe. Sie habe damals jedoch auf Konfrontation gesetzt, sich umgedreht und ihn gefragt, was das soll. Er habe lediglich „Bist du blöd?“ zurückgeblafft. Sie sei anschließend kurz unter Schock gestanden, geflüchtet und habe ihrer Familie davon erzählt. Mittlerweile gehe sie wieder „normal raus“, habe sich aber kurz nach dem Vorfall öfters umgedreht, wenn sie unterwegs war, zumal da ihr der Angeklagte, den sie zweifelsfrei identifizieren kann, im Nachgang noch öfter gefolgt sei.


Gefahr auf dem Rad

Das kann auch die 17-Jährige bestätigen, die im September 2019 zweimal von ihm begrapscht worden sein soll. Auch ihr habe er einmal vom Fahrrad aus und einmal, als er zu Fuß unterwegs war, ans Gesäß gegriffen. Sie will das Geschehen auf Nachfragen von Staatsanwalt und Verteidigerin einfach nur vergessen, bringt es nur schwer fertig, ihn zur Identifizierung in Augenschein zu nehmen: „Ich will den nicht anschauen“, sagt sie, bestätigt nach einem kurzen Blick dann doch, dass er der Täter sei. Seit den Vorfällen traue sie sich nicht mehr alleine nach draußen und habe besonders im ersten halben Jahr Angst vor Radfahrern gehabt.

Während die Verteidigerin darauf verweist, dass es bei keinem der Vorfälle Zeugen gegeben habe, hält der Staatsanwalt die Frauen für glaubwürdig. Richter Waldemar Müller hält es für unabdingbar, dass auch die fünfte Geschädigte, die zum Termin nicht erschienen war, noch aussagt. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.

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