Nürnberger Arzt verschrieb Testosteron

Geldstrafe für Laufer, weil er sich Anabolika spritzte

„Nach einigen Jahren stagniert man“, so der Angeklagte vor dem Richter. Und als Training und Eiweißshakes alleine nicht mehr reichten, griff er zu Anabolika (Symbolfoto). | Foto: Foto: Getty Images/iStockphoto2021/09/kraftsportler-symbolfoto-getty.jpg

Hersbruck – Weil er über Jahre hinweg verbotene Mengen an Testosteron eingenommen hat, ist ein Laufer vor dem Hersbrucker Amtsgericht zu 3000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der junge Mann sagte umfassend gegen den Arzt aus, der ihm das Mittel per Privatrezept verschrieben hatte.


Dass Kai Götz (Name geändert) viel Kraftsport betreibt, sieht man ihm an. Das schwarze Hemd spannt an den Oberarmen, er könnte auch als Türsteher Arbeit finden. 19 Mal soll er laut Anklage zwischen Anfang 2016 und April 2019 Anabolika genommen haben. Nach kurzem Austausch mit seinem Anwalt Sebastian Wagner entscheidet sich der Laufer, auszupacken.


Er will mehr Muskeln


Ins Fitnessstudio geht Götz seit 2010. Er nimmt Nahrungsergänzungsmittel, um das Muskelwachstum zu unterstützen. Aber „nach einigen Jahren stagniert man ja“, sagt Götz. Er will mehr – und informiert sich, was noch mehr bringt als Eiweißshakes und Kreatin.


Ein Test zeigt, dass sein Testosteronspiegel recht niedrig ist, aber noch zu hoch, um auf legalem Weg mehr von dem Sexualhormon zu erhalten. Seine Hausärztin kann und will ihm nichts verschreiben. Was dann? „Einfach einen Dealer fragen kam für mich nicht infrage“, auch das Darknet schließt Götz aus. Wer weiß schon, was die Substanzen, die man sich selbst spritzen muss, enthalten?


Er erfährt, dass ein Nürnberger Arzt seinen Patienten Testosteron verschreibt – auf Privatrezept, also auf deren Kosten. Dort ist er nach eigenen Angaben nur einer von vielen Kraftsportlern. „Im Wartezimmer saßen fünf, sechs Leute, die erheblich breiter waren als ich.“ Die Männer kennt Götz aus seinem Nürnberger Fitnessstudio.


Dem Arzt erzählt er, dass er sich besser definierte Muskeln wünscht. Dieser bietet an, die Anabolika zu verschreiben – allerdings muss Götz vorher nachweisen, dass er kerngesund und fit ist.

EKG und Bluttests


Es folgen ein EKG und etliche Bluttests, die der junge Mann auch über die nächsten Jahre regelmäßig machen lässt. Bezahlen muss er den Arzt für das Testosteron nicht, nur für die Untersuchungen.


Die Privatrezepte, die er alle paar Monate erhält, löst er in der Apotheke ein, er bezahlt in bar. Zwischenzeitlich wird der Nürnberger Mediziner auch Götz‘ Hausarzt. In einer Whatsapp-Gruppe mit anderen Kraftsportlern empfiehlt er den Arzt auch anderen.


Die Menge an Testosteron, die er sich gespritzt hat, spielt der Angeklagte herunter. Das sei vergleichsweise wenig gewesen. In Ländern wie den USA sei die doppelte Dosis dessen, was er erhielt, legal.


Viele helfen nach


In der Szene sei es gang und gäbe, dass nachgeholfen wird – Bodybuilder nähmen „eine ganze Palette“, auch um die Nebenwirkungen anderer Mittel auszugleichen. „Das hört sich nicht gesund an“, wirft Richter André Gläßl ein. „Ist es auch nicht“, sagt Götz.


Ob das Doping denn etwas gebracht hat, will Gläßl vom Angeklagten wissen. Sein Testosteronwert sei zwar gestiegen, aber „so wirklich gelohnt hat es sich definitiv nicht“, resümiert Götz. Seit zwei Jahren trainiere er wieder ohne verbotene Hilfsmittel, mittlerweile in einem Fitnessstudio im Landkreis.


Staatsanwältin Ulrike Hahn hält Götz zugute, dass er ausgepackt hat. In diesen Kreisen solle jeder „das Maul halten“, wie Hahn es ausdrückt – darüber habe sich Götz hinweggesetzt. Richter Gläßl folgt Hahns Forderung und verurteilt den Laufer zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 60 Euro.


Gegen den Nürnberger Arzt ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft München I, wie eine Pressesprecherin mitteilt. Das Verfahren soll demnächst abgeschlossen werden.

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