Im Interview: Bergfotograf Heinz Zak

„Ich will keinen Zirkus, ich will Dokumente schaffen“

Wegen eines Fotos dieses Felsdachs reist Heinz Zak erstmals ins Yosemite. Später lichtet er Wolfgang Güllich ab, als er die Route Free Solo klettert. Und wiederholt sie 19 Jahre später sogar selbst. | Foto: Angelika Zak2021/10/Feucht-DAV-Heinz-Zak-Seperate-Reality-scaled.jpg

Feucht – Heinz Zak ist einer der gefragtesten Bergfotografen unserer Zeit. Seine Protagonisten möchte er immer genau so abbilden, wie sie sind, nicht gestellt und ohne Filter. Das gilt für die weltbesten Kletterer wie für sein geliebtes Karwendel. Nächste Woche kommt der 63-jährige Tiroler für einen Vortrag nach Feucht.

In der Ankündigung Ihres Vortrags ist das Karwendel als „Paradies vor der Haustür“ beschrieben. Anders als Adam und Eva seinerzeit ist man im Karwendel aber nie wirklich alleine, oder?
Das kommt ganz drauf an, wo man unterwegs ist. Bei uns scheint alles sehr kanalisiert. Es gibt Ecken wie den Ahornboden oder den Isarursprung, die relativ stark besucht sind. Aber ein paar Meter abseits davon ist nichts mehr los. Mich persönlich stört es ohnehin nicht, wenn andere Leute auf dem gleichen Weg unterwegs sind. Ich kann mir ja aussuchen, wann ich wohin gehe. Wenn ich am Mittenwalder Höhenweg alleine sein will, dann gehe ich ihn eben am Abend, genieße den Sonnenuntergang und steige im Dunkeln ab.

„So viel Natur wie in Tirol habe ich nirgends gefunden“

Wenn es nicht die Abgeschiedenheit ist, was macht für Sie dann ein Paradies aus?
Allein die Freiheit, mich in so einer Landschaft bewegen zu dürfen. Ich war nun wirklich viel in der Welt unterwegs, aber so viel Natur und so viel Wasser wie bei uns in Tirol habe ich nirgends gefunden.

Nicht mal im Yosemite Nationalpark?
Dort ist es ja so: Zum einen fahren dort jährlich Millionen von Autos durch, zum anderen ist sehr stark reguliert, wo man sich überhaupt bewegen darf. So eine Freiheit wie bei uns hat man im Yosemite nicht.

Aber man merkt auch im Karwendel, dass München und Innsbruck nicht weit sind …
Ja, aber es beschränkt sich wirklich auf ganz wenige Hotspots. Ich lebe jetzt seit 40 Jahren hier und ja, früher war an den Hauptadern weniger los. Da kannte niemand den Isarursprung. Der war freilich schon immer da, aber man hatte ihm noch keinen Namen gegeben. Dass heute mehr los ist, liegt einfach daran, dass mehr Menschen raus in die Natur gehen. Gerade in der Pandemie haben viele gelernt, dass sie nicht um die halbe Welt fliegen müssen, um sich zu erholen.

Es gibt kaum eine Person, die so mit dem Karwendel verbunden wird wie Heinz Zak. Im Vortrag in Feucht präsentiert der Kletterer und Fotograf seine Hausberge. Foto: Heinz Zak2021/10/Feucht-DAV-Heinz-Zak-Karwendel-scaled.jpg

Haben Sie einen Gipfel im Karwendel, der Ihnen besonders viel bedeutet?
Für mich ist das die Birgkarspitze. Sie steht ziemlich zentral, bietet eine super Rundumsicht und ist über das Karwendelhaus relativ gut zu erreichen. Auf dem Gipfel habe ich schon oft übernachtet, im Sommer wie im Winter.

Sie haben weltbekannte Kletterer wie Wolfgang Güllich, Alexander Huber oder Adam Ondra in ihren schwierigsten Routen abgelichtet. Wie ist Ihr Verhältnis? Sie treffen sich ja nicht kurz zu einem Fototermin, sondern sind mitunter über Wochen gemeinsam unterwegs.
Ganz ehrlich, auf rein professioneller Basis zusammenzuarbeiten, darauf hätte ich gar keine Lust. Bei Alex war es so, dass er 1992 auf mich zugekommen ist und gefragt hat, ob wir nicht was zusammen machen wollen. Inzwischen arbeiten wir fast 30 Jahre zusammen und er ist zu einem wirklich guten Freund geworden.

Heinz Zak teilt sich mit den Weltstars des Klettersports das Zelt, hier mit dem Tschechen Adam Ondra. Foto: Heinz Zak2021/10/Feucht-DAV-Heinz-Zak-Ondra-scaled.jpg

Es ist also tatsächlich so, dass die Größen der Szene auf Sie zukommen?
Adam Ondra zum Beispiel habe ich bei einem Festival in Prag kennengelernt. Er hat mir damals erzählt, dass er als Siebenjähriger in meinem Buch Rock Stars gelesen hat. Und bei einem Bild von Wolfgang Güllich habe er gedacht, der sieht so glücklich aus, da hat er den Wunsch gefasst, später selbst ein Kletterstar zu werden. Für mich ist das eine der schönsten Belohnungen: Dass Menschen durch meine Bilder ihren Traum leben.

Wenn Sie mit Profi-Kletterern arbeiten, sind Sie dann ausschließlich Fotograf oder auch Seilpartner?
Ich bin beides. Alexander Huber habe ich ’95 am El Capitan zum Beispiel gesichert und ich habe Material hinter ihm hochgeschafft. Es ist jetzt nicht so, dass ich heute mit den weltbesten Kletterern mithalten könnte. Aber auch ein Fixseil muss mitunter hart erarbeitet werden. Zum Beispiel, wenn die Route durch die steinschlaggefährdete Eiger-Nordwand führt. Und wenn Adam Ondra an der Dawn Wall in der 14. oder 15. Seillänge etwas ausprobieren möchte, dann muss ich erstmal 500 Höhenmeter durch senkrechtes und überhängendes Gelände steigen, um überhaupt zu meinem Arbeitsplatz zu kommen.

Was ist neben Fixseilen Ihr wichtigstes Hilfsmittel beim Fotografieren?
Ich habe mir schon Anfang der 90er Jahre Stelzen bauen lassen, mit denen ich bis zu drei Meter Abstand vom Fels gewinne. So kann ich die Vogelperspektive einnehmen und kann mich immer noch an der Wand entlang bewegen.

„Ich will die besten Kletterer in den schwierigsten Routen“

Hand aufs Herz: Wie echt sind denn die Aufnahmen von Profi-Kletterern? Wird da auch was gestellt?
Ich bin ein authentischer Typ. Was ich Leuten erzähle, das glauben sie mir in der Regel auch. Und das gleiche gilt für meine Bilder. Ich will keinen Zirkus, ich will Dokumente schaffen. Ich will die besten Kletterer in den schwierigsten Routen der Welt fotografieren. Nicht mehr und nicht weniger.

Ende der 70er Jahre haben Sie das Freiklettern aus dem Yosemite mit nach Österreich gebracht. Wie ist man zu der Zeit in Ihrer Heimat geklettert und wie kam das Freiklettern dort an?
Die Generation von Kletterern damals hat sich noch an Haken hochgezogen, um voranzukommen. Uns ist dann klar geworden, dass die einzige Weiterentwicklung des Kletterns im Freiklettern liegt. Das wollte man zunächst nicht hören, weil die bisherigen Leistungen plötzlich an Wert verloren haben. Aber das hat sich schnell geändert.

Beim Freiklettern ist es nicht geblieben. Sie sind zuweilen auch Free Solo, also ganz ohne Seil und Sicherung unterwegs. Ist das der nächste Schritt?
Nein, sicher nicht. Das muss man deutlich voneinander trennen. Free Solo ist eine ganz persönliche Geschichte und bleibt auf ganz wenige Ziele beschränkt. Es geht beim Free Solo nicht darum, einen 5er oder 6er ohne Seil zu klettern, denn das kann ich im Schlaf. Es geht um Routen im Grenzbereich, um Routen, die mir viel bedeuten.

Heinz Zak fotografiert die weltbesten Kletterer in ihren schwersten Routen. Foto: Mariya Nesterovska2021/10/Feucht-DAV-Heinz-Zak-Foto-Mariya-Nesterovska-scaled.jpg

Zum Beispiel?
Für mich war es ein lang gehegter Traum, im Yosemite die „Separate Reality“ Free Solo zu klettern. Als erster hat das Wolfgang Güllich 1986 geschafft. Damals habe ich ihn fotografiert und 19 Jahre später war ich der zweite, dem das gelungen ist.

Beim Free Solo kann jeder Fehler tödlich sein. Ist das nicht verantwortungslos – gerade, wenn man Familie hat?
Ich habe natürlich meine Frau gefragt, ob das für sie in Ordnung ist. Und sie hat zugestimmt, weil sie weiß, dass ich nur das mache, wovon ich weiß, dass ich es kann. Außerdem passieren in den Bergen weit weniger Unfälle durch Free Solo als durch Menschen, die sich maßlos überschätzen und teilweise plan- und hilflos bei schlechtem Wetter aufbrechen. Aber einen Tourist, der in Flipflops von der Bergbahn zur Karwendelspitze will, den fragt niemand, ob er sich da gerade nicht verantwortungslos gegenüber seiner Familie verhält.


Info: Heinz Zak kommt am Montag, 25. Oktober, ab 20 Uhr auf Einladung der DAV-Sektion Feucht und des Kulturkreises in die Reichswaldhalle. Es gilt die 3G-Regel, aber keine Maskenpflicht am Platz. Vorverkauf: Heine am Markt, Buchhandlung Kuhn, Kletterhalle.

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