LAUF — Ist Rache mit Geld bezahlbar und wenn ja, nennt sich das Gerechtigkeit? Diese Frage behandelte das Musical „The Visit“, das am Samstag in der ausverkauften Aula der Laufer Bertleinschule aufgeführt wurde. Die jugendlichen Darsteller spielten ein Stück über Macht, Geld und Moral, das gleichzeitig zum Lachen und Nachdenken anregte und ernteten großen Applaus für ihr Werk.
Claire Zachanassian stammt aus Lauf und träumt mit 17 Jahren von einer Zukunft mit der Liebe ihres Lebens Alfred Ill, von dem sie ein Kind erwartet. Doch Alfred hat andere Pläne. Er leugnet die Vaterschaft, gewinnt den Prozess mithilfe bestochener Zeugen und überlässt die verarmte, entehrte Claire ihrem Schicksal. Diese flieht aus Lauf, verliert ihr Kind und muss sich als Prostituierte über Wasser halten. Doch 25 Jahre und eine gewinnbringende Hochzeit später hat sich das Schicksal gewendet…
Die tiefgreifende Handlung von „The Visit“, die sich mit der Relevanz von Geld, dem Mobbing und der Selbstjustiz auseinandersetzt, ist eine moderne Interpretation von Friedrich Dürrenmatts berühmter Tragikomödie „Der Besuch der alten Dame“. Die im ersten Moment absurd anmutende These, dass sich Menschen für Geld zum Mord an einem langjährigen Vertrauten entschließen, stellt dem Zuschauer die Frage, wie weit er für eine Milliarde Euro gehen würde.
Das Stück Dürrenmatts wurde von Regisseur Matthias Rapp als Musical-Vorlage für die diesjährige Aufführung in der Bertleinschule gewählt. Zum fünften Mal in Folge fand die Kooperation von CVJM und Bertleinschule unter Rapp statt, die 2013 mit „Romeo und Julia“ begonnen hatte. Zusammen mit Kim Callian und Julian Geiger lud er interessierte Schüler der Bertlein-Mittelschule im Oktober zur Teilnahme ein. Ein halbes Jahr wurde zusammen geprobt, die Darstellung gestaltet und Lieder gewählt. Die 27 Darsteller übten nicht nur Texte, sondern befassten sich mit dem Thema des Musicals und brachten ihre eigenen Ideen ein.

Das ist dem Laufer Projektleiter Rapp sehr wichtig: „Wir wählen Stücke aus, die Gehalt haben und aus deren Inhalt die Schüler etwas mitnehmen können. Am wichtigsten bei diesem Musical-Projekt war von Anfang an, den Schülern der Mittelschule eine Bühne zu bieten. Die Jugendlichen sind hier die Stars und es ist toll zu sehen, was in ihnen steckt.“
Was in ihnen steckt, zeigten die Darsteller in verschiedensten Szenen. Zum Handlungsort wurde Lauf als verarmte Kleinstadt, in der die Häuserfassaden bröckeln und das Angebot für Claire für neue Hoffnung sorgt. Durch schlichte, kreative Bühnenbilder fand sich das Publikum am Bahnhof, am Marktplatz oder im Barthpark wieder.
Während Momente, wie die geplante Flucht von Alfred, für die Dramatik sorgten, lockerten eine Talkshow mit Reporterin Inge Info sowie eine Party der Laufer Jugend das Stück auf. Die verschiedenen Charaktere stellten die gespaltene Meinung der Laufer über den Auftragsmord dar.
So forderte die Bürgermeisterin von Lauf begeistert zur Nutzung von einer Milliarde Euro auf. Die Pfarrerin dagegen appellierte an die Werte der Bürger und predigte, dass Gottes Gerechtigkeit für alle gelte. Charaktere wie Karl Lagerfeld, der als persönlicher Designer von Claire große Reden schwang und zu jedem Satz seinen Fächer auspackte, sorgten für Lacher.
Tolle Darsteller
Die beiden Hauptdarsteller stachen besonders hervor. Danyal Alhadaidari überzeugte als Alfred, der in zunehmender Todesangst an der Isolation verzweifelt. Irini Kofina als Claire stellte die arrogante Gelassenheit einer Milliardärin, die von ihren Dienern stets auf einer Sänfte getragen wird, Befehle erteilt und sich für Geld alles kaufen kann, ausgezeichnet dar.
Die 18-jährige Kofina war bereits 2016 Schauspielerin in einem der Musicals und genoss auch dieses Jahr das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe und die Möglichkeit einmal andere Facetten von sich zu präsentieren. „Am liebsten würde ich das Stück mehrmals an verschiedenen Schule aufführen“, so Kofina.
Der Rektor der Bertlein-Mittelschule Rüdiger Brix, sieht im gemeinsamen Proben bereits einen großen Nutzen für die Schüler. Die Beschäftigung mit solch inhaltlich tiefgehenden Stücken sei eine wichtige Zusatzbeschäftigung, die den Jugendlichen neue Horizonte öffne. „Ich bin sehr stolz, meine Schüler dort auf der Bühne zu sehen.“
Natürlich spielte in „The Visit“ auch die Musik eine große Rolle. Statt als Teil der Dialoge wurden die Lieder zwischen den Szenen gesungen und waren inhaltlich an die jeweilige Thematik angepasst. Fast alle Darsteller konnten sich in einem Solo präsentieren, wobei die Laufer Lehrerin, gespielt von Sanije Misini, mit ihrer Darbietung von Adèles „When we were young“ besonders hervorstach. Die anspruchsvolle Ballade meistere Misini gefühlvoll mit fester Stimme und rührte so manchen Zuschauer zu Tränen. Im Hintergrund der Soli sangen die anderen Darsteller im Chor und eine Live-Band des CVJM sorgte für die musikalische Begleitung.
Dank von allen Projektbeteiligten gab es am Ende für Matthias Rapp, für den die fünfjährige Phase des Bertlein-Musicals zu Ende geht und der Lauf in Richtung Dekanat Hersbruck verlässt. Mit „The Visit“ ist ihm ein erfolgreicher Abschied gelungen. Team und Darsteller ernteten für ihr Stück tosenden Applaus und Standing Ovations. Vor allem den Eltern der jungen Schauspieler standen vor Stolz die Tränen in den Augen.